Franchisegeber und Franchisenehmer, die
- Computer, Notebooks, Tablets, Smartphones, Mobiltelefone
- Geldautomaten, Ticketautomaten und Check-in-Automaten
- Fernsehgeräte mit Internetzugang
- E-Book-Reader
- Router
vertreiben oder auf diese für ihr Geschäftsmodell gegenüber Verbrauchern angewiesen sind, unterliegen ab Juni 2025 neuen Anforderungen an die Barrierefreiheit. Im Wesentlichen müssen die Produkte für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sein.
Dies gilt für alle Produkte (und spezifischen Dienstleistungen), die ab dem 28. Juni 2025 auf den Markt gebracht werden, basierend auf dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), das die Richtlinie (EU) 2019/882 vom 17. April 2019, den sogenannten Europäischen Barrierefreiheitsakt, umsetzt. Auch Franchisesysteme sind betroffen, denn das BFSG fordert alle Unternehmen dazu auf, ihre Geschäftsmodelle entsprechend anzupassen, um das Ziel einer inklusiven Gesellschaft zu erreichen.
Das BFSG gilt zudem für folgende Dienstleistungen:
-
- Telekommunikationsdienste,
- Messenger-Dienste,
- Personenverkehrsdienste (für den Stadt-, Vorort- und Regionalverkehr, nur interaktive Selbstbedienungsterminals),
- Dienste, die auf mobilen Geräten (einschließlich Apps) im interregionalen Personenverkehr angeboten werden,
- Bankdienstleistungen für Verbraucher,
- E-Books und
- Dienstleistungen im elektronischen Verkehr.
Barrierefreiheit als Weg zu neuen Kunden
Nach dem BFSG müssen Produkte, die ein Wirtschaftsakteur auf dem Markt bereitstellt und Dienstleistungen, die er anbietet oder erbringt, barrierefrei, also für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sein.
Dabei gilt das BFSG einerseits für die in § 1 BFSG numerisch aufgezählten Produkte, wobei in Franchisesystemen wie Einzelhandelsgeschäften oder Fast-Food Ketten wie McDonald’s oder Burger King insbesondere Zahlungsterminals nunmehr barrierefrei sein müssen, andererseits – der für Franchisesysteme wichtigste Anwendungsfall – für Dienstleistungen im elektronischen Verkehr. Hierunter fallen sämtliche elektronischen Dienstleistungen, die im Hinblick auf den Abschluss eines Verbrauchervertrags erbracht werden, was den gesamten Online-Handel mit Produkten und Dienstleistungen erfasst.
Auch wenn die Umsetzung des BFSG zunächst eine finanzielle Belastung für die Unternehmen bedeutet, soll sich diese aufgrund der durch die Barrierefreiheit gesteigerten Reichweite an potentiellen Kunden amortisieren können.
Anpassungsbedarf im Franchise – eine Aufgabe für beide Parteien
Franchisegeber und Franchisenehmer, die über eine eigene Website ihre Produkte vertreiben, treffen eine Vielzahl neuer Verpflichtungen, die die Parteien bereits vor Abschluss des Franchisevertrags in diesem selbst, jedenfalls jedoch im Franchisehandbuch regeln sollten.
So muss der Dienstleistungserbringer Informationen über die Funktionsweise der Dienstleistung sowie Identifizierungs-, Authentifizierungs-, Sicherheits- und Zahlungsfunktionen wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust gestalten, wobei alle Informationen grundsätzlich über das „Zwei-Sinne-Prinzip“, also über mehr als einen sensorischen Kanal, zur Verfügung gestellt werden müssen.
Zudem hat der Dienstleistungserbringer zu seiner Dienstleistung in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen („AGB“) oder auf andere deutlich wahrnehmbare Weise anzugeben, wie sie die Barrierefreiheitsanforderungen erfüllt, sodass Franchisegeber und Franchisenehmer sowohl ihre Website als auch ihre AGB in Übereinstimmung mit den Anforderungen des BFSG anzupassen haben.
Die Parteien sollten daher bereits vor Abschluss des Franchisevertrags festlegen
- welche Partei für die Einhaltung der Anforderungen des BFSG verantwortlich ist und
- welche Partei die Kosten für die Umsetzung des BFSG zu tragen hat.
Zudem kann der Franchisegeber die Anforderungen des BFSG in die von ihm ohnehin zu erbringenden Schulungen integrieren.
Verstöße gegen das BFSG
Bei Verstößen drohen Franchisegebern und Franchisenehmern erhebliche Strafen.
- Bei ausgewählten Pflichtverstößen drohen Bußgelder von bis zu EUR 10.000, in schweren Fällen sogar von bis zu EUR 100.000.
- Zudem drohen wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche, denn es liegt nicht fern, in einem Verstoß gegen die Barrierefreiheitsanforderungen gleichzeitig einen Verstoß gegen § 3a UWG zu sehen, da die Pflichten des BFSG Marktverhaltensregelungen darstellen.
Das BFSG: Herausforderung und Chancen
Internationale Franchisegeber sollten auch die Entwicklungen außerhalb Deutschlands genau beobachten, da andere europäische Rechtsordnungen den EAA gegebenenfalls in im Vergleich zum deutschen BFSG geänderter Form umsetzen. Für Franchisegeber, die ihre Geschäftsmodelle an die Herausforderungen des BFSG anpassen wollen, ist eine strategische rechtliche Beratung unerlässlich, um die Risiken der Einhaltung der Vorschriften zu bewältigen, neue Marktchancen zu nutzen und Sanktionen zu entgehen.