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Dr. Niclas von Woedtke, MBA (Kellogg/ WHU)

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19. Juli 2022

Fremd- statt Eigenkapital? Schwieriges Finanzierungsumfeld führt Start-ups zu alternativen Finanzierungsmodellen

  • Briefing

Rezessionsängste, getrieben durch die Energiekrise, haben die Stimmung an den Finanzmärkten deutlich eingetrübt. Insbesondere Start-ups, die in den vergangenen Jahren problemlos erfolgreiche Eigenkapitalfinanzierungen durchführen konnten, stehen nunmehr vor der Herausforderung, Flat oder Down Rounds zu vermeiden. Die äußerst volatilen Börsen verwehren derzeit zudem vielen jungen Unternehmen die Möglichkeit, auf absehbare Zeit einen Börsengang durchzuführen. Diese Rahmenbedingungen erhöhen den Druck, kurzfristig alternative Finanzierungsquellen zu erschließen. Gerade etabliertere Start-ups mit einem erprobten Geschäftsmodell und dynamischem Wachstum, können hierbei auf einen gut gefüllten Instrumentenkasten aus Mezzanine- und Fremdkapitalfinanzierungen zurückgreifen. Fremdfinanzierungsangebote – und speziell Venture Debt-Produkte – sind zwar bisher im deutschen Markt im Vergleich zu den USA oder etwa dem Vereinigten Königreich noch deutlich unterentwickelt. Sie weisen aber zuletzt eine steigende Tendenz auf. Ein Trend, der sich angesichts des aktuellen wirtschaftlichen Umfelds noch deutlich verstärken dürfte.

Profiteure hiervon sind in besonderer Weise die auf die Fremdfinanzierung von Start-ups spezialisierten Akteure, wie etwa die mittlerweile in Deutschland angekommene Silicon Valley Bank. Weitere bedeutende Anbieter sind Davidson Capital, Kreos Capital oder auch TriplePoint Capital, die sich auf Venture Debt-Finanzierungen spezialisiert haben. Auch institutionelle Marktteilnehmer, wie die Europäische Investitionsbank oder die KfW, nehmen mit entsprechenden Venture Debt-Programmen eine relevante Stellung im Markt ein.

Fremdfinanzierungswerkzeuge und Spezialkredite

Als gängige Fremdfinanzierungswerkzeuge, derer sich Start-ups bedienen können, kommen vor allem in Betracht: Partiarische Darlehen, Wandeldarlehen sowie klassische monatlich annuitätische oder endfällige Darlehen. Mit den bereits genannten Venture Debt-Produkten existieren zudem gerade für schnell wachsende Start-ups Spezialkredite. Die jeweiligen Konditionen variieren im Einzelfall naturgemäß und sind von einer Vielzahl von Faktoren abhängig. Das gewählte Finanzierungsmodell und die Struktur des Unternehmens haben dabei individuell erheblichen Einfluss. Bei Venture Debt-Verträgen sind beispielsweise Zinssätze bis zu 15% p.a. üblich.

Vor- und Nachteile der Fremdfinanzierung

Die Vorzüge einer Fremdfinanzierung gegenüber der Aufnahme von Eigenkapital liegen neben der bereits genannten Vermeidung von ungünstigen Eigenkapitalfinanzierungsrunden mit stagnierender oder gar sinkender Unternehmensbewertung darin, dass es regelmäßig zu keiner Erweiterung des Gesellschafterkreises kommt. Aus der Perspektive der Alt-Gesellschafter können so die Partizipation weiterer Personen ausgeschlossen, eine Verwässerung der eigenen Anteile vermieden und der Einfluss auf die künftige Unternehmensausrichtung gewahrt werden. Darüber hinaus können Fremdfinanzierungen flexibler auf die Bedürfnisse der Unternehmen zugeschnitten und entsprechende Vereinbarungen in der Regel kurzfristiger abgeschlossen werden.

Nachteilig wirken sich dementgegen die durch ein hohes Ausfallrisiko bedingten regelmäßig hohen Zinsen und Gebühren aus, die fremdfinanzierte Modelle für die Unternehmen mit sich bringen. Dieses Risiko führt auch dazu, dass insbesondere in der Frühphase der Unternehmensgründung kaum Fremdfinanzierungsoptionen zur Verfügung stehen. So setzen Kapitalgeber selbst bei den speziellen Venture Debt-Produkten oft ein bestimmtes Mindestalter sowie einen erheblichen Mindestumsatz des potenziellen Geschäftspartners voraus und nehmen den Bestand der Alt-Gesellschafter besonders in den Blick. Im Gegensatz zur Eigenkapitalfinanzierung können in fremdfinanzierten Konstellationen die Interessen der Parteien zudem häufiger auseinanderfallen. Darüber hinaus kann die Liquidität in Zukunft belastet werden, da insbesondere die Zinsen regelmäßig laufend bedient werden müssen. Die Einräumung von sogenannten Warrants im Rahmen von Venture Debt-Verträgen bringt es mit sich, dass die Finanzierer Optionsrechte zum Bezug von Geschäftsanteilen zu einem späteren Zeitpunkt (z. B. einer nachfolgenden Eigenkapital-Finanzierungsrunde) erhalten – und damit schlussendlich doch der Gesellschafterkreis erweitert wird und eine Verwässerung eintreten kann. Berücksichtigt werden muss auch, dass Fremdfinanzierungsverträge häufig Kündigungsmöglichkeiten für den Darlehensgeber vorsehen, die den Darlehensnehmer bei ihrer Ausübung in eine Schieflage bis hin zur Insolvenz bringen können.

Komplexe rechtliche Fallstricke

Fremdfinanzierungsmodelle bergen neben den finanziellen auch eine Vielzahl rechtlicher Fallstricke in sich, die für Start-ups eine umfassende und qualifizierte rechtliche Beratung unverzichtbar machen. Die komplexen Vertragswerke, insbesondere Darlehensverträge, unterliegen in der Regel ausländischem Recht, meist dem der USA oder dem des Vereinigten Königreichs, und erfordern damit auch die Einholung entsprechend erfahrener Beraterinnen und Berater. Marktstandards, speziell im Rahmen von Venture Debt-Finanzierungen, beginnen sich erst allmählich zu etablieren. Dies schafft in entsprechenden Konstellationen regelmäßig einen breiteren individuellen Verhandlungsspielraum, als dies bei Eigenkapitalfinanzierungen der Fall ist. Die Venture Capital und Finanzierungs-Spezialistinnen und Spezialisten von Taylor Wessing stehen den Mandantinnen und Mandanten bei dem Abschluss maßgeschneiderter günstiger Lösungen gerne mit ihrer Expertise unterstützend zur Seite.

Co-Autor dieses Beitrags ist Philipp Bergjans, Referendar bei Taylor Wessing.

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