Studie zur Durchführung von Hauptversammlungen im Jahr 2023
Die internationale Wirtschaftskanzlei Taylor Wessing und die international tätige Kommunikationsberatung Edelman Smithfield haben 229 Unternehmen aus dem DAX, MDAX, SDAX sowie dem weiteren Prime Standard zur Durchführung ihrer Hauptversammlungen im Jahr 2023 befragt. Mit 110 teilnehmenden Unternehmen bieten die Ergebnisse der Umfrage einen umfassenden und aussagekräftigen Überblick über die Erfahrungen und Bewertungen der neuen durch das Gesetz zur dauerhaften Einführung der virtuellen Hauptversammlung eröffneten Möglichkeiten zur Umsetzung der Hauptversammlung von börsennotierten Gesellschaften.
Gleichgewicht zwischen virtuellem Format und Präsenzformat
Die Umfrageergebnisse sind repräsentativ für die ausgewogene Verteilung von Hauptversammlungen im virtuellen sowie im Präsenzformat im Jahr 2023, wobei das virtuelle Format im Durchschnitt aller Segmente leicht bevorzugt wurde. Sogar 71 % der teilnehmenden DAX40-Unternehmen bevorzugten das virtuelle Format, während Unternehmen mit einer geringeren Marktkapitalisierung tendenziell zu Präsenzveranstaltungen zurückkehrten. Einzelne Unternehmen, die im Jahr 2023 ihre Hauptversammlung in Präsenz durchgeführt haben, haben möglicherweise zunächst noch abgewartet, wie sich das neue virtuelle Format in dieser Saison bewährt.
Hohe Zufriedenheit mit gewählten Formaten
Die teilnehmenden Unternehmen äußerten überwiegend eine hohe Zufriedenheit mit dem jeweils gewählten Format, wobei das virtuelle Format etwas besser bewertet wurde. Die positiven Rückmeldungen zeigen, dass die virtuelle HV den Praxistest bestanden hat. Die Studienteilnehmer, die eine virtuelle Hauptversammlung durchgeführt haben, bewerten das neue Format eindeutig positiver als die Hauptversammlung in Präsenz und überwiegend auch als dem durch die COVID-19-Notfallgesetzgebung vorgegebenen Format überlegen.
Zukünftige Präferenzen und Unsicherheiten
Etwa 60 % der Unternehmen planen, das im Jahr 2023 gewählte Format beizubehalten, während 30 % noch unentschlossen sind. Unternehmen, die Präsenzveranstaltungen durchgeführt haben, sind eher bereit, das Format zu wechseln (9 %), verglichen mit nur 2 % der Unternehmen, die das virtuelle Format genutzt haben. Die Wechselbereitschaft zur virtuellen Hauptversammlung dürfte sich allerdings noch erhöhen, wenn sich die Akzeptanz des neuen Formats unter Unternehmen, Aktionären und anderen Kapitalmarktteilnehmern verfestigt. Sinkende Kosten für die Durchführung und ein stärkeres Bekenntnis zur Nachhaltigkeit könnten zu diesem Meinungswandel beitragen.
Entscheidungsfaktoren
Die teilnehmenden Unternehmen haben angegeben, welche Faktoren die Entscheidung für das gewählte Format maßgeblich waren: Für die virtuelle Hauptversammlung waren dies zumeist eine grundsätzlich positive Einstellung der Verwaltung gegenüber dem Format, Nachhaltigkeitsüberlegungen und Kostenerwägungen. Für Präsenzveranstaltungen wurden, neben der Einstellung der Verwaltung, die Erwartungen von Investoren, Fondsgesellschaften, Schutzvereinigungen und Proxy Advisors sowie der Aspekt der Prozess- und Rechtssicherheit am häufigsten genannt.
Flexibilität für Aufsichtsratsmitglieder
Nahezu sämtliche Unternehmen ließen in 2023 über Satzungsbestimmungen abstimmen, welche es in der Zukunft ermöglichen, eine virtuelle Hauptversammlung durchzuführen. Über 90 % der teilnehmenden Unternehmen integrierten bei dieser Gelegenheit Regelungen für die Teilnahme der Aufsichtsratsmitglieder an virtuellen Hauptversammlungen in ihre Satzungen. Diese Regelungen ermöglichen es Mitgliedern, die nicht mit der Versammlungsleitung betraut sind, an der Hauptversammlung unter bestimmten Voraussetzungen per Bild- und Tonübertragung teilzunehmen.
Vorsichtiger Umgang mit dem Instrument der Vorabeinreichung von Fragen
Die Möglichkeit, vorzugeben, dass Fragen bei einer virtuellen HV vorab einzureichen waren, wurde von den Unternehmen zurückhaltend eingesetzt. Diejenigen, die diese Option nutzten, berücksichtigten verspätet eingereichte Fragen konsequent nicht. Die Hälfte der teilnehmenden Unternehmen würde auf diese Einschränkung auch in Zukunft wieder zurückgreifen.
Ausblick und weiterer Reformbedarf
„Die Studienergebnisse werfen ein Schlaglicht auf die aktuellen und künftigen Herausforderungen und notwendigen weiteren Anpassungen im Bereich der Hauptversammlung. Ein zentrales Element, das auch durch die Studie als entscheidend für die Wahl des Formats wie auch für die Ausübung der einzelnen Wahlmöglichkeiten zur Durchführung von Hauptversammlungen bestätigt wurde, ist die Prozess- und Rechtssicherheit“, kommentiert Nikolaus Plagemann, Co-Autor der Studie und Salary Partner bei Taylor Wessing, die Umfrageergebnisse. Dr. Sebastian Beyer, ebenfalls Co-Autor und Salary Partner der Kanzlei ergänzt: „Unternehmen suchen nach klaren, verlässlichen Rahmenbedingungen, die es ihnen ermöglichen, sowohl virtuelle als auch Präsenzveranstaltungen effektiv und ohne formale Risiken zu planen und umzusetzen. In diesem Kontext rückt die Notwendigkeit einer Reform des Beschlussmängelrechts wieder in den Vordergrund. Dies sollte der Gesetzgeber berücksichtigen und auch in dieser Hinsicht den deutschen Kapitalmarkt und Wirtschaftsstandort stärken.“
Download der Studie
Im September 2022 hat Taylor Wessing gemeinsam mit Edelman Smithfield eine exklusive Umfrage zur Rezeption und Umsetzung des Gesetzes zur dauerhaften Einführung der virtuellen Hauptversammlung durchgeführt.
Download der 2022 Studie
Corporate/Capital Markets-Praxis bei Taylor Wessing
Die Corporate/Capital Markets-Praxis von Taylor Wessing ist für ihren nachgewiesenen Track Record und ihr starkes und leistungsfähiges Team bekannt. Die Anwältinnen und Anwälte dieser Gruppe beraten laufend Unternehmen und ihre Entscheidungsträger in allen rechtlichen und strategischen Fragen des Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts. Die Beratung bei der Vorbereitung und Durchführung von Hauptversammlungen bildet neben Kapitalmaßnahmen, Börsenzulassungen und öffentlichen Übernahmen einen Schwerpunkt der Beratungspraxis.