15. Februar 2019
Der Bundesgerichtshof (BGH) setzt in einer Entscheidung vom 10. Juli 2018 (VI ZR 225/17) seine strenge Linie zur Zusendung von E-Mail-Direktwerbung fort. Die Verwendung von elektronischer Post für Zwecke der Werbung ohne Einwilligung des Empfängers stellt grundsätzlich einen Eingriff in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht dar. Dabei fällt eine Kundenzufriedenheitsbefragung in einer E-Mail selbst dann unter den Begriff der Werbung, wenn mit der E-Mail die Übersendung einer Rechnung für ein zuvor gekauftes Produkt erfolgt.
In dem zugrundeliegenden Fall hatte der Kläger, ein Verbraucher, über einen Online Marketplace bei der Beklagten ein Gerät zur Schädlingsbekämpfung bestellt. Er erhielt daraufhin eine E-Mail mit der Rechnung für das zuvor gekaufte Produkt, verbunden mit der Bitte für den Einkauf eine positive „5-Sterne Beurteilung“ abzugeben, da die Beklagte als junges Unternehmen auf gute Bewertungen angewiesen sei. Über einen angegebenen Link konnte sich der Kläger einloggen und eine Bewertung abgeben.
Der BGH lehnte zunächst einen UWG-Anspruch ab, da der Kläger weder Mitbewerber noch anspruchsberechtigte Verbandsorganisation nach § 8 Abs.3 UWG war, bejahte aber einen Anspruch auf Unterlassung aus §§ 1004 Abs. 1 S. 2, 823 Abs. 1 BGB analog wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in die geschützte Privatsphäre des Klägers und damit in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht. Der Eingriff liege in der Verwendung der E-Mail-Adresse des Klägers für Direktwerbung ohne dessen Einwilligung. Eine Kundenzufriedenheitsbefragung fällt nach Ansicht des BGH unter den Begriff der Direktwerbung, da sie zumindest auch dazu diene, befragte Kunden an sich zu binden und künftige Geschäftsabschlüsse zu fördern. Die Übersendung der Bewertungsanfrage zusammen mit einer Rechnung für ein zuvor erworbenes Produkt, nehme der E-Mail nichtihren werblichen Charakter.
Zwar erkennt der BGH an, dass es sich bei der Zusendung einer E-Mail mit einer Aufforderung zur Bewertungsabgabe um eine relativ geringfügige Belästigung handle, zumal der Kunde die Bewertungsanfrage auch einfach ignorieren könne. Er müsse sich aber zumindest gedanklich mit der Anfrage beschäftigen. Zudem sei im Hinblick auf die schnelle und günstige Werbemöglichkeit mit Kundenzufriedenheitsanfragen, die arbeitssparend zusammen mit Rechnungen versendet werden können, mit einem Umsichgreifen dieser Werbeart zu rechnen, sodass durch den Summeneffekt eine erhebliche Belästigung entstehen könne. Letztlich sei es dem Werbenden als Verwender einer E-Mail-Adresse zu Werbezwecken nach Abschluss einer Verkaufstransaktion zumutbar, dem Empfänger, so wie es in § 7 Abs. 3 UWG vorgesehen ist, die Möglichkeit zu geben, der Verwendung seiner E-Mail-Adresse zu Werbezecken zu widersprechen.
Mit dieser Entscheidung knüpft der BGH an seine „No-reply-E-Mail“-Rechtsprechung (Urteil vom 15. Dezember 2015 - VI ZR 134/15) an, dergemäß automatisch generierte Bestätigungs-E-Mails, die sowohl eine Eingangsbestätigung für eine zuvor versandte Nachricht als auch Werbung enthalten, ohne Einwilligung des Empfängers einen rechtswidrigen Eingriff in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht darstellen. Online-Händler und mittels elektronischer Post (direkt-)werbende Unternehmen sollten ihre Praxis zu Kundenzufriedenheitsanfragen überprüfen. Eine Versendung von Bewertungsanfragen zusammen mit der Rechnung für ein gekauftes Produkt ist nur zulässig, wenn der Kunde zuvor in den Erhalt dieser bzw. von E-Mail-Werbung im Allgemeinen eingewilligt hat. Zudem zeigt diese Entscheidung einmal mehr, dass beim Versand von Werbung nicht nur datenschutzrechtliche, sondern auch UWG-Aspekte zu berücksichtigen sind.
von Louise Popple und Ina Kamps, M.A.
von Ina Kamps, M.A.
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