8. August 2019

Zur wirksamen Kürzung des Urlaubsanspruchs in Elternzeit

I. Einleitung

Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Arbeitgeber Urlaubsansprüche während der Elternzeit oder während eines unbezahlten Sonderurlaubs grundsätzlich wirksam kürzen (wir berichteten hierzu bereits in unserem Newsletter-Beitrag am 28. März 2019).

In einer erst vor kurzem veröffentlichten weiteren Entscheidung (Az.: 9 AZR 495/17) stellt das Bundesarbeitsgericht nun klar, wie die Kürzung des Urlaubsanspruchs erfolgen muss, damit diese rechtswirksam ist.

II. Sachverhalt

Dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin nahm durchgehend von Oktober 2010 bis Mai 2016 Elternzeit in Anspruch. Zum Ende der Elternzeit kündigte sie das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten. Im Anschluss forderte die Klägerin von der Beklagten die Abgeltung von insgesamt 160 Urlaubstagen.

Ob der Urlaubsanspruch der Klägerin durch die Beklagte wirksam gekürzt wurde, war zwischen den Parteien streitig. Die Klägerin erkundigte sich zwar im März 2010 per E-Mail nach den Auswirkungen ihres schwangerschaftsbedingten Beschäftigungsverbots. Der Inhalt des darauffolgenden Gesprächs blieb zwischen den Parteien jedoch streitig. Die Beklagte vertrat im Prozess die Auffassung, dass eine Kürzung des Urlaubsanspruchs auch unabhängig vom Inhalt des Gespräches, wirksam stattgefunden habe. Zum einen wiesen die der Klägerin erteilten Entgeltabrechnungen einen Urlaubsanspruch von 0,00 Tagen aus. Außerdem wäre es für die Kürzung ausreichend, dass sie die Urlaubsansprüche der Klägerin, unter Hinweis auf die Kürzungsmöglichkeit, am 28. Juli 2016 – nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses – zurückgewiesen habe.

III. Entscheidungsgründe

Das Bundesarbeitsgericht hat die letztendliche Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen, da es den entscheidungserheblichen Sachverhalt noch nicht als hinreichend geklärt ansah. Hierbei hat es jedoch detaillierte Angaben dazu gemacht, unter welchen Voraussetzungen vorliegend eine Kürzung des Urlaubsanspruchs vorgelegen hätte.

Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts, setzt die Kürzung des Urlaubsanspruchs in Elternzeit die Abgabe einer rechtsgeschäftlichen Erklärung voraus, die dem Arbeitnehmer zugehen muss. Eine wirksame Kürzung durch Angaben in Entgeltabrechnungen komme daher nicht in Betracht, da solche Angaben regelmäßig bloße Wissensmitteilungen, nicht jedoch Erklärungen darstellen.

Weiter müsse die Kürzung auch zum richtigen Zeitpunkt vorgenommen worden sein. Dieser Zeitpunkt kann vor, während und nach dem Ende der Elternzeit sein, jedoch ausschließlich während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Unzulässig ist eine Kürzung jedoch vor der Erklärung des Arbeitnehmers, Elternzeit in Anspruch zu nehmen.

IV. Praxishinweise

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts bietet eine Blaupause dafür, wie Arbeitgeber sich wirksam gegen ein Ansammeln von Urlaubsansprüchen und damit eventuell verbundenen horrenden Urlaubsabgeltungszahlungen schützen können.

1. Die richtige Ausübung der Kürzungserklärung

Grundsätzlich ist die Erklärung der Kürzung des Urlaubs formlos (z.B. mündlich) möglich. Der Arbeitgeber ist jedoch dafür, dass er die Kürzung im richtigen Zeitpunkt erklärt hat und diese Erklärung dem Arbeitnehmer auch zugegangen ist, regelmäßig darlegungs- und beweisbelastet. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, zu Beweiszwecken, die Urlaubskürzung schriftlich zu erklären und sich diese Erklärung entweder vom Arbeitnehmer unterzeichnen zu lassen oder die Erklärung entsprechend per Einschreiben zu versenden.

2. Der richtige Zeitpunkt der Kürzungserklärung

Zur Unwirksamkeit der Kürzung der Urlaubsansprüche kann es auch führen, wenn die Erklärung im „falschen“ Zeitpunkt erklärt wird.

Um „zu frühe“ Kürzungen zu vermeiden, sollte darauf geachtet werden, dass eine solche Erklärung erst dann wirksam erfolgt, wenn der Arbeitnehmer bereits ein entsprechendes schriftliches Verlangen auf Inanspruchnahme von Elternteilzeit im Sinne des § 16 Abs. 1 BEEG gestellt hat. Etwaige Vorbesprechungen dürften grundsätzlich nicht wirksam sein. Im Übrigen muss die Kürzung noch während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses erklärt werden. Nach der Beendigung ist eine Kürzung grundsätzlich nicht mehr möglich.

Der „ideale“ Zeitraum dürfte indes regelmäßig nach Zugang des schriftlichen Verlangens des Arbeitnehmers, etwa im Rahmen einer etwaigen „Bestätigung“ des Arbeitgebers, liegen. Hierbei sollte jedoch beachtet werden, dass die Kürzung für jede einzelne in Anspruch genommene Elternzeit erklärt werden sollte. Verlangt der Arbeitnehmer also nacheinander Elternzeit für verschieden Kinder, muss die Kürzung auch für jede „neue“ Elternzeit erfolgen.

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