Meta – Betreiber insbesondere von Facebook und Instagram – nutzt seit dem 27. Mai 2025 öffentliche Nutzerdaten, um damit seine eigenen Modelle für künstliche Intelligenz (KI) zu trainieren. Die Verbraucherzentrale NRW brachte dagegen insbesondere Datenschutzbedenken vor. Sie wollte Meta daher die Nutzung der Nutzerdaten für das KI-Training mittels einstweiliger Verfügung untersagen.
Das angerufene Oberlandesgericht (OLG) Köln wies den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung bereits am 23. Mai 2025 (TW berichtete) zurück. Nun wurde die Begründung für die Entscheidung veröffentlicht. Die Begründung enthält für alle Unternehmen, die eine KI mit Hilfe von Nutzer- oder Kundendaten trainieren wollen, wichtige Anhaltspunkte für die Rechtmäßigkeitsprüfung.
Rechtlicher Hintergrund
Wer personenbezogene Daten wie etwa Facebook-Posts verarbeitet, benötigt eine Rechtsgrundlage. Eine solche Verarbeitung der Daten liegt auch beim Training einer KI vor. Meta stützt sich für das KI-Training auf sein „berechtigtes Interesse“, nämlich das wirtschaftliche Interesse daran, ein neues KI-Produkt – genauer einen Gesprächsassistenten – zu entwickeln und zu vermarkten.
Gegen diese Einschätzung wendete sich die Verbraucherzentrale NRW. Sie vertrat die Auffassung, dass das berechtigte Interesse hier nicht ausreiche, um die Datenverarbeitung zu rechtfertigen. Darüber hinaus verarbeite Meta auch sog. Gesundheitsdaten beim dem KI-Training, was ohne ausdrücklich Einwilligung unzulässig sei. Ergänzend führte die Verbraucherzentrale noch einen Verstoß gegen den Digital Markets Act an, da Meta in unzulässiger Weise Daten der Nutze zusammenführte.
Das OLG wies die Bedenken der Verbraucherzentrale zurück und gab der rechtlichen Einschätzung von Meta statt.
Das müssen Unternehmen jetzt wissen
Die Entscheidung des OLG bietet Chancen für Unternehmen, die KI-Modelle mit Nutzerdaten trainieren wollen – nicht nur für soziale Netzwerke. Die Entscheidung stärkt die rechtliche Position beim Training von KI-Modellen mit Nutzerdaten.
Insbesondere ist nun gerichtlich festgestellt, dass KI-Training mit Nutzerdaten ein berechtigtes Interesse von Unternehmen sein kann. Insbesondere verweist das Gericht dabei auch auf den AI Act – die zentrale Regulierung von KI in der EU –, der selbst auf die Notwendigkeit hinweist, KI-Modelle mit riesigen Mengen an Daten zu trainieren.
Gleichzeitig erteilt das Urteil keinen „Freifahrtschein“ für das KI-Training. Vielmehr betont das OLG, dass Unternehmen ihr berechtigtes Interesse „hinreichend klar und präzise formulieren“ müssen und dass dieses Interesse real sein muss. Ferner müssen Unternehmen aufzeigen, dass es für die Wahrnehmung des Interesses erforderlich ist, die personenbezogenen Daten zu verarbeiten. Es darf zur Verwendung der Nutzerdaten also keine weniger eingriffsintensiven, gleich geeigneten Alternativen geben. Meta konnte hier z.B. glaubhaft machen, dass sie Alternativen, etwa die Verwendung synthetischer Daten, geprüft haben, diese aber nicht gleich geeignet waren.
Darüber hinaus muss das berechtigte Interesse mit den Interessen der betroffenen Personen abgewogen werden. Meta hat hier verschiedene Maßnahmen ergriffen, um den Schutz der betroffenen Personen zu gewährleisten. So hat Meta die Daten deidentifiziert, also direkte Identifizierungsmerkmale wie Name oder Telefonnummer aus den Daten entfernt und den Betroffenen vor Beginn des KI-Trainings ein effektives Widerspruchsrecht eingeräumt. Darüber hinaus nutzt Meta nur öffentliche Nutzerdaten, Daten also, die ohnehin von jedermann einsetzbar wären. Es wäre daher nicht so schwerwiegend, wenn die KI diese Daten später reproduzieren würde.
Ein weiterer zentraler Punkt war für das OLG, dass die Nutzer jedenfalls ab dem 26. Juni 2024 damit rechnen konnten, dass ihre ab dann eingegebenen Daten für das KI-Training verwendet werden können. Am 26. Juni 2024 informierte Facebook nämlich über die Absicht, die Nutzerdaten auch für KI-Training zu verwenden. Kommt bereits bei der Datenerhebung daher eine Verwendung für ein KI-Training in Betracht, sollten Unternehmen erwägen, die Nutzer darüber ausdrücklich hinzuweisen. Ein allgemeiner Hinweis in der Datenschutzerklärung kann hier hilfreich sein, genügt aber möglicherweise nicht, weil diese Hinweise in der Regel nicht wahrgenommen werden. Letztlich hängt der Grad der Transparenz aber auch davon ab, wofür die KI trainiert wird. So plant Meta etwa das Training eines eigenständigen KI-Modells, das unabhängig von Facebook und Instagram vermarktet wird. Das OLG lässt durchscheinen, dass die Anforderungen an die Transparenz möglicherweise geringer sein können, wenn das Training zur Verbesserung des Produkts dient, für das die Nutzerdaten erhoben werden. Denn hier wäre eher davon auszugehen, dass die Nutzer ohnehin mit dem KI-Training rechnen.
Fazit
Die Entscheidung des OLG Köln zeigt auf, dass die Verwendung von Nutzerdaten für das KI-Training möglich ist, ohne die Einwilligung der Nutzer einholen zu müssen. Es wird aber kein „Freifahrtschein“ erteilt, sondern die Anforderungen der DSGVO müssen im Einzelfall genau geprüft werden.
Wer die Verwendung von Kunden- oder Nutzerdaten für ein KI-Training plant, sollte daher frühzeitig rechtlichen Rat einholen.