6. August 2020
Im Juni 2018 hatten bereits das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union die Reform der Arbeitnehmerentsenderichtlinie verabschiedet. Die bis zum 30.07.2020 in nationales Recht umzusetzende EU-Richtlinie trat mit der Neufassung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes („AEntG“) in letzter Minute auch in Deutschland rechtzeitig in Kraft.
Vor der aktuellen Gesetzesänderung mussten bei einer Entsendung von ausländischen Arbeitnehmer*innen nur bestimmte Mindeststandards des Ziellandes eingehalten werden. Durch die Neuregelungen sollen ausländische Arbeitnehmer*innen stärker als bislang von den in Deutschland geltenden Arbeitsbedingungen profitieren und gleichzeitig Lohndumping und Wettbewerbsverzerrung unterbunden werden.
Die wesentlichen Änderungen des AEntG sehen hierzu Folgendes vor:
Verstöße gegen die gesetzlichen Vorgaben können teuer werden, das AEntG sieht Geldbußen i.H.v. bis zu 500.000 Euro vor.
Für Langzeitentsandte sieht das AEntG einen noch weitergehenden Schutz vor. Alle in Deutschland vorgeschriebenen Arbeitsbedingungen greifen künftig nach zwölf Monaten auch für entsandte Arbeitnehmer*innen aus dem Ausland. Dies betrifft insbesondere die Entgeltfortzahlung an Feiertagen, Ansprüche auf Eltern- oder Pflegezeit und Ansprüche auf Aufwendungsersatz aus den §§ 670, 675 BGB. Ausnahmen gelten allerdings für sämtliche Verfahrens- und Formvorschriften, die Bedingungen für den Abschluss oder die Beendigung des Arbeitsverhältnisses einschließlich nachvertraglicher Wettbewerbsverbote sowie die betriebliche Altersversorgung. Diesbezüglich greifen auch weiterhin die Bedingungen des Herkunftslandes.
Für die Berechnung der Beschäftigungsdauer im Inland werden besonders strenge Maßstäbe angelegt. So sieht das Gesetz u.a. auch ein Ablöseverbot vor. Danach gilt, dass sofern ein Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer*innen durch andere ersetzt, die die gleiche Tätigkeit am gleichen Ort ausführen, die Beschäftigungsdauer der beiden zusammenzurechnen ist.
Gleichzeitig räumt das AEntG aber auch die Möglichkeit ein, den Zeitraum auf Antrag des Arbeitgebers auf 18 Monate zu verlängern. Hierfür muss der Arbeitgeber vor allem gegenüber der zuständigen Behörde der Zollverwaltung die Gründe für die Überschreitung der zwölfmonatigen Beschäftigungsdauer im Inland angeben.
Der Anwendungsbereich des AEntG umfasst jedoch nicht alle entsandten Arbeitnehmer*innen. Der Straßenverkehrssektor ist von den Änderungen insgesamt ausgenommen, für Fernfahrer*innen gelten die Neuregelungen mithin nicht. Auch für den Fall kürzerer Entsendungen greifen Ausnahmevorschriften: so z.B. für Erstmontage- und Einbauarbeiten, die nur acht Tage dauern und für die Teilnahme an Besprechungen, Fachkonferenzen oder Maßnahmen zur betrieblichen Weiterbildung, die einen Zeitraum von zwei Wochen nicht überschreiten.
Für Arbeitgeber, die Arbeitskräfte aus dem Ausland nach Deutschland entsenden, bedeutet das neue AEntG vor allem, dass erweiterte Vorgaben zu beachten und umzusetzen sind. Dies führt nicht zuletzt auch zu einem deutlich gestiegenen Bürokratieaufwand. Besonders streng sollten Arbeitgeber daher auf die Einhaltung der Pflichten zur Gewährung von gleichen Arbeitsbedingungen achten. Hierzu bietet es sich u.a. an, dass die Arbeitgeber umgehend ihre internen Prozesse an die deutlich erhöhten Dokumentationspflichten anpassen.
Um zu vermeiden, dass die gesamte Entsendezulage den Arbeitnehmer*innen als Erstattung für die Entsendekosten gezahlt werden, sollten Arbeitgeber zudem bereits im Arbeitsvertrag eindeutig regeln, welche Bestandteile einer Entsendezulage als Erstattung der Entsendekosten gezahlt wird und welche Bestandteile der Entlohnung hinzuzurechnen sind.
Wichtigste Fragen aus Sicht der Compliance-, Rechts- und Personalabteilung
von mehreren Autoren
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