Am 18. Oktober 2018 hat der Bundestag das von der Großen Koalition bereits im Koalitionsvertrag vereinbarte Gesetz zur Einführung einer befristeten Teilzeit („Brückenteilzeit“) beschlossen. Am 23. November 2018 wird auch der Bundesrat über das Gesetz beraten und voraussichtlich ohne weitere Einwände verabschieden. Arbeitnehmer erhalten darin ab 1. Januar 2019 ein Recht auf befristete Teilzeit. Sie können hierdurch nicht nur ihre Arbeitszeit reduzieren, sondern auch zu ihrer ursprünglichen Arbeitszeit zurückkehren. Die Eckpunkte dieser Gesetzesänderung und ihre Folgen werden in diesem Newsletter vorgestellt.
I. Bisherige Rechtslage
Nach bisheriger Rechtslage hatten Arbeitnehmer zwar einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit aus § 8 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG); ihnen stand aber kein Rückkehrrecht zur früheren Arbeitszeit zu. Nach § 9 TzBfG war ein Teilzeitbeschäftigter lediglich bei Besetzung eines freien Arbeitsplatzes bei gleicher Eignung bevorzugt zu berücksichtigen. Gab es aber keinen solchen freien Arbeitsplatz, bestand auch kein Anspruch auf Aufstockung der Arbeitszeit. Ein Rückkehrrecht bestand bislang nur nach einer Eltern- oder Pflegezeit.
II. Voraussetzungen des neuen Anspruchs auf Brückenteilzeit
Dies hat sich mit dem neuen Anspruch auf Brückenteilzeit geändert.
Nach dem neuen § 9a TzBfG bestehen für eine solche befristete Teilzeit folgende Voraussetzungen:
- Der Arbeitnehmer muss beim Arbeitgeber mindestens drei Monate vor Beginn der geplanten Brückenteilzeit einen Antrag in Textform unter Angabe des Zeitraums sowie des Umfangs der Verringerung der Arbeitszeit stellen.
- Das Arbeitsverhältnis muss bereits länger als sechs Monate bestehen.
- Die Brückenteilzeit kann nur für mindestens ein Jahr bis höchstens fünf Jahre genommen werden.
- Der Anspruch besteht nur gegen Arbeitgeber mit in der Regel mehr als 45 Arbeitnehmern.
- Das Ende der letzten Brückenteilzeit liegt mindestens ein Jahr zurück.
- Die letzte berechtigte Ablehnung des Arbeitgebers aufgrund entgegenstehender betrieblicher Gründe ist mindestens zwei Jahre her.
- Die letzte berechtigte Ablehnung des Arbeitgebers aus Zumutbarkeitsgründen (§ 9a Abs. 2 S. 2 TzBfG) ist mindestens ein Jahr her.
Dem Arbeitgeber steht nur in zwei Fällen das Recht zu, den Antrag abzulehnen:
Der Arbeitgeber kann die Brückenteilzeit ablehnen, wenn betriebliche Gründe entgegenstehe
- Der Arbeitgeber darf die Brückenteilzeit auch ablehnen, wenn er zwischen 46 und 200 Arbeitnehmer beschäftigt und bereits einer pro angefangene 15 Arbeitnehmer Brückenteilzeit in Anspruch nimmt (Zumutbarkeitsgrenze).
Sind die gesetzlichen Voraussetzungen für die Brückenteilzeit erfüllt und steht dem Arbeitgeber kein Ablehnungsrecht zu, muss er den Teilzeitwunsch mit dem Arbeitnehmer mit dem Ziel erörtern, zu einer Vereinbarung zu gelangen. Spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Teilzeitarbeit hat der Arbeitgeber die Entscheidung schriftlich mitzuteilen, andernfalls gilt die Brückenteilzeit entsprechend dem Antrag als genehmigt.
Im Übrigen entspricht das Verfahren weitestgehend dem zur bisherigen – auch zukünftig weiterhin möglichen – unbefristeten Teilzeit (§ 8 Abs. 2–5 TzBfG).
III. Praktische Auswirkungen
Arbeitgeber sind verpflichtet, ab 1. Januar 2019 das geänderte Gesetz umzusetzen und ihren Arbeitnehmern bei Vorliegen der Voraussetzungen nicht nur den Wunsch nach Reduzierung der Arbeitszeit zu erfüllen, sondern auch eine Rückkehr zu ermöglichen. Zu beachten ist, dass das Verlangen nach Brückenteilzeit unabhängig von Gründen wie Kindererziehung oder Pflege geäußert werden kann. Der Arbeitnehmer muss keine sachlichen Gründe für seinen Wunsch nach Brückenteilzeit nennen.
Dies kann zu erheblichem zusätzlichen organisatorischen Aufwand führen, wenn für die Zeit der befristeten Teilzeit eine ebenfalls in Teilzeit arbeitende Ersatzkraft befristet eingestellt werden oder Arbeitsvolumen umverteilt werden muss. Einzig Kleinunternehmen bis 45 Arbeitnehmer sind von dieser Pflicht ausgenommen; mittelgroße Unternehmen können sich auf die Zumutbarkeitsgrenze berufen, wenn schon eine größere Zahl an Arbeitnehmern die Brückenteilzeit in Anspruch nimmt.
Ob die Zumutbarkeitsregelung in dieser Form verfassungsgemäß ist, muss allerdings bezweifelt werden. Es werden nämlich nur solche Arbeitnehmer eingerechnet, die einen Anspruch auf Brückenteilzeit nach § 9a TzBfG geltend gemacht haben. Dagegen bleiben diejenigen unberücksichtigt, die sich auf Grundlage des § 8 TzBfG oder anderer Spezialgesetze in Teilzeit befinden. Für diese unterschiedliche Behandlung ist kein einleuchtender Grund ersichtlich.
Eine Ablehnung des Teilzeitverlangens aufgrund betrieblicher Gründe ist – wie nach bisheriger Rechtslage – nur schwer möglich. Nach § 8 Abs. 4 TzBfG liegen betriebliche Gründe vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Der denkbare Einwand, dass eine kurzzeitige Überbrückung des Arbeitsausfalls unmöglich ist oder zumindest unverhältnismäßige Kosten verursacht, wird durch eine sehr strenge Rechtsprechung begrenzt. Denn der Arbeitgeber müsste nicht nur ein bestehendes betriebliches Organisationskonzept nachweisen, sondern auch, dass sein Organisationskonzept mit der beantragten Brückenteilzeit unvereinbar ist und dass die Umsetzung der Brückenteilzeit das Organisationskonzept wesentlich beeinträchtigen würde.
Die einmal vereinbarte Verteilung und Lage der Arbeitszeit sowie der Termin zur Rückkehr haben Bestand. Der Arbeitnehmer kann nicht während der Brückenteilzeit verlangen, die Arbeitszeit zu verkürzen bzw. zu verlängern oder einen Termin zur vorzeitigen Rückkehr zur früheren Arbeitszeit gewährt zu bekommen. Dies gewährleistet ein Mindestmaß an Planungssicherheit für betroffene Unternehmen.
Gleichwohl müssen sich Arbeitgeber darauf einrichten, dem Arbeitnehmer zu seinem Rückkehrtermin auch einen Arbeitsplatz anbieten zu können. Es besteht allerdings grundsätzlich kein Anspruch, dass die Beschäftigung mit der veränderten Arbeitszeit auch auf dem gleichen Arbeitsplatz erfolgt. Der Arbeitgeber kann im Rahmen seines arbeitsvertraglichen Direktionsrechts eine gleichwertige Arbeit zuweisen. Es sollte daher bei der Formulierung des Arbeitsvertrags darauf geachtet werden, keine Verengung auf einen bestimmten Ort oder Arbeitsplatz vertraglich festzulegen, sondern eine Umsetzungs- oder Versetzungsklausel aufzunehmen.