29. August 2025
Veröffentlichungsreihe
Die COVID-19-Pandemie hat schonungslos die Schwächen traditioneller Festmietmodelle offengelegt. Starre Vertragsstrukturen boten vielen Vermietern nicht die erhoffte Sicherheit – im Gegenteil: Mietausfälle, Neuverhandlungen und Insolvenzen waren die Folge. Heute erfreuen sich hybride Mietmodelle wachsender Beliebtheit. Sie verbinden feste und variable Komponenten und schaffen so eine ausgewogenere Verteilung von Risiken und Chancen zwischen Vermietern und Betreibern. In diesem Interview erfahren Sie, warum dieses „atmende“ Modell als neuer Branchenstandard gilt, welche Bedeutung Kennzahlen wie das Lease Coverage Ratio haben und wie eine partnerschaftlichere Zusammenarbeit die langfristige Stabilität von Hotelinvestitionen stärkt.
Frage: Für Hotels galt der der klassische Mietvertrag mit einer Festmiete lange Zeit als Stan-dard für sicherheitsorientierte Vermieter. Warum gerät dieses Vertragsmodell zunehmend unter Druck?
Antwort: Dieses Vertragsmodell bot Vermietern über viele Jahre eine scheinbare Sicherheit. Der Vermieter erhält eine kalkulierbare, fixe Rendite und muss sich nicht bzw. kaum um das operative Geschäft, also den Hotelbetrieb, kümmern – das Betreiberrisiko liegt vollständig beim Mieter. Der Hotelbetrieb bzw. die sich hieraus ergebenden Risiken spielen quasi keine Rolle, der Vermieter muss lediglich den pünktlichen Eingang der fest vereinbarten Miete über-wachen. Die COVID-19-Pandemie hat jedoch die praktischen Schwächen dieses Modells auf-gezeigt. Als die Umsätze der Hotelbetreiber über Nacht einbrachen, konnte die Festmiete mit dem Hotelbetrieb nicht mehr erwirtschaftet werden, sie war für viele Mieter nicht mehr tragbar. Die Folge waren Mietausfälle, zähe Nachtragsverhandlungen über die Anpassung der wirt-schaftlichen Konditionen und auch einige Insolvenzen. Kann aber der Mieter die Festmiete nicht erwirtschaften, gehen Zahlungsansprüche des Vermieters früher oder später ins Leere. Es wurde also deutlich, dass ein klassischer Mietvertrag mit einer Festmiete, der die sich aus dem Betrieb des Hotels ergebenden Risiken vollkommen ausblendet, für Vermieter nicht die Sicherheit bietet, die er auf den ersten Blick zu haben scheint.
Frage: Als Reaktion darauf sehen wir immer häufiger sog. hybride Mietverträge. Können Sie dieses Modell erläutern und warum es als „atmendes“ Modell bezeichnet wird?
Antwort: Der hybride Mietvertrag ist bereits seit geraumer Zeit gelebte Praxis und setzt sich zunehmend als Branchenstandard durch, auch weil er die Lehren aus der Krise zieht und das Betriebsrisiko zwischen Vermieter und Mieter in ein ausgewogenes Verhältnis bringt. Er kom-biniert das Beste aus zwei Welten: eine fixe – im Vergleich zu einem klassischen Mietvertrag nur mit einer Festmiete – deutlich niedrigere Mindestmiete, und eine variable, vom Umsatz des Hotels abhängige Umsatzmiete. Anders als bei einem Mietvertrag mit einer rein umsatzabhän-gigen Miete, der das Betreiberrisiko auf die Seite des Vermieters verlagert und daher kaum investmentfähig ist, sichert die vom Mieter in jedem Fall zu zahlende Mindestmiete dem Ver-mieter die Deckung seiner Grundkosten, wie z.B. den Kapitaldienst, Instandhaltungskosten und ggf. nicht umlegbare Nebenkosten, und bietet ihm insoweit ein gewisses Maß an Pla-nungssicherheit. Die Umsatzmiete lässt ihn am Erfolg des Hotels partizipieren. Es handelt sich insofern um ein „atmendes“ Modell, weil es flexibel auf die jeweilige Marktlage reagiert. In wirt-schaftlich schlechten Zeiten wird der Mieter durch eine vergleichsweise niedrige Mindestmiete entlastet, was seine Existenz und den Fortbestand des Hotelbetriebes sichert und somit das Insolvenzrisiko für den Vermieter reduziert. In wirtschaftlich guten Zeiten profitiert der Vermie-ter über die Umsatzmiete, was häufig dazu führt, dass er in Summe mehr Miete erzielt als bei einem klassischen Mietvertrag mit Festmiete. Dieses Vertragsmodell bietet also die Möglich-keit, Risiken und Chancen des Hotelbetriebes zwischen den Parteien fair zu verteilen. Es spie-gelt ein neues Verständnis der Vertragsbeziehung zwischen Vermieter und Mieter wider, weg von einem reinen Mietverhältnis hin zu einer Art Wirtschaftspartnerschaft. Vermieter sind also nicht mehr nur noch „stille“ Vertragspartner, sondern „aktiver“ Überwacher des operativen Ho-telbetriebes. Erkennt ein Vermieter sich aus dem Hotelbetrieb ergebende Risiken, kann er da-rauf frühzeitig reagieren und diese im Idealfall partnerschaftlich mit dem Mieter vermeiden.
Frage: Wenn die Miete variabel wird, wie stellt man bei der Festlegung der Umsatzmiete si-cher, dass der Mietvertrag für beide Seiten fair und nachhaltig bleibt? Welche Rolle spielt dabei die sogenannte Lease Coverage Ratio (LCR)?
Antwort: Bei der Festlegung der Umsatzmiete hat sich die sog. Lease Coverage Ratio, kurz LCR, als ein zentrales Steuerungsinstrument etabliert. Die LCR wird berechnet, indem der jährliche operative Gewinn des Hotels, der Gross Operating Profit (GOP), durch die jährlich geschuldete Miete geteilt wird. Der Wert gibt also an, wie oft der vom Mieter erzielte Gewinn die Miete deckt. Ein Wert von 1,0 würde bedeuten, dass der gesamte operative Gewinn für die Miete verwendet werden muss. In diesem Fall bleibe dem Mieter – z.B. für Investitionen in die Ausstattung (FF&E Rücklage) oder zur Deckung seines unternehmerischen Risikos – nichts übrig. In der Praxis wird ein LCR von mindestens 1,4 als gesund angesehen, da dem Mieter in diesem Fall ausreichend Spielraum für unerwartete Ausgaben oder Einnahmeeinbußen blei-ben. Oberhalb der LCR beginnt somit der Bereich für die Festlegung der Höhe der Umsatzmie-te. Die LCR ist also eine Kennzahl, um die langfristige Tragfähigkeit und somit die Nachhaltig-keit des Hotelbetriebes für beide Seiten zu sichern. Sie ist aber nicht nur Analysewerkzeug, sondern zunehmend Verhandlungsgegenstand, um die Umsatzmiete zu ermitteln und die Partnerschaft fair zu kalibrieren.
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