Der Wohnungsbau in Deutschland steht still – der neue „Bauturbo“ soll ihn wieder ins Rollen bringen. Mit dem geplanten § 246e BauGB will der Gesetzgeber Genehmigungsverfahren massiv beschleunigen. Ziel: mehr Wohnraum, weniger Bürokratie. Dazu hat die Bundesregierung am 20. Mai 2025 einen Referentenentwurf vorgelegt. Doch was steckt genau dahinter?
Das Kernziel: Schneller und einfacher bauen
Die Gesetzesänderung zielt darauf ab, Planungs- und Genehmigungsprozesse zu verschlanken. Es handelt sich um ein Paket von Maßnahmen, das vor allem auf eine prozedurale Beschleunigung setzt, um die Wohnraumknappheit zu lindern und der Bauwirtschaft unter die Arme zu greifen. Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD) kündigte bereits an, diesen „Bauturbo“ noch vor der Sommerpause in den Bundestag einzubringen.
Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:
Die „Experimentierklausel“ § 246e BauGB – Das Herzstück des Bauturbos:
Befristet bis zum 31. Dezember 2030 soll dieser neue Paragraph weitreichende Abweichungen vom bestehenden Baurecht ermöglichen. Das gilt für Wohnungsbauvorhaben mit mindestens sechs Wohnungen oder wenn neuer Wohnraum im Bestand geschaffen wird. Wichtig dabei: Die jeweilige Gemeinde muss zustimmen. Diese Regelung soll auch im Außenbereich gelten, allerdings nur für Vorhaben, die in einem räumlichen Zusammenhang mit bereits bebauten Gebieten stehen.
Mehr Flexibilität für Bauprojekte (§§ 31 Abs. 3, 34 Abs. 3a BauGB):
Die Möglichkeiten zur Befreiung von Festsetzungen eines Bebauungsplans (§ 31 Abs. 3 BauGB) sollen zugunsten des Wohnungsbaus erweitert werden. Im unbeplanten Innenbereich (§ 34 Abs. 3a BauGB) sollen Abweichungen vom sogenannten Einfügungsgebot erleichtert werden, um beispielsweise Nachverdichtung oder die Bebauung von Grundstücken in „zweiter Reihe“ zu fördern. Auch hier ist die Zustimmung der Gemeinde entscheidend.
Mehr Klarheit beim Lärm – für leichteren Wohnungsbau in lauten Innenstadtlagen:
Lärm soll Wohnungsbau nicht länger ausbremsen. Daher soll gelten: Die TA Lärm wird gesetzlich als Orientierungshilfe anerkannt – auch wenn sie rechtlich nicht bindend ist. Das schafft mehr Planungssicherheit und hilft, Konflikte frühzeitig zu lösen.
Zudem sollen Gemeinden verbindlich Lärmwerte in Bebauungsplänen festlegen dürfen – etwa zu Innenraumpegeln oder Emissionskontingenten. So kann auch in lärmbelasteten oder gemischt genutzten Gebieten rechtssicher und schneller gebaut werden.
Verlängerung bewährter Mieterschutzinstrumente:
Der Schutz von Mietern ist ein wichtiges Thema. Die Möglichkeit für Bundesländer, Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt zu bestimmen (§ 201a BauGB), soll bis Ende 2031 verlängert werden. Auch der Umwandlungsschutz (§ 250 BauGB), der die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in solchen Gebieten erschwert, soll bis Ende 2030 fortgeführt werden.
Herausforderungen und Ausblick
Trotz der positiven Erwartungen gibt es auch Herausforderungen. Die tatsächliche Beschleunigung hängt maßgeblich von der Kooperationsbereitschaft und Zustimmung der Gemeinden ab. Die Befristung des zentralen § 246e BauGB bis Ende 2030 und die geplante Evaluierung bis Ende 2029 schaffen eine gewisse Unsicherheit für langfristige Planungen. Zudem bleibt das Spannungsfeld zwischen der Beschleunigung des Neubaus und der gleichzeitigen Stärkung des Mieterschutzes bestehen. Der Referentenentwurf zum „Bauturbo“ ist ein ambitionierter Versuch, den Wohnungsbau in Deutschland anzukurbeln. Ob die „Brechstange im Baurecht“, wie sie von Bundesbauministerin Verena Hubertz genannt wurde, die erhoffte Wirkung entfaltet, wird die Praxis zeigen müssen.