Die Krankenhausreform wird teilweise geändert. Die Bundesregierung hat jetzt den mit Spannung erwarteten Referentenentwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Krankenhausreform (Krankenhausreformanpassungsgesetz – KHAG) veröffentlicht.
Mit dem Gesetz sollen verschiedene Anpassungen an dem im Dezember 2024 in Kraft getretenen Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) vorgenommen werden. Inhaltliche Änderungen sind insbesondere im Zusammenhang mit der Zuweisung von Leistungsgruppen vorgesehen; zudem soll die Einführung der Vorhaltevergütung zeitlich um ein Jahr nach hinten verschoben und die Finanzierung des Transformationsfonds auf andere Schultern verlagert werden.
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat den Referentenentwurf am 5. August 2025 an die Bundesländer und die betroffenen Verbände übermittelt, die nunmehr bis zum 21. August 2025 Gelegenheit haben, zu den vorgesehenen Anpassungen Stellung zu nehmen.
Im Einzelnen:
Änderungen bei der Zuweisung von Leistungsgruppen
Mit dem KHVVG hat der Gesetzgeber erstmalig auf Bundesebene für alle Bundesländer einheitlich vorgegeben, dass die Krankenhausplanung anhand vordefinierter Leistungsgruppen mit jeweils konkret zugewiesenen Qualitätskriterien zu erfolgen hat. Dieses Vorgehen wurde im Zusammenhang mit der Erarbeitung und Verabschiedung des KHVVG vielfach scharf kritisiert, weil hierin ein Eingriff in die Planungshoheit der Länder gesehen wurde.
Mit dem KHAG soll die Anzahl der Leistungsgruppen, welche die Basis für die Krankenhausplanung der Länder bilden, reduziert werden. Während das KHVVG eine Planung anhand von insgesamt 65 Leistungsgruppen vorsieht, sollen es nun nur noch 61 Leistungsgruppen sein, bestehend aus den 60 Leistungsgruppen, die auch Nordrhein-Westfalen (NRW) seiner Reform der Krankenhausplanung mit dem Krankenhausplan NRW 2022 zugrunde gelegt hat, zuzüglich der weiteren Leistungsgruppe Spezielle Traumatologie. Damit erfolgt eine stärkere Orientierung an dem Planungsmodell, wie es in NRW als bislang einzigem Bundesland schon umgesetzt worden ist.
Gleichzeitig sieht das KHAG vor, dass in Bundesländern, in denen bis zum Ende des Jahres 2024 bereits Leistungsgruppen zugewiesen worden sind, diese Zuweisungen unabhängig von den Neuregelungen auf Bundesebene bis Ende 2030 Bestand haben sollen und als Basis für die Vergütung der Krankenhäuser auch weiterhin genutzt werden können. Von dieser Regelung profitieren dürfte ausschließlich NRW, das seine jüngst umgesetzte Leistungsgruppensystematik insoweit nicht unmittelbar wieder anpassen muss.
Insgesamt werden mit dem KHAG die Entscheidungsspielräume der Länder bei der Zuweisung von Leistungsgruppen ausgeweitet:
So soll es den Ländern im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen insbesondere möglich sein, einem Krankenhaus eine Leistungsgruppe auch dann zuzuweisen, wenn die Klinik die maßgeblichen Qualitätskriterien nicht erfüllt – und zwar, wenn dies zur Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung zwingend erforderlich ist. Die für die Anerkennung einer solchen Ausnahmeregelung mit dem KHVVG eingeführten verbindlichen Erreichbarkeitsvorgaben sollen künftig entfallen. Vielmehr sollen die Länder über die Erforderlichkeit einer Ausnahmezuweisung eigenständig entscheiden können. Allerdings sind solche Ausnahmen nur dann zulässig, wenn die Erreichung der Qualitätskriterien auch durch Kooperationen und Verbundlösungen nicht sichergestellt werden kann. Entsprechende Ausnahmezuweisungen sind auch weiterhin befristet auf einen Zeitraum von drei Jahren und können nur mit Zustimmung der Landesverbände für weitere drei Jahre verlängert werden.
Auch für Krankenhausstandorte, die vollständig oder teilweise geschlossen werden, soll künftig die Zuweisung einer Leistungsgruppe möglich sein, wenn die Zuweisung für die Umsetzung der Betriebseinstellung erforderlich ist, und zwar auch dann, wenn das Haus die Qualitätskriterien nicht einhält. Im Ergebnis tragen diese Regelungen der Planungshoheit der Länder Rechnung, die nun stärker regionale Besonderheiten berücksichtigen können.
Erleichterungen sieht das KHAG auch in den Qualitätskriterien einzelner Leistungsgruppen vor. Das gilt u. a. für die Einhaltung der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV), die Absenkung des Vollzeitäquivalents auf 38,5 Stunden und geringere Anforderungen bei der personellen Verfügbarkeit und sachlichen Ausstattung in Tages- und Nachtkliniken.
Geändert hat sich außerdem die Frist im Zusammenhang mit der Zuweisung von Leistungsgruppen durch die Länder: War hier zunächst noch der 31. Oktober 2026 vorgeschrieben, haben die Länder nunmehr bis zum 30. September 2027 Zeit, um ihre Leistungsgruppenzuweisungen erstmalig an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) zu melden.
Zeitliche Verschiebung der Vorhaltevergütung
Die Einführung der Vorhaltevergütung wird gegenüber dem im KHVVG vorgesehenen Zeitplan ebenfalls um ein Jahr verschoben: Die Jahre 2026 und 2027 sollen demnach als budgetneutrale Jahre im Hinblick auf die Vorhaltevergütung gelten. Die vorgesehene Konvergenzphase soll in den Jahren 2028 und 2029 stattfinden. Ab dem Jahr 2030 soll die Vorhaltevergütung dann vollständig finanzwirksam sein. Die Verschiebung führt auch dazu, dass die mit dem KHVVG erstmals eingeführten Zuschläge und Förderbeträge, die Erhöhung der bestehenden Zuschläge für die Teilnahme von Krankenhäusern an der Notfallversorgung sowie die Abschaffung der Abschläge für das Unterschreiten der unteren Grenzverweildauer bei Kindern und Jugendlichen ebenfalls um ein Jahr nach hinten verschoben werden. Die für die Jahre 2025 und 2026 weiterhin geltenden Zuschläge für die Pädiatrie und Geburtshilfe werden entsprechend um ein Jahr verlängert.
Neue Finanzierungsstruktur des Transformationsfonds
Das KHVVG sah vor, dass die Mittel für den Transformationsfonds zur Hälfte aus Mitteln der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufgebracht werden sollten und damit aus den Beiträgen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Diese Regelung stieß vielfach auf Kritik. Nunmehr ist vorgesehen, dass der Bund für den Fonds in den Jahren 2026 bis 2035 jährlich einen Betrag von 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellt. Finanziert werden sollen diese Mittel aus dem Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“. So soll die GKV entlastet und eine sichere Finanzierung der Reformmaßnahmen erreicht werden.
Außerdem soll das Antragsverfahren für Fördermittel aus dem Transformationsfonds vereinfacht werden: So soll künftig die bislang bestehende Nachweispflicht der Länder gegenüber dem Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) zum Insolvenzrisiko eines Krankenhauses entfallen, was wiederum dazu führt, dass die Krankenhäuser von der bisher vorgesehenen Pflicht zur Beibringung entsprechender Wirtschaftsprüfertestate befreit sind. Dies soll die Verwaltungsaufgaben der Krankenhäuser reduzieren. Nach Schätzung der Bundesregierung sollen die Kliniken dadurch jährlich etwa 3 Mio. Euro einsparen.
Fazit und Ausblick
Mit dem Entwurf zum KHAG, der über die hier skizzierten wesentlichen Eckpunkte hinaus eine Vielzahl weiterer ins Detail gehender Änderungen vorsieht, ist die Bundesregierung ihrer Ankündigung nachgekommen, die mit dem KHVVG angestoßene Krankenhausreform weiter voranzutreiben und anzupassen. Wie der nun vorliegende Entwurf in der Fachpresse, von Verbänden und insbesondere von den Akteuren im Gesundheitsmarkt aufgenommen wird, bleibt abzuwarten. Spätestens, wenn Ende August die Stellungnahmen der beteiligten Verbände und der Länder vorliegen, wird sich zeigen, inwieweit Änderungen und Anpassungen an dem Entwurf zu erwarten sind und ob es sich um eine Verbesserung oder Verwässerung der Reform handelt.
Der Zeitplan, den Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) angekündigt hat, ist ambitioniert: Demnach soll bereits im September ein Kabinettsentwurf geplant sein, und bis Ende des Jahres 2025 soll der Bundestag über das KHAG abstimmen.
Wir unterstützen Sie gerne bei der Sondierung der zu erwartenden Neuregelungen, deren Auswirkungen auf Ihr Haus und bei der Wahl der bestmöglichen Strategie zur Anpassung an die neue Rechtslage. Sprechen Sie uns gerne an!