Autor

Dr. Tim Eickmanns

Salary Partner

Read More
Autor

Dr. Tim Eickmanns

Salary Partner

Read More

16. Januar 2019

Versetzung von Arbeitnehmern zur Rettung des Betriebsklimas: Auf die Dokumentation kommt es an!

I. Einleitung

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 31. Juli 2018 (LAG Düsseldorf, Urt. v. 31.7.2018 – 3 Sa 130/18). Gegenstand dieser Entscheidung ist die Versetzung eines Arbeitnehmers wegen Konflikten mit seinen Arbeitskollegen.

Löst ein Arbeitnehmer durch sein Verhalten Konflikte und Spannungen in seiner Abteilung aus, kann der Arbeitgeber ihn versetzen. Hierzu muss allerdings eine konkrete Konfliktlage vorliegen. Zudem müssen konkrete Auswirkungen der Konfliktlage auf den Betriebsfrieden eingetreten oder zu befürchten sein. Beides muss der Arbeitgeber vor Gericht darlegen und gegebenenfalls beweisen können, damit die Versetzung wirksam ist.

II. Sachverhalt

Der Kläger war in der Zeit von 2009 bis 2017 bei seiner beklagten Arbeitgeberin als Maschinenbediener in der Abteilung „Verzinkung“ im 3-Schicht-System beschäftigt. Dies wurde im Arbeitsvertrag auch entsprechend vereinbart, wobei die Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz vorbehalten war.

Im März 2017 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er in Zukunft nicht mehr als Maschinenbediener in der Verzinkung beschäftigt werde. Stattdessen versetze man ihn in die Abteilung für Verpackung/ Logistik. Dort werde man ihn entgegen der bisherigen Praxis nicht mehr im 3-Schicht-System, sondern ausschließlich im 1-Schicht-System (Frühschicht) beschäftigen. Begründet wurde die Versetzung damit, dass es aus einem Kreis von neun namentlich benannten Mitarbeitern Beschwerden über die mangelnde Sozialkompetenz des Klägers gegeben habe. So würde er beispielsweise grundlos Leiharbeitnehmer provozieren und aufstacheln, oder Produktionsdaten falsch aufzeichnen. Eine weitere Konkretisierung dieser Vorwürfe erfolgte nicht.

Der Kläger ist der Ansicht, die Versetzung sei unwirksam. Die nur pauschal behaupteten Mitarbeiterbeschwerden habe es nicht, jedenfalls nicht in seiner Schicht gegeben. Die benannten Mitarbeiter seien größtenteils nicht in seiner Schicht beschäftigt. Daher bestehe keine betriebliche Notwendigkeit für die Versetzung. Zudem habe die Versetzung den Charakter einer Maßregelung, da durch das 1-Schicht-System die bisherige Schichtzulage des Klägers von circa EUR 600,00 brutto monatlich entfalle. Letztlich sei die neu zugewiesene Tätigkeit auch „stupide“, da der Kläger über den gesamten Arbeitstag nur noch eine Maschine beobachten müsse.

III. Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf gab dem Kläger Recht und erklärte die Versetzung für unwirksam. Es bestätigte damit das Ausgangsurteil des Arbeitsgerichts Krefeld.

Eine Versetzung müsse stets billigem Ermessen entsprechen. Dies sei grundsätzlich der Fall, wenn die Versetzung als Reaktion auf eine konkrete Konfliktlage zur Sicherung oder Wiederherstellung des Betriebsfriedens und/ oder -ablaufs erfolge. Der Arbeitgeber sei zwar grundsätzlich in seiner Versetzungsentscheidung frei, er müsse jedoch darlegen und beweisen, dass eine konkrete Konfliktlage vorlag, durch die eine konkrete Störung des Betriebsfriedens zumindest zu erwarten sei.

Diesen Anforderungen habe die Beklagte nicht genügt: Zwar habe sie vorgetragen, dass sich „Mitarbeiter“ beschwert hätten, unklar sei jedoch, welcher konkrete Mitarbeiter sich wann und jeweils über welches Verhalten beschwert habe. Auch den Inhalt der Beschwerden habe die Beklagte nicht ausreichend dargelegt. So sei es dem Kläger nicht möglich, sich auf die Vorwürfe einzulassen. Vollkommen unklar seien für den Kläger auch die vermeintlich eingetretenen oder konkret zu befürchtenden Auswirkungen auf den Betriebsablauf und/ oder Betriebsfrieden.

Ob die Versetzungsmaßnahme der Beklagten darüber hinaus eine Maßregelung darstelle, könne somit letztlich dahinstehen. Fernliegend sei dies allerdings nicht, da dem Kläger grundlos mit dem Wegfall der Schichtarbeit eine nicht unerhebliche Verdienstmöglichkeit in Höhe der bisherigen Schichtzulage genommen werde. Die Versetzung auf den vom Kläger als „stupide“ empfundenen neuen Arbeitsplatz sei zudem in ihrer betrieblichen Außenwirkung mit einer Stigmatisierung des Klägers verbunden, die keinerlei Grund in einem berechtigten betrieblichen Belang finde.

IV. Praxishinweis

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat in seiner Entscheidung ausdrücklich betont, dass der Arbeitgeber grundsätzlich frei auf Konfliktlagen zwischen seinen Arbeitnehmern reagieren kann. Arbeitgeber müssen Konflikte in einer Abteilung somit nicht ohne weiteres akzeptieren. Sie können grundsätzlich wählen, ob sie eine Abmahnung aussprechen, zunächst die Ursachen für die Konflikte im Einzelnen aufklären, oder eine Versetzung durchführen wollen.

Damit eine solche Versetzung wirksam ist, muss jedoch immer eine konkrete Konfliktlage vorliegen, durch die eine konkrete Störung des Betriebsfriedens oder -ablaufs zumindest zu erwarten ist. Beide Punkte sollten Arbeitgeber vor einer Versetzung im Konfliktfall mithin prüfen und dokumentieren. Diese Dokumentation erfasst vor allem auch, welcher Mitarbeiter sich wann über welches konkrete Verhalten beschwert hat und welche etwaigen Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts durchgeführt wurden.

Auf diese Weise ist es möglich, die Voraussetzungen für eine wirksame konfliktbedingte Versetzung auch in einem arbeitsgerichtlichen Prozess darzulegen und zu beweisen.

Call To Action Arrow Image

Newsletter-Anmeldung

Wählen Sie aus unserem Angebot Ihre Interessen aus!

Jetzt abonnieren
Jetzt abonnieren

Related Insights

Employment, Pensions & Mobility

Krankfeiern auf Rezept? – Was Arbeitgeber bei Zweifeln an einer AU-Bescheinigung tun können

17. September 2020

von Dr. Tim Eickmanns

Klicken Sie hier für Details

Der Geschäftsführer als Kläger vor dem Arbeitsgericht – Geht das?

27. Mai 2020

von Dr. Tim Eickmanns

Klicken Sie hier für Details

Vorsicht bei übertariflichen Leistungen

8. Mai 2019

von Dr. Tim Eickmanns

Klicken Sie hier für Details