Autor

Manuela Dachauer

Senior Associate

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Manuela Dachauer

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23. Juli 2020

Die klitzekleine Vertragsänderung: ein No-Go bei der Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags

– auch im Rahmen der besonderen Befristungsregeln für ältere Arbeitsuchende

 

Der heutige Newsletter beschäftigt sich mit einem Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Mecklenburg-Vorpommern vom 19.06.2020 (Az.: 5 Sa 189/19), das klarstellt, dass auch eine Vertragsverlängerung nach § 14 Abs. 3 S. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ebenso wie eine solche nach § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG voraussetzt, dass nur die Vertragsdauer unter Beibehaltung der übrigen Vertragsbedingungen geändert wird. Ansonsten handelt es sich um den Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrags, dessen Befristung ohne Sachgrund unzulässig ist.

I. Einleitung 

 

Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist grundsätzlich bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig, in gesetzlich aufgeführten Ausnahmefällen auch länger. Bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist die (in der Regel höchstens dreimalige) Verlängerung des kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrags zulässig. Hierbei ist aus Arbeitgebersicht dringend zu beachten, dass sich die Verlängerung des Vertrags ausschließlich auf die Vertragsdauer beziehen darf und die übrigen Arbeitsbedingungen grundsätzlich unverändert bleiben müssen. Diese altbekannte „Falle“ schnappte auch in dem vor dem LAG Mecklenburg-Vorpommern verhandelten Fall wieder zu. Hierbei stellte das LAG klar, dass auch im Zusammenhang mit einer Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 3 TzBfG nichts anderes gilt. Hiernach ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Abs. 1 Nr. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zur Gesamtdauer von fünf Jahren ist hierbei auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrags zulässig. Dabei muss es sich aber eben auch tatsächlich um eine Vertragsverlängerung und nicht um einen Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrags handeln.

 

II. Sachverhalt 


Die 1960 geborene, klagende Arbeitnehmerin war ab dem 01.05.2013 arbeitslos und schloss dann am 28.11.2013 mit dem beklagten Land (Arbeitgeber) einen auf zwei Jahre befristeten Arbeitsvertrag für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis zum 31.12.2015. Hiernach wurde die Arbeitnehmerin als „Vollbeschäftigte befristet für eine Tätigkeit, die dem „gehobenen“ technischen Verwaltungsdienst vergleichbar ist, am Arbeitsort A-Stadt, eingestellt“. Am 17.12.2015 schlossen die Parteien einen Änderungsvertrag, nach dem das befristete Arbeitsverhältnis als sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis gemäß § 14 Abs. 3 TzBfG über den 31.12.2015 hinaus für weitere zwei Jahre bis zum 31.12.2017 fortgesetzt wird. Sonstige Regelungen enthielt dieser Vertrag nicht.

Die Parteien schlossen allerdings einen weiteren Änderungsvertrag (vom 20.12.2017), in dem in Abänderung des Arbeitsvertrages vom 28.11.2013 Folgendes vereinbart wurde: „(…) § 1 wird um folgende Vereinbarung ergänzt: Frau (…) wird über den 31.12.2017 hinaus (…) als Vollbeschäftigte für eine Tätigkeit, die dem ehemaligen gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienst vergleichbar ist, am Arbeitsort A-Stadt befristet weiterbeschäftigt. Das Arbeitsverhältnis ist (…) ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes nach § 14 Absatz 3 TzBfG befristet bis zum Ablauf des 31.12.2018.“ Die Stellenbeschreibung blieb unverändert.

 

Die Klägerin vertrat die Ansicht, dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2018 unwirksam sei und beantragte erstinstanzlich, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der zuletzt vereinbarten Befristung nicht mit Ablauf des 31.12.2018 endete.

Das Arbeitsgericht Schwerin gab der Klage statt und stützte sich auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Begriff der Verlängerung bei einer sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG.

 

III. Entscheidung 


Die hiergegen eingelegte Berufung des Arbeitgebers war erfolglos. Das Arbeitsgericht habe der Klage zu Recht und mit der zutreffenden Begründung stattgegeben. Die Befristung des Arbeits- bzw. Änderungsvertrages vom 20.12.2017 ist auch nach Auffassung des LAG rechtsunwirksam und der befristete Arbeitsvertrag gilt somit als auf unbestimmte Zeit geschlossen.

Das LAG erläutert in seinem Urteil zunächst die Grundsätze, die nach ständiger Rechtsprechung für eine Vertragsverlängerung im Sinne von § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG gelten: Eine solche Vertragsverlängerung setzt voraus, dass sich die Vertragslaufzeit des Folgevertrags unmittelbar an die Laufzeit des zu verlängernden Vertrags anschließt, die Verlängerung noch vor Ablauf der Vertragslaufzeit des zu verlängernden Vertrags vereinbart wird und nur die Vertragsdauer unter Beibehaltung der übrigen Vertragsbedingungen geändert wird. Anderenfalls handele es sich um den Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrags, dessen Befristung ohne Sachgrund unzulässig sei.

 

Diese Grundsätze würden gleichermaßen für eine Verlängerung nach § 14 Abs. 3 S. 2 TzBfG gelten. Die besonderen Befristungsregeln für ältere Arbeitsuchende sollen deren Beschäftigungschancen verbessern und Anreize zu ihrer Einstellung schaffen. Nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 14 Abs. 3 TzBfG sei der Begriff der Verlängerung nicht anders zu verstehen als in § 14 Abs. 2 TzBfG. Verbinde der Arbeitgeber das Hinausschieben des Befristungsdatums mit anderen inhaltlichen Änderungen, so sei die Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers in beiden Fällen in gleicher Weise beeinträchtigt.

 

Der erste Änderungsvertrag, in dem ausschließlich das Befristungsdatum um weitere zwei Jahre hinausgeschoben worden sei, erfülle die Voraussetzungen einer Verlängerung, nicht jedoch der Änderungsvertrag vom 20.12.2017, der auch die auszuübende Tätigkeit ändere. Geschuldet sei nicht mehr eine Tätigkeit, die dem gehobenen technischen Verwaltungsdienst vergleichbar sei, sondern nunmehr eine dem gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienst vergleichbare Tätigkeit. Den Einwand des Arbeitgebers, eine inhaltliche Änderung sei nicht gewollt gewesen und die Tätigkeit von den Parteien falsch bezeichnet worden, ließ das LAG nicht gelten. Der Arbeitgeber sei nach der Vertragsänderung jedenfalls berechtigt gewesen, die Arbeitnehmerin dementsprechend anderweitig einzusetzen und ihr einen Arbeitsplatz des allgemeinen Verwaltungsdienstes zuzuweisen. Auch wenn sich die Tätigkeiten der Arbeitnehmerin tatsächlich nicht wesentlich geändert hätten und die Stellenbeschreibung dieselbe geblieben sei, so habe die Vertragsänderung dennoch völlig andere Einsatzmöglichkeiten eröffnet. Zudem würden sich die tarifvertraglichen Eingruppierungsvoraussetzungen im allgemeinen Verwaltungsdienst erheblich von denen im technischen Verwaltungsdienst unterscheiden. Auch sei nicht erkennbar, weshalb es sich um einen „redaktionellen Fehler“ gehandelt haben soll.

 

IV. Praxishinweis 

Zwar führt das LAG in seiner Entscheidung auch – im zu entscheidenden Fall nicht einschlägige – Voraussetzungen auf, unter denen die Änderung der auszuübenden Tätigkeit im Vertragstext nicht zu beanstanden gewesen wäre, nämlich, wenn es sich lediglich um die Anpassung des Vertragstextes an die zum Zeitpunkt der Verlängerung ohnehin geltende Rechtslage, um die Vereinbarung von Arbeitsbedingungen, auf die der befristet beschäftigte Arbeitnehmer einen Anspruch gehabt hätte oder um die bloße Dokumentation einer bereits zuvor erfolgten Änderung und somit des zum Zeitpunkt der Verlängerung geltenden Vertragsinhalts gehandelt hätte. Arbeitgebern ist jedoch dringend zu empfehlen, die Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags frei von jeglicher anderweitigen Regelung zu halten und inhaltliche Änderungen, die sich nicht auf die Dauer des Arbeitsvertrags beziehen, gegebenenfalls in zeitlichem Abstand vor oder nach der Vertragsverlängerung zu vereinbaren. Dies gilt selbst dann, wenn die angebotenen Änderungen für den Arbeitnehmer günstig sind. Anderenfalls besteht das Risiko, dass es sich nicht um eine Verlängerung, sondern um einen Neuabschluss eines dann als unbefristet geltenden Arbeitsvertrags handelt.

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