Autor

Dr. Sara Thienhaus

Senior Associate

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2. Mai 2022

„Bring Your Own Device“ im Homeoffice

Die unterschätzten Risiken der dienstlichen Nutzung privater Endgeräte

Viele Arbeitgeber bieten ihren Arbeitnehmern an, ihre privaten mobilen Endgeräte (wie z.B. Smartphones, Tablets, Laptops etc.) auch für betriebliche Zwecke zu nutzen. Hinter diesem Trend verbirgt sich die Bezeichnung „Bring Your Own Device“ (BYOD). BYOD bezeichnet die Nutzung privater IT-Endgeräte von Mitarbeitern für dienstliche Zwecke.

Gesteigerte Relevanz hat die Thematik rund um BYOD auch vor dem Hintergrund der langanhaltenden pandemischen Lage in Deutschland und der damit verbundenen Anordnung der Bundesregierung erhalten, wonach Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern (sofern möglich) Homeoffice anzubieten haben. Häufig standen Arbeitgeber vor der Herausforderung, in kurzer Zeit oftmals kostspielige Hardware beschaffen zu müssen. Nicht wenige Unternehmen haben daher auf das Modell BYOD zurückgriffen, was gegenwärtig noch immer anhält. Welche arbeitsrechtlichen Risiken hiermit verbunden sind, wird im Rahmen dieses Beitrags näher beleuchtet.

Grundsatz: Pflicht des Arbeitgebers zur Bereitstellung der Betriebsmittel

Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer nur zur Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung verpflichtet und es ist Sache des Arbeitgebers, die hierfür erforderlichen Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen (vgl. BAG, Urt. v. 12.03.2013 – 9 AZR 455/11). Folglich besteht auch überwiegend Einigkeit darüber, dass die Umsetzung von BYOD nicht allein aufgrund einer Weisung des Arbeitgebers im Rahmen seines Direktionsrechts nach § 106 Abs. 1 GewO möglich ist. Erstens unterliegt das Privateigentum des Arbeitnehmers schon grundsätzlich nicht der Disposition des Arbeitgebers. Zum anderen wird zumindest bei der verpflichtenden Einführung von BYOD die Verpflichtungsposition des Arbeitnehmers nicht konkretisiert, sondern erweitert. Denn grundsätzlich obliegt es dem Arbeitgeber, die für die Arbeitsleistung erforderlichen Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen.

Jedoch können die Arbeitsvertragsparteien durch eine einzelvertragliche Vereinbarung in Form einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag regeln, dass der Arbeitnehmer verpflichtet bzw. berechtigt ist, private Endgeräte als Arbeitsmittel einzusetzen. Ebenso kann die Nutzung privater Endgeräte zu dienstlichen Zwecken auch durch eine Betriebsvereinbarung gestattet werden. Diese Vereinbarungen regeln ferner, wer für das (auch) dienstlich genutzte Endgerät rechtlich verantwortlich ist, wer für den Verlust des Gerätes, die Beschaffung eines Ersatzgerätes und die Folgen des Nutzungsausfalls haftet. Geeignete Kontroll- und Sicherheitsmaßnahmen, insbesondere vor dem Hintergrund des Datenschutzes, müssen ebenfalls zwischen den Parteien vereinbart werden. Darüber hinaus muss die Form der individuellen Nutzungsregelung und eine entsprechende Kostenübernahme durch den Arbeitgeber in Form von Aufwendungsersatz und sonstiger Entschädigung in der einzelvertraglichen Vereinbarung geregelt werden.

Die einzelvertragliche Vereinbarung und ihre Einzelheiten über die Nutzung privater Endgeräte unterliegen der Kontrolle nach den Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen gemäß §§ 305 ff BGB. Insbesondere sind die Verwendungsabreden am Maßstab des § 307 BGB zu messen, wonach der Arbeitnehmer durch die Klauseln nicht unangemessen benachteiligt werden darf.

Haftung des Arbeitgebers bei der Einführung und Nutzung von BYOD und Aufwendungsersatzanspruch des Arbeitnehmers

Im Hinblick auf die Haftung des Arbeitgebers bei der Einführung und Nutzung von BYOD sind insbesondere die daraus resultierenden besonderen Risiken zu beachten. Für den Arbeitnehmer stellt sich insbesondere die Frage nach Schadensersatzansprüchen gegen den Arbeitgeber bei Verlust, Diebstahl oder Beschädigung des dienstlich genutzten privaten Endgerätes sowie die Übernahme von Kosten für die Bereitstellung, Nutzung und Wartung des privaten Endgerätes.

Arbeitsschutz

Arbeitsschutzrechtlich stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber auch im Rahmen von BYOD die Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung zu beachten hat. Diese Frage richtet sich danach, ob ein Telearbeitsplatz im Sinne von § 2 Abs. 7 ArbStättV auch dann gegeben ist, wenn nicht ausschließlich betriebliche Arbeitsmittel verwendet werden. Teilweise wird dies abgelehnt, da der Wortlaut des § 2 Abs. 7 ArbStättV vorsieht, dass die für den Telearbeitsplatz erforderlichen Arbeitsmittel vollständig vom Arbeitgeber gestellt und installiert sein müssen. Nach anderer Auffassung soll die ArbStättV dagegen anwendbar sein, weil die zugrundeliegende EU-Bildschirmrichtlinie 90/270/EWG das Vorliegen eines Telearbeitsplatzes nicht an die Herkunft der Arbeitsmittel knüpft. Für eine Entscheidung dieser Rechtsfrage bleibt eine Klärung durch den Gesetzgeber oder die höchstrichterliche Rechtsprechung abzuwarten. Für die Praxis ist zu beachten, dass auch im Homeoffice die allgemeinen arbeitsschutzrechtlichen Pflichten des ArbSchG und des § 618 Abs. 1 BGB einzuhalten sind.

Arbeitszeitrecht

Auch arbeitszeitrechtlich stellen sich beim Einsatz von BYOD verschiedene rechtliche Probleme. Bei dem dienstlich genutzten BYOD-Gerät handelt es sich vor allem um ein privates Endgerät, welches von Arbeitnehmern auch in deren Freizeit genutzt wird. Dabei kann die permanente Erreichbarkeit zu einem faktischen Zwang führen, sich gerade in arbeitsfreien Zeiten mit dienstlichen Themen beschäftigen zu müssen. Hierin liegt auch das Risiko, dass es zu bußgeldbewehrten Überschreitungen der nach dem Arbeitszeitgesetz zulässigen Arbeitszeit kommen kann.

Mitbestimmung

Der Einsatz privater Arbeitsmittel unterliegt ferner der Mitbestimmung des Betriebsrats. Zu nennen sind insbesondere die Tatbestände der zwingenden Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG (Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen), § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG (Ordnung des Betriebs bei Vorgaben zum Nutzungsverhalten) und § 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 BetrVG (Arbeitszeit).

Datenschutz

Wenngleich dieser Punkt nicht dem Arbeitsrecht zuzuschreiben ist, stellen sich ferner besonders sensible Probleme hinsichtlich der datenschutzrechtlichen Pflichten. Es besteht die Gefahr, dass Privat- und Betriebsdaten nicht ausreichend voneinander getrennt werden und eine unkontrollierte Speicherung oder Vervielfältigung der Daten erfolgt. Ob die Nutzung privater Endgeräte datenschutzrechtlich praktikabel ist, hängt zum einen von der Art der Tätigkeit und zum anderen von der "Eignung" der privaten Geräte ab. Insbesondere müssen die privaten Endgeräte geeignet sein, einen ausreichenden Schutz der geschäftlichen (personenbezogenen) Daten vor dem Mitlesen durch Unbefugte zu gewährleisten. Ein dezidiertes IT-Sicherheitskonzept ist daher unabdingbar.

Praxistipp

Auch wenn Arbeitgeber durch die Nutzung von BYOD durch ihre Mitarbeiter auf den ersten Blick in den Genuss einer Kostenersparnis für die Anschaffung entsprechender eigener Hard- und Software kommen, zeigt sich bei näherer Betrachtung, dass die aufgezeigten Problemfelder einige Fallstricke mit sich bringen. Mit Blick auf die rechtliche Ungewissheit ist Arbeitgebern zu raten, BYOD-Modelle nur zurückhaltend einzusetzen, sich vorab aber jedenfalls umfassend über die bestehenden finanziellen Risiken und etwaige Gestaltungsmöglichkeiten zu informieren. Grundlegend hierfür ist der Erlass detaillierter BYOD-Richtlinien und ein entsprechendes Datenschutzkonzept. Zugleich sollten die aktuelle Rechtsprechung und Gesetzgebung im Auge behalten werden.

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