28. Juli 2025
Seit dem 1. Juni 2025 führt eine Neuerung im Mutterschutzgesetz (MuSchG) dazu, dass Frauen, die ab der 13. Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt erlitten haben, einen Anspruch auf Mutterschutz haben. Es gilt insofern ein mehrwöchiges Beschäftigungsverbot, währenddessen ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld besteht.
Eine solche Regelung war lange gefordert worden: Mütter, die vor der 24. Schwangerschaftswoche ein Kind verloren haben, hatten bislang keinen Anspruch auf Mutterschutz, es gab also weder ein Beschäftigungsverbot noch Mutterschaftsgeld. Außerhalb einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung waren die Mütter bei einer früheren Fehlgeburt schutzlos. Dies wurde aufgrund der psychischen und physischen Folgen einer Fehlgeburt auch vor der 24. Schwangerschaftswoche als nicht mehr zeitgemäß angesehen.
Nach der neuen gesetzlichen Regelung sind die Mutterschutzfristen nun gestaffelt:
Mutterschutz ist der gesetzlich geregelte Zeitraum, in dem werdende und frisch gebackene Mütter besonders vor gesundheitlichen und finanziellen Nachteilen geschützt werden. In der Regel beginnt der Mutterschutz 6 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin und endet in der Regel 8 Wochen nach der Geburt. Bei Frühgeburten, Mehrlingsgeburten oder, wenn sich früh eine Behinderung des Kindes zeigt, endet der Mutterschutz 12 Wochen nach der Geburt.
Während des Mutterschutzes besteht ein Beschäftigungsverbot, d.h. die betroffenen Frauen sind nicht verpflichtet, zu arbeiten. Nur nach einem ausdrücklichen – jederzeit widerruflichen – Verzicht auf das Beschäftigungsverbot können Frauen vor der Geburt freiwillig weiterarbeiten. Das Beschäftigungsverbot nach der Geburt ist absolut, ein Verzicht ist grundsätzlich nicht möglich. Während des Mutterschutzes besteht außerdem Anspruch auf Mutterschaftsgeld gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse, zzgl. des entsprechenden Arbeitgeberzuschusses (bis zum bisherigen Nettogehalt; den Zuschuss kann sich der Arbeitgeber über das Umlageverfahren U2 erstatten lassen). Diese Grundsätze gelten auch für den nun neu eingeführten Mutterschutz nach einer Fehlgeburt.
Die neu geregelten Schutzfristen bei einer Fehlgeburt nach der 12. Schwangerschaftswoche decken sich mit den Zeiträumen des Sonderkündigungsschutzes des § 17 MuSchG. Dort war schon zuvor geregelt, dass Kündigungen gegenüber Frauen, die Fehlgeburten nach der 12. Schwangerschaftswoche erlitten, unzulässig sind.
Ab dem Zeitpunkt der Mitteilung der Schwangerschaft bis 4 Monate nach der Entbindung oder der Fehlgeburt nach der 12. Schwangerschaftswoche ist die Kündigung einer schwangeren Frau oder Mutter unzulässig. Eine Zustimmung zur Kündigung kann bei der zuständigen Behörde beantragt werden, wird aber nur in absoluten Ausnahmefällen (z.B. bei einem besonders schwerwiegenden Fehlverhalten der Frau (wie strafbarem Verhalten im Betrieb) oder nachgewiesener Existenzgefährdung des Arbeitgebers) erteilt. Dem Sonderkündigungsschutz während des Mutterschutzes schließt sich ggf. der Sonderkündigungsschutz während der Elternzeit (§ 18 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz) an, der etwas weniger streng ist.
Der Kündigungsschutz gemäß § 17 MuSchG greift auch, wenn die Schwangere ihren Arbeitgeber erst binnen 2 Wochen nach dem Zugang der Kündigung über die Schwangerschaft informiert.
In diesem Zusammenhang sei eine neuere Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil v. 3. April 2025 – 2 AZR 156/24) erwähnt. Das BAG hat entschieden, dass, wenn eine Arbeitnehmerin schuldlos erst nach Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist des § 4 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) von einer beim Zugang des Kündigungsschreibens bereits bestehenden Schwangerschaft erfährt, die verspätete Kündigungsschutzklage auf Antrag der Frau gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG nachträglich zuzulassen ist. Die Schwangerschaft war im vorliegenden Fall durch eine frauenärztliche Untersuchung erst nach dem Ablauf der Klagefrist festgestellt worden. Zuvor eigens durchgeführte Schwangerschaftstests der Frau ließ das BAG als Nachweis der Schwangerschaft nicht gelten, da ein solcher in der Frühschwangerschaft nicht sicher genug sei. Einen Arzttermin noch vor dem Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist hatte die Schwangere nicht bekommen können, obwohl sie es versucht hatte.
Das BAG hat in dieser Entscheidung auch bestätigt, dass die vorgenommene Auslegung des bestehenden Systems der §§ 4, 5 KSchG und des § 17 Abs. 1 MuSchG den strengen europarechtlichen Vorgaben der Mutterschutz-Richtlinie genügt.
Arbeitgeber sollten die neuen Schutzfristen nach einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche in den üblichen Prozessen berücksichtigen. Das gilt sowohl für die korrekte Anwendung der gestaffelten Beschäftigungsverbote als auch für den Mutterschaftsgeldanspruch und das Kündigungsverbot. Ein Vorteil: Die neuen Schutzzeiten stimmen mit dem Sonderkündigungsschutz nach § 17 MuSchG überein, eine Differenzierung ist nicht erforderlich.