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20. Mai 2020

BGH: Veröffentlichung alter Buchbeiträge von Volker Beck durch Spiegel Online ist urheberrechtlich zulässig (Reformistischer Aufbruch II)

Mit Urteil vom 30. April 2020 (I ZR 228/15) hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Klage des Bundestagsabgeordneten Volker Beck gegen Spiegel Online auf Unterlassung und Schadensersatz rechtskräftig abgewiesen. Der vollständige Entscheidungstext ist noch nicht veröffentlicht.

 

1988 hatte der langjährige Bundestagsabgeordnete Volker Beck (Die Grünen) einen Beitrag für das Buch „Der pädosexuelle Komplex“ geschrieben, in dem er unter anderem für eine teilweise Entkriminalisierung gewaltfreier sexueller Handlungen Erwachsener mit Kindern eintrat. Als Beck in der Folgezeit kritisch mit den Aussagen des Buchbeitrags konfrontiert wurde, erklärte er wiederholt, sein Manuskript sei durch den Herausgeber verfälscht worden, und distanzierte sich spätestens 1993 vollständig vom Inhalt seines Aufsatzes.

 

2013 wurde das Originalmanuskript in einem Archiv aufgefunden und Beck nur wenige Tage vor der Bundestagswahl zur Verfügung gestellt. Beck wählte die Flucht nach vorne und übermittelte das Manuskript mehreren Zeitungsredaktionen als Beleg dafür, dass es seinerzeit für den Buchbeitrag verändert worden sei. Einer Veröffentlichung der Texte durch die Redaktionen stimmte er nicht zu. Stattdessen stellte er das Manuskript und den Buchbeitrag mit dem Hinweis auf seiner Internetseite ein, er distanziere sich von dem Beitrag, und erklärte sich mit der Verlinkung seiner Internetseite einverstanden.

 

Vor der Bundestagswahl veröffentlichte Spiegel Online einen Artikel, in dem die Autorin die Ansicht vertrat, Beck habe die Öffentlichkeit getäuscht. Die Originaldokumente belegten, dass das Manuskript nahezu identisch mit dem Buchbeitrag und die zentrale Aussage des Klägers nicht verfälscht worden sei. Internetnutzer konnten das Manuskript und den Buchbeitrag über einen Link herunterladen; die Dokumente waren dabei nicht auf der Internetseite von Beck verlinkt, sondern Spiegel Online hielt diese selbst zum Abruf bereit – ohne Becks Erklärung der Distanzierung.

 

Beck stütze seine Klage auf eine Verletzung seines Urheberrechts und war damit in den ersten beiden Instanzen (vor dem Landgericht Berlin und dem Kammergericht) erfolgreich. Auch in diesem Fall ließ der BGH die Revision zu und legte dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verschiedene Fragen zum Urheberrecht zur Vorabentscheidung vor. Der EuGH nahm mit Urteil vom 29. Juli 2019 (C-516/17) zu den vorgelegten Fragen Stellung.

 

Der BGH entschied nun, dass Spiegel Online das Urheberrecht von Beck durch die Bereitstellung des Manuskripts und des Buchbeitrags zum Download nicht widerrechtlich verletzt habe, da die Schutzschranke der Berichterstattung über Tagesereignisse (§ 50 UrhG) eingreife.

 

Eine Berichterstattung über ein Tagesereignis im Sinne dieser Bestimmung liege vor, da es um die aktuelle Konfrontation des erneut als Bundestagsabgeordneter kandidierenden Becks mit seinem bei Recherchen wiedergefundenen Manuskript und seine Reaktion darauf gegangen sei.

 

Der BGH gelangte in der durchgeführten Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass Meinungs- und Pressefreiheit von Spiegel Online in diesem Fall Becks Recht der öffentlichen Zugänglichmachung und seine aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht folgenden Interessen überwiegen. Der BGH hat dabei auch berücksichtigt, dass mit einer weiteren wirtschaftlichen Verwertung des Aufsatzes nicht zu rechnen ist. Weiterhin habe Spiegel Online nicht die im Lauf der Jahre gewandelte Meinung des Klägers zur Strafwürdigkeit des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger verschwiegen, da sie diese ebenfalls zum Gegenstand der Berichterstattung des Artikels machte, in dem Manuskript und Buchbeitrag verlinkt waren.

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