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Dr. Daniel Tietjen

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13. Dezember 2022

EuGH: Anforderungen an die Voraussetzungen für das Umpacken von Arzneimitteln mit Blick auf die neuen Fälschungsschutzvorschriften

  • Briefing

Co-Autorin Cao, My Anh

Das Urteil des EuGH vom 17. November 2022 (Rs. C-204/20; in zwei Parallelverfahren vom selben Tag wurde vergleichbar entschieden: Rs. C-147/20 u. C‑224/20) betrifft das Umpacken von parallelimportierten Arzneimitteln. Die Klägerin ist ein pharmazeutisches Unternehmen und Inhaberin einer deutschen Arzneimittelmarke. Die Beklagte ist ein Parallelimporteur von Arzneimitteln und vertrieb ein Arzneimittel der Klägerin aus den Niederlanden in Deutschland. In der Rechtssache streiten sich die Parteien um das Umpacken von Arzneimitteln in neue Faltschachteln. Die Beklagte sieht sich aufgrund der Vorgaben der Richtlinie 2011/62/EU (Fälschungsschutzrichtlinie) mit dem Problem konfrontiert, dass mit Vorrichtungen gegen Manipulation versehene Arzneimittelpackungen zum Zwecke des Austauschs der Packungsbeilage geöffnet und mit neuen Vorrichtungen gegen Manipulation versehen werden müssen, was in der Regel nicht spurlos möglich ist. Daher sieht sie sich gezwungen, die parallelimportierte Ware in neue, unversehrte Faltschachteln umzupacken. Die Klägerin geht demgegenüber von einer Markenverletzung aus und argumentiert, dass eine neue Umhüllung über das hinausgehe, was für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln in Deutschland erforderlich sei und die Neuetikettierung eine gleichwertige sicherheitstechnische Garantie darstelle.

Der EuGH hat in seiner Entscheidung klargestellt, dass das Verwenden neuer Umhüllungen sowie die Neuetikettierung für das Umpacken von parallelimportierten Arzneimitteln grundsätzlich gleichgeeignete Maßnahmen zur Erfüllung der Sicherheitsmerkmale gem. Art 47a der Richtlinie 2001/83 darstellen. Unter bestimmten Voraussetzungen dürfe der Parallelimporteur aber neue Faltschachteln für den Vertrieb seiner Arzneimittel verwenden. Zum einen sei dies der Fall, wenn die Vorrichtung gegen Manipulation, mit dem die äußere Umhüllung dieses Arzneimittels versehen ist, objektiv nicht durch eine gleichwertige Vorrichtung im Sinne von Art. 47a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2001/83 ersetzt werden könnte und dadurch der Vertrieb dieses Arzneimittels in seiner neuetikettierten Originalverpackung im Einfuhrmitgliedstaat verhindert werden würde. Zum anderen dürfe eine neue Faltschachtel verwendet werden, wenn ein Hindernis für den tatsächlichen Zugang zum Markt eines Mitgliedstaats vorliegt, das ein Umpacken durch Ersetzung der Umhüllung erforderlich machen könnte, wenn auf diesem Markt oder einem beträchtlichen Teil dieses Marktes ein derart starker Widerstand eines nicht unerheblichen Teils der Verbraucher gegen neu etikettierte Arzneimittel besteht, dass von einem Hindernis für den tatsächlichen Zugang zum Markt auszugehen ist. Ebenso sei, wenn ein erheblicher Teil der Verbraucher des Einfuhrmitgliedstaats es ablehnt, ein Arzneimittel zu erwerben, dessen äußere Umhüllung sichtbare Öffnungsspuren aufweist, die durch die im Einklang mit Art. 47a Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 vorgenommene Ersetzung der vorhandenen Vorrichtung gegen Manipulation durch eine gleichwertige Vorrichtung verursacht worden sind, von einem Hindernis für den tatsächlichen Zugang dieses Arzneimittels zum Markt dieses Mitgliedstaats auszugehen, so dass das Umpacken des Arzneimittels in eine neue äußere Umhüllung als für seinen Vertrieb in diesem Mitgliedstaat erforderlich anzusehen ist.

In diesen Fall sei der Parallelimporteur dazu berechtigt, eine neue Umhüllung zu verwenden, die nicht Blick auf die betroffene Marke schadhaft oder von schlechter Qualität sein darf. Es hängt also weiterhin von der objektiven Erforderlichkeit einer neuen Faltschachtel für den Vertrieb in Deutschland ab. Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechungslinie des EuGH. Insoweit müssen sich weder die Original-Arzneimittelhersteller noch die Parallelimporteure umstellen. Die Entscheidung hat dadurch zur Rechtssicherheit beigetragen. Insbesondere steht auch fest, dass im Fall einer neugekennzeichneten Faltschachtel grundsätzlich kein Verstoß gegen die neuen Fälschungsschutzvorschriften anzunehmen ist.

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