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Felix Paul, LL.M.

Professional Support Lawyer

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25. November 2020

Reform für DAX-Indexfamilie ist beschlossene Sache. Der DAX 40 kommt.

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Die Deutsche Börse AG hat über ihren Indexspezialisten STOXX Ltd. („STOXX“) am 24. November 2020 umfassende Änderungen der Regeln für die DAX-Auswahlindizes (u.a. DAX, MDAX, SDAX und TecDAX) vorgestellt (wir berichteten über erste Änderungen am 14. August 2020). Damit sollen die DAX-Indizes an Qualität gewinnen und an internationale Standards angeglichen werden. Die zusätzlichen Qualitätskriterien sind eine weitere Folge des Wirecard-Skandals und werden nun schrittweise umgesetzt.

Wesentliche Neuerungen

Zu den wesentlichen Änderungen des Regelwerks gehören:

  • Der Leitindex DAX wird von 30 auf 40 Unternehmen erweitert

    So sollen die größten börsennotierten Gesellschaften in Deutschland noch umfassender abgebildet werden. Der MDAX wird dagegen von 60 auf 50 Werte verkleinert. Die Änderung tritt im Rahmen der regulären Indexüberprüfung im September 2021 in Kraft. Airbus SE, Brenntag AG, Hannover Rück SE, LEG Immobilien AG, Porsche Automobil Holding SE, Qiagen N.V., Sartorius AG, Siemens Energy AG, Siemens Healthineers AG, Symrise AG und Zalando SE gelten in diesem Zusammenhang als aussichtsreichste Kandidaten für den neuen DAX.
  • Reguläre DAX-Indexüberprüfung zusätzlich auch im März

    Für den DAX werden die Regular Exit- und Regular Entry-Regeln ab 2021 zusätzlich zum September nun auch im März angewendet.
  • Das EBITDA wird als weiteres Auswahlkriterium für die Aufnahme in den Leitindex aufgenommen

    Ab Dezember 2020 können nur noch Kandidaten in den DAX aufgenommen werden, die in den letzten beiden Geschäftsjahren vor ihrer Aufnahme ein positives EBITDA aufweisen (Profitabilitätsanforderung). Nach dieser Neuregelung wäre der Wirecard-Nachfolger Delivery Hero SE nicht in den DAX aufgenommen worden. Einen Ausschluss braucht Delivery Hero SE allerdings derzeit nicht befürchten, da die neue Regel nur für Neuzugänge gelten soll.
  • Der Börsenumsatz wird durch eine Mindestliquiditätsanforderung im Auswahlverfahren der DAX-Indexfamilie ersetzt

    Ein Unternehmen kann nur noch dann in einen DAX-Auswahlindex aufgenommen werden, wenn es eine Jahresumsatzrate von mindestens 0,2 oder einen absoluten Jahresumsatz von EUR 1 Mrd. aufweist. Um in einem Index zu bleiben, muss ein Unternehmen eine Jahresumsatzrate von mindestens 0,1 oder einen absoluten Jahresumsatz von EUR 0,8 Mrd. aufweisen. Berechnet wird die Jahresumsatzrate indem das 12-Monats-Auftragsbuchvolumen durch die Marktkapitalisierung des Streubesitzes geteilt wird.
  • Ab März 2021 gelten für alle Mitglieder der DAX-Auswahlindizes die Anforderungen des Prime Standard in Bezug auf die Finanzberichterstattung

    Daher müssen zukünftig alle Unternehmen geprüfte Jahresabschlüsse gemäß F.2 des Deutschen Corporate Governance Kodex und vierteljährlich Quartalsmitteilungen bzw. Quartalsfinanzberichte (rechtzeitig) veröffentlichen. Tun sie dies nicht, führt ein Verstoß nach Ablauf einer 30-tägigen Warnfrist direkt zum Indexausschluss.
  • Die Pflicht zur Notierung im Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse entfällt

    Für alle Unternehmen der DAX-Auswahlindizes ist eine Notierung im Regulierten Markt in Zukunft ausreichend. Dies soll dem Indexanbieter ermöglichen, unabhängig und schneller auf eine Regelverletzung reagieren zu können.
  • Ab März 2021 müssen alle Neuzugänge der DAX-Auswahlindizes den Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex bezüglich eines Prüfungsausschusses im Aufsichtsrat entsprechen

    Hier geht es um die Empfehlungen nach Ziff. D.3, C.10 hinsichtlich des Prüfungsausschusses, D.4, D.9, D.10 und D.11. Aktuellen Mitgliedern der Indexfamilie wird eine Übergangsfrist gewährt. Für sie gilt diese Vorgabe erst ab September 2022. So soll zu-nächst Kontinuität in der DAX-Indexfamilie bewahrt werden.

Umsetzung der Änderungen des Regelwerks

Der Leitfaden zu den DAX-Aktienindizes (Guide to the DAX Equity Indices) ist das Regelwerk der DAX-Indexfamilie (u.a. DAX, MDAX, SDAX und TecDAX) und bildet die Grundlage für deren Berechnung. Alle angekündigten Änderungen werden in einer geänderten Fassung des Leitfadens niedergelegt. Aufgrund der schrittweisen Einführung der Regeländerungen wird eine geänderte Fassung des Leitfadens jeweils unmittelbar nach der vierteljährlichen Überprüfung, die dem Quartal der effektiven Umsetzung vorausgeht, veröffentlicht. Eine Vorschau auf die zu ändernden Passagen des Leitfadens und das voraussichtliche Inkrafttreten hat STOXX bereits in einer Übersicht über Einzelheiten der Regeländerungen zusammengestellt.

Feedback der Marktteilnehmer berücksichtigt

Zuvor hatte STOXX die Regeländerungen zur Konsultation der Marktteilnehmer (Finanzinstitutionen, Verbände, Einzelinvestoren sowie börsennotierte Unternehmen) gestellt. Dabei sprach sich eine deutliche Mehrheit (über 75%) für die grundsätzliche Weiterentwicklung der Indexregeln und das vorgeschlagene Maßnahmenpaket aus. Der Vorschlag zum Ausschluss von Unternehmen mit Beteiligung an kontroversen Waffen (z.B. Biokampfstoffe oder weißer Phosphor) wurde hingegen nicht übernommen. Auch ESG-Kriterien im Allgemeinen wurden kontrovers diskutiert und mit Verweis auf eine klare Trennung von objektiven Marktindizes und separaten ESG Indizes zunächst nicht in das Regelwerk aufgenommen.

Fazit

Es bleibt abzuwarten, ob Nachhaltigkeitskriterien – entsprechend ihrer zunehmenden Relevanz gerade auch bei Fragen der Corporate Governance – langfristig nicht doch eine Rolle bei der Zusammensetzung der DAX-Indexfamilie spielen werden. Die bereits von entsprechenden Rankings bekannten Bemessungs- und Einschätzungsschwierigkeiten sind natürlich nicht von der Hand zu weisen und erschweren die objektive Indizierung anhand „harter“ Auswahlkriterien.

Aufgrund des neuen Aspekts der Profitabilität wird neuen Geschäftsmodellen der Einzug in den DAX zunächst wohl versperrt. Diese Messlatte wird jedoch nicht bei den derzeitigen DAX-Mitgliedern angelegt. Hier deutet sich bereits eine Diskrepanz und weiterer Reformbedarf an. Zudem wollen viele Investoren gerne in die Breite der deutschen Wirtschaft investieren. Ein noch größerer Leitindex würde diesbezüglich etwa für ETFs zu einer größeren Attraktivität beitragen. Stattdessen könnte es durch die Verkleinerung des MDAX auch künftig zu zahlreichen Wechseln zwischen DAX, MDAX und SDAX kommen. Trotz aller Kritik ist ein erster Schritt in die richtige Richtung gemacht.

 

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