29. August 2025
Veröffentlichungsreihe
Die Hotelbranche befindet sich im Wandel – Betreiberwechsel, neue Geschäftsmodelle und strategische Neuausrichtungen sind an der Tagesordnung. Dabei entscheidet oft eine einzige Vertragsklausel, wer künftig am Steuer sitzt: die Change-of-Control-Klausel. Sie gibt Immobilieneigentümern ein entscheidendes Mitspracherecht und kann über den Erfolg langfristiger Investments bestimmen. Im Interview erfahren Sie, warum diese Regelung weit mehr ist als juristische Theorie und wie sie in der Praxis gezielt eingesetzt wird, um Werte zu sichern und Risiken zu steuern.
Frage: In der Hotelbranche ist viel von Konsolidierung die Rede. Dabei fällt in jüngerer Vergangenheit immer wieder der Begriff „Change-of-Control-Klausel“. Können Sie zunächst kurz erläutern, was genau sich dahinter verbirgt?
Antwort: Eine Change-of-Control-Klausel, kurz CoC, ist eine vertragliche Regelung, die einer Vertragspartei – in unserem Fall dem Immobilieneigentümer– bestimmte Rechte einräumt, falls sich die Kontrollverhältnisse bei seinem Vertragspartner, dem Hotelmieter, maßgeblich ändern. Ein solcher Kontrollwechsel kann ein klassischer Verkauf der Mehrheit der Gesellschaftsanteile an der Mietergesellschaft sein (Share Deal), aber auch die Übertragung des Hotelmietvertrages auf eine andere Gesellschaft (Asset Deal). Im Kern sichert sich der Hoteleigentümer als Vermieter damit ein Mitspracherecht oder sogar ein Vetorecht, wenn sein ursprünglicher Vertragspartner das Ruder an einen Dritten übergeben will.
Frage: Warum ist eine solche Klausel für einen Vermieter überhaupt erforderlich? Der Mietvertrag läuft doch weiter, und die Miete wird auch weiterhin gezahlt.
Antwort: Juristisch betrachtet ist das richtig, wirtschaftlich kann ein Parteiwechsel aber signifikante Auswirkungen haben. Ein Hotelmietvertrag ist eine langfristige und kapitalintensive Partnerschaft. Als Immobilieneigentümer wähle ich meinen Mieter daher sehr sorgfältig aus. Ich prüfe seine Bonität, seine operative Erfahrung und seine Reputation am Markt. Mein Investment und meine Rendite hängen direkt von der Leistungsfähigkeit dieses spezifischen Partners ab. Die CoC-Klausel ist mein Schutzschild. Sie verhindert, dass ich über Nacht einen neuen, mir unbekannten Vertragspartner bekomme, dessen finanzielle Stärke oder Managementqualität ich nicht einschätzen kann. Es geht darum, dass die Immobilieneigentümer die Kontrolle über ihre Assets behalten und ihr Investment vor einem unerwünschten Partnerwechsel schützen.
Frage: Können Sie das an einem Beispiel aus der Hotelbranche verdeutlichen? Wo wird das praktisch relevant?
Antwort: Ein sehr aktuelles Szenario, das wir in der Praxis immer häufiger sehen, ist die strategische Neuausrichtung großer Markeninhaber. Stellen Sie sich vor, ein bekannter Hotelkonzern, der seine Häuser bisher selbst betrieben hat, entscheidet sich, sein Geschäftsmodell zu ändern. Er möchte sich aus dem operativen Geschäft zurückziehen und die Hotels künftig von einem unabhängigen Betreiber – einem sogenannten White-Label-Operator - im Rahmen eines Franchisemodells führen lassen. Das Problem ist jedoch: Der Konzern ist der Mieter in den bestehenden Mietverträgen. Um seine neue Strategie umzusetzen, muss er diese Mietverträge auf den neuen Betreiber übertragen. Und genau hier wird eine CoC-Klausel zum Zünglein an der Waage.
Frage: Das heißt, der Immobilieneigentümer kann eine solche strategische Neuausrichtung blockieren?
Antwort: Exakt. Wenn der Mietvertrag eine sorgfältig formulierte CoC-Klausel enthält, die eine Vertragsübertragung von der Zustimmung des Immobilieneigentümers abhängig macht, hat der Eigentümer ein klares Vetorecht. Er kann und wird prüfen, ob der vorgeschlagene neue Betreiber seinen Anforderungen an Bonität und Professionalität genügt. Ist er nicht überzeugt, kann er die Zustimmung verweigern. Damit kann ein einziger Immobilieneigentümer mit einem gut verhandelten Vertrag eine großangelegte Transaktion, die ein ganzes Portfolio betrifft, empfindlich stören oder für einzelne Standorte sogar komplett verhindern. Der Markeninhaber kann seine Strategie dann nicht wie geplant umsetzen und ist gezwungen, mit den Eigentümern zu verhandeln. Die Machtverhältnisse verschieben sich klar zugunsten des Eigentümers.
Frage: Welchen Rat geben Sie Immobilieneigentümern für zukünftige Vertragsverhandlungen? Worauf sollten sie achten, um sich wirksam abzusichern?
Antwort: Mein Rat ist eindeutig: Präzision und Individualität sind entscheidend. Man sollte sich nicht auf vage Standardformulierungen verlassen. Eine wirksame Klausel muss klar und unmissverständlich regeln, dass jede Form der Vertragsübertragung oder eines Kontrollwechsels der ausdrücklichen, schriftlichen Zustimmung des Eigentümers bedarf. Eine solche Klausel ist keine juristische Spitzfindigkeit, sondern ein wesentliches strategisches Instrument. Sie sichert den Wert der Immobilie und gibt dem Eigentümer die Kontrolle, die er als Investor benötigt, um sein Vermögen langfristig zu schützen. Und unterschätzen sie nicht den Wert einer guten CoC-Klausel: Wie wir seit der Corona-Krise wissen, sind nicht alle Hotelbetreiber gleichermaßen stark (gewesen). Die zahlreichen Insolvenzen von Betreibern zeugen davon. Die Wahl des richtigen Betreibers ist nach der Lage der Immobilie das zweitwichtigste Kriterium für den Erfolg oder Misserfolg eines Hotelinvestments. Und die CoC-Klausel sichert die ursprüngliche Auswahl des Betreibers ab.
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