Autor

Florian Schulte

Senior Associate

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20. Februar 2020

Vorsicht bei der Elternteilzeit – für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

I. Einleitung

Arbeitnehmer können auch während der Elternzeit grundsätzlich weiterarbeiten, allerdings nur bis zu 30 Stunden pro Woche. Innerhalb dieses Rahmens können Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit zudem verringern (sog. Elternteilzeit ). Sowohl bei der Formulierung bzw. gerichtlichen Durchsetzung des Elternteilzeitverlangens durch den Arbeitnehmer als auch bei dessen Ablehnung durch den Arbeitgeber ist jedoch besondere Sorgfalt geboten, wie das hier besprochene Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 24. September 2019 (Az.: 9 AZR 435/18) zuletzt wieder deutlich gemacht hat: Der Arbeitnehmer ist im Regelfall an den Inhalt des einmal gestellten Antrages gegenüber dem Arbeitgeber gebunden und darf diesen nachträglich nicht mehr einseitig ändern. Auf der anderen Seite darf sich der Arbeitgeber zur Ablehnung des Teilzeitverlangens in einem späteren Gerichtsverfahren nur auf solche Gründe berufen, die er bereits im Ablehnungsschreiben benannt hat.

II. Sachverhalt

Die Arbeitnehmerin beantragte während der Elternzeit Teilzeit im Umfang von wöchentlich 20 Stunden, verteilt auf vier Tage von 6.30 Uhr bis 11.30 Uhr. Der Arbeitgeber lehnte dies ab und berief sich zur Begründung in dem Ablehnungsschreiben ausschließlich auf die im Betrieb bestehende Schichtarbeit. Dagegen erhob die Arbeitnehmerin Klage. Ihr Klageantrag enthielt im Vergleich zum vorherigen Antrag gegenüber dem Arbeitgeber allerdings eine geringfügige Änderung hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit (nunmehr täglich von 6.00 Uhr bis 11.00 Uhr). Im Laufe des Gerichtsverfahrens berief sich der Arbeitgeber darauf, dass der Arbeitsplatz der Arbeitnehmerin weggefallen sei. Hierüber hatte er die Arbeitnehmerin zwar bereits vor dem Antrag auf Elternteilzeit informiert, dies jedoch nicht im Ablehnungsschreiben erwähnt.

Während das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben hatte, lehnte das Landesarbeitsgericht den Anspruch der Arbeitnehmerin ab und begründete dies ausschließlich mit dem Wegfall des Arbeitsplatzes. Die hiergegen eingelegte Revision der Arbeitnehmerin hatte teilweise Erfolg.

III. Entscheidungsgründe

Im Hinblick auf die Ablehnung des Teilzeitbegehrens führte das BAG aus, dass der Arbeitgeber sich in einem gerichtlichen Verfahren lediglich auf Ablehnungsgründe stützen könne, die er zuvor auch in einem form- und fristgerechten Ablehnungsschreiben gemäß § 15 Abs. 7 BEEG mitgeteilt habe. Alle anderen Ablehnungsgründe stünden nicht mehr zur Verfügung (sog. Präklusionswirkung). Dies folge zum einen daraus, dass die Ablehnung des Teilzeitbegehrens nach dem Gesetzeswortlaut des § 15 Abs. 7 BEEG mit einer schriftlichen Begründung versehen sein „muss“ und eine Verletzung dieser Vorschrift im Gerichtsprozess nicht folgenlos bleiben solle. Zum anderen müsse der Arbeitnehmer eine Beurteilungsgrundlage erhalten, um die Erfolgsaussichten einer Klage gegen die Ablehnung prüfen zu können. Dies sei aber, so das BAG, nur möglich, wenn der Arbeitgeber die spätere Klageabweisung ausschließlich auf die im Ablehnungsschreiben genannten Gründe stützen dürfe. Unerheblich sei, ob dem Arbeitnehmer etwaige andere Ablehnungsgründe bekannt sind. Im entschiedenen Fall durfte sich der Arbeitgeber daher nicht auf den Wegfall des Arbeitsplatzes berufen.

Im Hinblick auf den mit der Klage gestellten Teilzeitantrag (mit dem in Abweichung zum vorherigen Antrag gegenüber dem Arbeitgeber u.a. die Verteilung der Arbeitszeit von 6.00 Uhr bis 11.00 Uhr begehrt wurde), hatte die Arbeitnehmerin jedoch keinen Erfolg. Denn sie habe, so das BAG, mit dem Klageantrag eine Änderung des Arbeitsvertrages begehrt, die sich nicht mit dem vorherigen Antrag gegenüber dem Arbeitgeber gedeckt habe. Zur Begründung dieses Ergebnisses erläuterte das BAG an dieser Stelle zunächst den formellen Ablauf der Elternteilzeit-Beantragung: Der Arbeitnehmer könne zunächst die Verringerung der Arbeitszeit beantragen (sog. Konsensverfahren nach § 15 Abs. 5 BEEG), wofür es genüge, dass der Arbeitgeber um eine Verhandlung über die Reduzierung der Arbeitszeit gebeten werde. Scheitere das Konsensverfahren, müsse der Arbeitnehmer spätestens jetzt eine Arbeitszeitreduzierung gemäß § 15 Abs. 6 und 7 BEEG beanspruchen, wofür ein konkretes Angebot auf Verringerung – und sofern gewünscht auf Verteilung der verringerten Arbeitszeit – erforderlich sei. Lehne der Arbeitgeber das Angebot auf Verringerung und ggf. Verteilung der Arbeitszeit ab (§ 15 Abs. 7 S. 4 und 5 BEEG), so sei das vorgerichtliche Verfahren abgeschlossen. Ab diesem Zeitpunkt könne der Arbeitnehmer seinen Elternteilzeitwunsch nicht mehr einseitig ändern. Genau dies hatte die Arbeitnehmerin im entschiedenen Fall jedoch getan. Denn neben der Arbeitszeitverringerung auf 20 Stunden pro Woche hatte sie gegenüber dem Arbeitgeber auch bereits deren konkrete Verteilung (täglich 6.30 Uhr bis 11.30 Uhr) beansprucht und Letzteres im Gerichtsverfahren abgeändert (auf 6.00 Uhr bis 11.00 Uhr). Für diese geringfügige Änderung hätte die Arbeitnehmerin jedoch das gesamte, oben beschriebene Verfahren erneut durchlaufen müssen.

IV. Einordnung der Entscheidung und Hinweise für die Praxis

Für Arbeitnehmer verdeutlicht die Entscheidung des BAG vom 24. September 2019, dass sie sich bereits bei Inanspruchnahme der Elternteilzeit gegenüber dem Arbeitgeber genau überlegen müssen, in welchem Umfang sie ihre Arbeitszeit verringern wollen und ggf. wie die Arbeitszeit verteilt werden soll. Andersherum sollten Arbeitgeber in einem Gerichtsverfahren genau prüfen, ob der Klageantrag auch nur geringfügig vom bisherigen Elternteilzeitbegehren abweicht.

Im Hinblick auf die Ablehnung von Elternteilzeit durch den Arbeitgeber ist die Entscheidung vom 24. September 2019 in der Sache zwar wenig überraschend, da das BAG die zuvor beschriebene Präklusionswirkung bereits mit Urteil vom 11. Dezember 2018 (Az.: 9 AZR 298/18) anerkannt hatte. Die aktuelle Entscheidung führt aber noch einmal vor Augen, dass Arbeitgeber Elternteilzeitanträge genau prüfen und Ablehnungen sorgfältig formulieren sollten. Als Konsequenz aus der Rechtsprechungslinie des BAG ist Arbeitgebern zu raten, in den Ablehnungsschreiben alle ihnen bekannten, einem Elternteilzeitbegehren entgegenstehenden Umstände explizit aufzuführen. Hierbei genügt eine oberflächliche Schilderung, nicht aber eine bloß schlagwortartige Begründung.

Aus den Entscheidungen des BAG folgt aber auch, dass nur solche Umstände angeführt werden können, die im Zeitpunkt der Ablehnungsentscheidung schon bestanden haben. Erst später auftretende Gründe wären schließlich nicht Bestandteil des Ablehnungsschreibens und damit nach dem BAG präkludiert. Dies wirkt aus der Perspektive des BAG insofern konsequent. Besondere Brisanz erfährt diese Schlussfolgerung jedoch, wenn man berücksichtigt, dass das BAG in seinem Urteil vom 11. Dezember 2018 nebenbei entschieden hat, dass der Elternteilzeitantrag – anders als ein „normaler“ Teilzeitantrag nach § 8 TzBfG – auch

„langfristig im Voraus gestellt werden kann und sich die betriebliche Entwicklung zu diesem Zeitpunkt nicht sicher prognostizieren lässt.“

Wird eine Verringerung der Arbeitszeit weit im Voraus geltend gemacht, so muss der Arbeitgeber also trotzdem innerhalb von vier Wochen nach Zugang des Antrages vorhersagen, ob in der Zukunft dringende betriebliche Gründe der Elternteilzeit entgegenstehen werden. Dass dem Arbeitgeber eine solche Prognose mitunter kaum möglich sein wird, hat das BAG unumwunden zugegeben. Es dürfte für Arbeitgeber ein schwacher Trost sein, wenn das BAG meint, das Prognoserisiko werde dadurch begrenzt, dass der Antrag auf Elternteilzeit frühestens mit der Inanspruchnahme der Elternzeit gestellt werden könne. Denn es kommt durchaus vor, dass Arbeitnehmer zunächst nur Elternzeit in Anspruch nehmen und erst zu einem späteren Zeitpunkt in Teilzeit arbeiten wollen, die Elternteilzeit aber dennoch schon „mitbeantragen“.

Bei längerfristig im Voraus gestellten Anträgen sollten Arbeitgeber daher im Zweifelsfall lieber zu viele als zu wenige Ablehnungsgründe anführen, um ihre Position in einem späteren Gerichtsverfahren zu stärken.

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