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1. April 2020

Coronavirus und UWG

Abmahnungen und einstweilige Verfügungen bei Verstößen gegen Corona-Beschränkungen des Einzelhandels?

Stand: 16.04.2020

Die Landesregierungen haben angekündigt, die bisher geltenden Corona-Beschränkungen für Geschäfte und im Einzelhandels behutsam zu lockern. Bislang sind die meisten Einzelhandelsgeschäfte und -filialen geschlossen, mit Ausnahme von Lebensmittelgeschäften, Apothekenn, Drogerien oder Abhol- und Lieferdiensten. Nun sollen z.B. auch Geschäfte mit einer Verkaufsfläche bis 800 qm ausgenommen werden. Aber auch für diese Anbieter gelten Auflagen: die Kundenzahl im Geschäft ist beschränkt,, es muss ein Mindestabstand zwischen den Kunden gewährleistet werden und besondere Hygienemaßnahmen sind zu treffen. Was droht bei wesentlichen Verstößen? Können Konkurrenten wegen Rechtsbruchs nach § 3a UWG abmahnen oder einstweilige Verfügungen erwirken?

Coronavirus und UWG – das Wichtigste in Kürze

  • Ein Unternehmer riskiert bei Verstößen gegen die landesrechtlichen Corona-Beschränkungen und –Auflagen für Einzelhandelsgeschäfte, dass Konkurrenten, Wettbewerbs- oder Verbraucherverbände abmahnen und im Wege der einstweiligen Verfügung lauterkeitsrechtliche Unterlassungsanordnungen erwirken. Kosten und Reputationsschäden drohen.
  • Umgekehrt heißt das: Einzelhandelsunternehmen und Filialisten, die sich an die Beschränkungen und Auflagen halten, können lauterkeitsrechtliche Ansprüche androhen, um verstoßende Konkurrenten zu stoppen.
  • Anträge auf einstweilige Verfügungen werden von den Landgerichten ohne wesentliche Verzögerung bearbeitet und entschieden. Auch die Zustellung von Verfügungen durch die Gerichtsvollzieher laufen weitgehend normal.
  • In jedem Fall drohen Sanktionen der Ordnungsbehörden.

Grundlage für Beschränkungen im Einzelhandel

Regelmäßig ordnen landesrechtliche Verordnungen die Schließung von Geschäften und Filialen sowie die Beschränkungen und Auflagen für die ausnahmsweisen Geschäftsöffnungen an. Nur in Sachsen gilt dazu noch eine Allgemeinverfügungen. Gemeinsam ist allen Regelungen, dass Einzelhandelsgeschäfte bislang lediglich öffnen dürfen, wenn ihr Sortiment aus alltagswichtigen Waren besteht, v.a. Lebensmittel, Getränke, Medikamente, Reinigungs- und Putzmittel. Die landesrechtlichen Regelungen weichen in Details voneinander ab. Beispielsweise dürfen in manchen Ländern Geschäfte für Handwerker- und Gartenbedarf oder Blumengeschäfte ausdrücklich geöffnet bleiben. Oder: Für einige Länder – z.B. NRW, Saarland, Baden-Württemberg – ist ausdrücklich geregelt, dass Geschäfte mit einem Sortiment aus wichtigen und nicht wichtigen Waren vollständig öffnen darf, wenn der Sortimentsschwerpunkt auf den wichtigen Waren liegt; andernfalls dürfen nur die wichtigen Waren verkauft werden. Vergleichbare Regelungen gibt es in vielen Bundesländern nicht. Die Landesregierungen haben angekündigt, dass demnächst weitere Geschäftsöffnungen zugelassen werden sollen, v.a. sollen Geschäfte mit einer Verkaufsfläche bis 800 qm öffnen dürfen.

Drohen bei Verstößen Abmahnungen? Oder: Was tun, wenn die Konkurrenz sich nicht daran hält?

Es hängt von der rechtlichen Qualität der landesrechtlichen Corona-Beschränkungen als sog. Marktverhaltensregeln ab, ob Verstöße gegen die Corona-Beschränkungen von Konkurrenten, Wettbewerbs- oder Verbraucherverbänden nach § 3a UWG als Rechtsbruch lauterkeitsrechtliche Unterlassungsansprüche auslösen. Dazu hat noch kein Gericht entschieden.

Das Risiko – oder je nach Blickwinkel: die Chance – ist jedenfalls massiv. Die Corona-Beschränkungen dienen zwar dem Gesundheitsschutz der Allgemeinheit. Aber sie betreffen die Gesundheitsinteressen der Verbraucher gerade im Zusammenhang mit ihrer Marktteilnahme..  Die Corona-Beschränkungen weisen auch erhebliche Verwandtschaft zu den Ladenschlussregelungen auf. Und diese Regeln sind als lauterkeitsrechtlich durchsetzbare Markverhaltensregeln anerkannt.

Wer also den Konkurrenten zur Einhaltung der Corona-Beschränkungen bringen will, kann eine UWG-Abmahnung aussprechen und erforderlichenfalls seine Ansprüche gerichtlich im einstweiligen Rechtsschutz durchsetzen.

UWG-Ansprüche unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs werden aber nur durch Verstöße gegen „Gesetze“ ausgelöst. Dazu zählen landesrechtliche Verordnungen, aber nicht Allgemeinverfügungen. Daher dürften UWG-Abmahnungen und Verfügungen in Sachsen ausscheiden; nur noch dort sind die Corona-Beschränkungen lediglich durch Allgemeinverfügungen geregelt.

Vgl. hier Kreatives Marketing in Zeiten der Krise zu weiteren UWG-Themen in Corona-Zeiten.

Gerichtliche UWG-Anspruchsdurchsetzung in Corona-Zeiten

Corona führt nicht zu wesentlichen Verzögerungen. Die Durchsetzung von lauterkeitsrechtlichen Ansprüchen per einstweiliger Verfügung läuft bei den Landgerichten weitgehend wie üblich. Allerdings sind für Postläufe etwas längere Zeiten einzurechnen. Verfügungsanträge werden als Eilsache ohne wesentliche Verzögerung bearbeitet und entschieden. Viele Kammern führen die Verfahren im schriftlichen Verfahren. Die Handelskammer am Landgericht Düsseldorf beispielsweise ermöglichen den Parteien nun die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung per Videokonferenz (§ 128a ZPO). Technische Voraussetzung ist eine Standard-Videokonferenzanlage. Corona verzögert auch die Durchsetzung von einstweiligen Verfügungen nicht wesentlich: Die meisten Gerichtsvollzieher stellen wie gewöhnlich zu. Und die Gerichte bearbeiten Ordnungsmittelanträge rasch.  

Andere Sanktionen

In jedem Fall überwachen die kommunalen Ordnungsbehörden Verstöße gegen die Corona-Beschränkungen und-Auflagen des Einzelhandels. Vor allem im Wiederholungsfall drohen Bußgelder, Geld- und Freiheitsstrafen.


Wir haben für Sie umfassende Informationen und Handlungsempfehlungen zu zahlreichen rechtlichen Implikationen im Kontext der Coronavirus-Pandemie zusammengestellt: Coronavirus - Antworten zu rechtlichen Implikationen

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