I. Einleitung
Dass Arbeitsverträge eine sogenannte Ausschlussfristenregelung enthalten, ist heutzutage üblich. Diese Regelung bestimmt, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer bestimmten Frist (gerichtlich) geltend gemacht werden müssen. Ansonsten verfallen sie. Da aber in solchen Fällen Arbeitgeber und Arbeitnehmer oft vorgerichtliche Verhandlungen führen, um sich zu einigen, stellt sich die Frage, wie sich diese Verhandlungen auf die Ausschlussfrist auswirken. Diese Frage hat das BAG mit Urteil vom 20. Juni 2018 (AZR 262/17) entschieden und erklärt, dass der Zeitraum, währenddessen die Vergleichsverhandlungen andauern, nicht für den Lauf der Ausschlussfrist berücksichtigt wird.
II. Sachverhalt
Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der Kläger war bei dem Beklagten vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Juli 2017 als technischer Sachbearbeiter beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthielt eine Ausschlussfrist, die vorsah, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zunächst innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit schriftlich gegenüber der anderen Seite gemacht werden müssen und bei Ablehnung innerhalb von weiteren drei Monaten ab Zugang der Ablehnung bei Gericht anhängig gemacht werden müssen. Andernfalls verfallen die Ansprüche. Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn wurden dabei aus dem Anwendungsbereich der Klausel nicht herausgenommen.
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses forderte der Kläger von dem Beklagten mit Schreiben vom 14. September 2015 die Abgeltung von 32 Urlaubstagen sowie die Vergütung von 182,25 Überstunden. Am 28. September 2015 lehnte der Beklagte die Ansprüche des Klägers ab. Daraufhin führten die Parteien bis zum 25. November 2015 Vergleichsverhandlungen durch, die aber erfolglos blieben. Sodann erhob der Kläger am 21. Januar 2016 Klage. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Entscheidung des BAG
Das BAG hat beide Entscheidungen aufgehoben und den Rechtsstreit an das LAG zurückgewiesen. Das Gericht hat ausgeführt, dass entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts und des LAG, die Ansprüche des Klägers nicht aufgrund der vertraglichen Ausschlussklausel bereits verfallen seien. Der Beklagte hatte am 28. September 2015 die Ansprüche des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger hat erst am 21. Januar 2016 Klage erhoben. Zu diesem Zeitpunkt war die dreimonatige Frist zur gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis bereits abgelaufen. Das BAG sah die Ausschlussfrist als gewahrt an, da auf Grund der vorherigen Vergleichsverhandlungen die Ausschlussfrist gem. § 203 S. 1 BGB gehemmt wurde. § 203 S. 1 BGB bestimmt, dass die Verjährung gehemmt wird, wenn zwischen den Parteien Verhandlungen stattfinden. Das BAG hat entschieden, dass § 203 S. 1 BGB auch auf arbeitsvertragliche Ausschlussfristen entsprechend anzuwenden ist. § 203 S. 2 BGB, der bestimmt, dass die Verjährung frühestens drei Monate nach Ende der Hemmung eintritt, findet hingegen auf arbeitsvertragliche Ausschlussfristen keine entsprechende Anwendung. Ob die Klausel, auf Grund dessen, dass Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht aus dem Anwendungsbereich herausgenommen wurden, insgesamt unwirksam ist, hat das BAG offen gelassen.
IV. Bedeutung für die Praxis
Die Feststellungen des BAG, wonach § 203 S.1 BGB auch auf arbeitsvertragliche Ausschlussfristen entsprechende Anwendung findet, gibt Arbeitnehmern und Arbeitgebern die Möglichkeit, vorgerichtliche Verhandlungen zu führen, ohne dabei bereits während der noch laufenden Vergleichsbemühungen zur Wahrung der Ausschlussfristen Klage vor dem Arbeitsgericht erheben zu müssen. Gleichwohl sollte der Beginn und der Verlauf der Verhandlungen genau protokolliert werden, um die Hemmung der Ausschlussfrist vor Gericht nachweisen zu können.
Das BAG hat die Frage, ob die Ausschlussklausel insgesamt unwirksam ist, offen gelassen. Diese enthielt nicht den ausdrücklichen Ausschluss der Ansprüche auf Mindestlohn. Gleichwohl sollte bis zur endgültigen Klärung dieser Frage bei der Formulierung der Ausschlussfristen, die Geltung der Fristen für Mindestlohnansprüche ausdrücklich ausgenommen werden.