Autor

Dr. Martin Rothermel

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26. November 2020

Eigentumsvorbehalt International – Bringt der wirklich gar nichts?

  • Briefing

Das Eigentum an einer Sache beurteilt sich immer nach dem Recht des Landes, in dem sich die Sache befindet (lex rei sitae). Das bedeutet, dass der Eigentumsvorbehalt international in etwa 10% der Länder als Sicherungsmittel komplett versagt.

In 90% der Länder könnte aber zumindest ein einfacher Eigentumsvorbehalt wirksam sein, wobei in 42% der Länder mehr oder weniger strenge Formvoraussetzungen zu beachten sind. In nur knapp über 17% der Länder geht vielleicht auch ein verlängerter Eigentumsvorbehalt und in nur knapp über 9% der Länder auch ein erweiterter Eigentumsvorbehalt. Problematisch ist auch, dass Erweiterungen und Verlängerungen eventuell den einfachen Eigentumsvorbehalt beschädigen. Vielleicht ist weniger mehr.
 
In praktisch allen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zum Verkauf von Gütern und Produkten ist ein Eigentumsvorbehalt enthalten. Vielfach werden dazu sehr umfangreiche Regelungen getroffen und es finden sich ein einfacher und erweiterter und verlängerter Eigentumsvorbehalt zur Sicherung der Kaufpreisforderung und anderer Forderungen. Das Eigentum an der Ware soll erst bei Begleichung der betreffenden Forderungen übergehen. Bezahlt der Käufer nicht, möchte man die Lieferung zurückhaben und hofft, neben dem schuldrechtlichen Rückgabeanspruch auch den sachenrechtlichen Herausgabeanspruch wegen Eigentum nutzbar machen zu können. Letzteres ist natürlich vor allem in der Insolvenz interessant, weil die schuldrechtlichen Ansprüche in der Insolvenz einem Wahlrecht des Insolvenzverwalters unterliegen. Soweit, so gut, wenn die Lieferung in Deutschland geblieben ist. Bei grenzüberschreitenden Lieferungen trifft der Eigentumsvorbehalt auf ein Problem: Nach den internationalen kollisionsrechtlichen Grundsätzen, richtet sich die Beurteilung des Eigentums an einer Sache immer nach dem Recht des Landes, in dem sich die Sache befindet (lex rei sitae-Regel, siehe z.B. Art. 43 EGBGB). Das bedeutet, dass vielleicht schuldrechtliche Herausgabeansprüche wegen unterbliebener Kaufpreiszahlung dem deutschen Recht oder einem anderen von den Parteien gewählten Recht unterstellt sind (Vertragsstatut), die sachenrechtlichen Ansprüche aus Eigentum aber nach dem Recht des Landes beurteilt werden müssen, in dem sich die Ware befindet. Und da gibt es in verschiedenen Rechtsordnungen gewaltige Unterschiede.
 
Im Jahr 2016 untersuchte Martin Rothermel die unterschiedlichen Rechtsordnungen von 54 Ländern hinsichtlich dieser Unterschiede (Rothermel, M.: Internationales Kauf-, Liefer- und Vertriebsrecht). Für die Anfang 2021 erscheinende Neuauflage wurden kürzlich erneut 76 Länder untersucht. Die Auswertung der Quellen ergab dabei folgendes Bild:
 
Gemäß „Hochrechnung“ dürfte in über 9% der Länder weltweit ein Eigentumsvorbehalt gänzlich problematisch sein; in 90% der Länder könnte aber zumindest ein einfacher Eigentumsvorbehalt wirksam sein; in über 17% vielleicht auch ein verlängerter Eigentumsvorbehalt und in über 9% der Länder auch ein erweiterter Eigentumsvorbehalt. Darüber hinaus gibt es wohl in 42% der Länder mehr oder weniger strenge Formvoraussetzungen zu beachten.
 
Dabei ist weniger problematisch die schuldrechtliche Komponente zwischen dem Verkäufer und dem Käufer (dafür kann man das Recht nach IPR Grundsätzen meist wählen - Vertragsstatut). Viel problematischer ist die dingliche Wirkung, da sich die Frage nach dem Eigentum immer nach dem Recht des Landes richtet in dem sich die Sache befindet (lex rei sitae). Das hat direkten Einfluss auf die Drittwirkung und den Insolvenzfall.
 
Vielfach besteht auch das Risiko, dass man sich mit einem verlängerten und/oder erweiterten Eigentumsvorbehalt den einfachen Eigentumsvorbehalt beschädigt und daher vielleicht „weniger mehr wäre“.
 
Weitere Informationen zum Thema finden Sie hier: Vortrag 6. Internationaler Wirtschaftsrechtstag der Anwaltsakademie am 13.11.2020

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