Autor

Dr. Sara Thienhaus

Senior Associate

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12. August 2021

Immer wieder Ärger um die Maske – Außerordentliche Kündigung wegen „Maskenverweigerung“?

  • Briefing
Kann einem Maskenverweigerer nach erfolgter Abmahnung fristlos gekündigt werden, obwohl dieser ein Befreiungsattest zum Tragen eines „Rotzlappens“ vorlegt? Ja, meint das Arbeitsgericht Köln!

Weil der Kläger sich beharrlich weigerte, einen „Rotzlappen“ zu tragen, bestätigte das Arbeitsgericht Köln dessen fristlose Kündigung wegen grundloser Verweigerung des Tragens eines Mund-Nasenschutzes (ArbG Köln, Urteil v. 17.06.2021 – 12 Ca 450/21).

Arbeitnehmer weigert sich trotz Weisung seines Arbeitgebers, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen


Der Kläger war bei der beklagten Arbeitgeberin als Servicetechniker im Außendienst beschäftigt. Aufgrund der Corona-Pandemie erteilte die Beklagte 2020 allen Servicetechnikern die Anweisung, während der Arbeit bei Kunden eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Anfang Dezember 2020 weigerte sich der Kläger, einen Serviceauftrag bei einem Kunden durchzuführen, der ausdrücklich auf das Tragen einer Maske bestand.

„Rotzlappenbefreiung“ als gültiges Attest?

Zur Rechtfertigung reichte der Kläger unter dem Betreff „Rotzlappenbefreiung“ ein ärztliches Attest ein. Diesem zufolge sei es dem Kläger „aus medizinischen Gründen unzumutbar, eine nicht-medizinische Alltagsmaske oder eine vergleichbare Mund-Nasen-Bedeckung im Sinne der SARS-COV-2 Eindämmungsmaßnahmenverordnung zu tragen“. Weitere Erklärungen enthielt das auf Juni 2020 datierte Attest nicht.

Das Attest wurde von der Beklagten mangels konkreter, nachvollziehbarer Angaben nicht anerkannt. Der Kläger wurde daher erneut angewiesen, den Serviceauftrag mit einer Mund-Nasen-Bedeckung, deren Kosten die Arbeitgeberin übernehmen wolle, auszuführen.

Abmahnung fruchtlos – Kündigung fristlos

Der erneuten Verweigerung des Klägers folgte eine Abmahnung. Diese blieb jedoch erfolglos. Hiervon unbeeindruckt erklärte der Kläger, er würde auch in Zukunft Serviceaufträge nur ausführen, wenn er dabei keine Maske tragen müsse. Das hatte eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung zu Folge, gegen die der Kläger Kündigungsschutzklage erhob.

Entscheidung des Gerichts: Rechtmäßigkeit der Kündigung

Die beharrliche Weigerung eines Arbeitnehmers im Kundenkontakt einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, kann eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen“.

Die 12. Kammer des Arbeitsgerichts Köln wies die Kündigungsschutzklage mit Urteil vom 17.06.2021 ab. Zur Begründung führte es aus, dass indem sich der Kläger – entgegen der Anordnung der Beklagten und dem Kundenwunsch – beharrlich geweigert hat, bei der Ausübung der ihm aufgetragenen Tätigkeit eine Maske zu tragen, er wiederholt gegen seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen verstoßen habe.

Die Weigerung sei nicht durch das vorgelegte Attest gerechtfertigt. Denn das Attest sei zum einen nicht aktuell, zum anderen mangels konkreter Diagnose eines Krankheitsbildes nicht hinreichend aussagekräftig. Zudem führe die durch den Kläger vorgenommene Bezeichnung des Attestes als „Rotzlappenbefreiung“ bei zeitgleicher Verweigerung, das Angebot einer betriebsärztlichen Untersuchung wahrzunehmen, zu erheblichen Zweifeln, ob die vom Kläger behaupteten medizinischen Einschränkungen tatsächlich bestehen.

Fazit und Folgen für die Praxis

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln verdient Zustimmung.

Solange die pandemische Lage andauert, haben Arbeitgeber in Ausübung ihres Direktionsrechts (§ 106 GewO) das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen im Betrieb anzuordnen, wenn Schutzabstände nicht eingehalten werden können. Dieses gebietet zum einen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers aus §§ 618, 241 Abs. 2 BGB. Zum anderen begründet derzeit § 2 Abs. 2 S. 1 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung – in der neuen Fassung seit dem 1. Juli 2021 und bis längstens 10. September 2021 in Kraft – unter gewissen Voraussetzungen eine (temporär geltende) Pflicht des Arbeitgebers, den Beschäftigten medizinische Gesichtsmasken (Mund-Nasen-Schutz) bereitzustellen. Dies ist der Fall, wenn die Gefährdungsbeurteilung nach §§ 5, 6 ArbSchG ergibt, dass ein Schutz durch technische und organisatorische Maßnahmen nicht ausreichend sichergestellt und das Tragen der Masken daher erforderlich ist. Arbeitgeber sollten in diesem Zusammenhang zudem darauf achten, dass der Betriebsrat bei Einführung der Maskenpflicht ordnungsgemäß beteiligt wird. Liegen die vorgenannten Voraussetzungen vor, korrespondiert hiermit eine Pflicht der Beschäftigten, die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Masken (oder zumindest gleichwertige Masken) zu tragen, § 2 Abs. 2 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung.

Weigern sich Arbeitnehmer, bei ihrer Arbeit eine Maske zu tragen, liegt hierin ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten, der grundsätzlich zur Kündigung berechtigen kann. Dies gilt nicht, wenn dem Arbeitnehmer das Tragen der Maske aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar ist und dies durch ein ärztliches Attest nachgewiesen ist. Indes legt die vorliegende Entscheidung nahe, dass Arbeitgeber in Zukunft angehalten sind, ihnen vorgelegte Atteste genau zu prüfen: Nur aktuelle Atteste, die konkret und nachvollziehbar darlegen, warum eine Maske nicht getragen werden kann, haben einen hohen Beweiswert und entbinden von der Maskenpflicht. Ob und für welche Dauer ein Attest aktuell ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Die rechtliche Situation ist nicht vergleichbar mit der Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gegenüber dem Arbeitgeber. Es muss ihm oder auch einem Gericht in derartigen Konstellationen aufgrund konkreter und nachvollziehbarer Angaben in den ärztlichen Bescheinigungen möglich sein, selbstständig prüfen zu können, ob die jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen gegeben sind (Arbeitsgericht Siegburg, Urteil v. 16. Dezember 2020 – 4 Ga 18/20; für den ähnlich gelagerten Fall eines Schülers vgl. auch OVG Münster, Beschluss v. 24. September 2020 – 13 B 1368/20). Jedenfalls aber sollte ein Attest für nicht ausreichend erachtet werden, wenn es – wie in der vorliegenden Entscheidung – die Maskenunverträglichkeit nicht konkret begründet und erhebliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit bei der Einreichung bestehen. Ein ärztliches Attest zur Befreiung einer Maskenpflicht bedarf daher eines konkreten Nachweises einer medizinischen Indikation. Ist dies nicht der Fall, kann der Arbeitnehmer nicht beweisen, dass medizinische Gründe vorliegen, die eine Befreiung von der Maskenpflicht rechtfertigen. Nach erfolgloser Abmahnung kann dann bei vergleichbarer erneuter Arbeitsverweigerung unter den ansonsten bestehenden rechtlichen Voraussetzungen sogar fristlos gekündigt werden.

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