24. April 2025
Die Europäische Kommission hat erstmals Geldbußen nach dem Digital Markets Act (DMA) verhängt. Nicht nur wegen der Höhe der Geldbuße (200 Millionen Euro) sondern auch aus datenschutzrechtlicher Perspektive interessant ist dabei das Verfahren gegen Meta. Grundlage ist ein Verstoß gegen den Digital Markets Act (DMA), konkret gegen die Pflicht aus Art. 5 Abs. 2 Satz 1 lit. b DMA, Nutzern eine echte Wahl bei der dienstübergreifenden Zusammenführung ihrer personenbezogenen Daten zu lassen.
Die erste Bußgeldentscheidung verdeutlicht die Durchsetzung datenschutzrechtlicher Prinzipien durch die kartellrechtsnahe Regulierung des DMA. Gleichzeitig weist sie auf die Relevanz der Debatte um „Consent or Pay“-Modelle hin, die grundlegende Wahlfreiheit im Rahmen der DSGVO thematisieren.
Die Europäische Kommission begründet die verhängte Sanktion gegen Meta mit einem Verstoß gegen zentrale Verpflichtungen des Digital Markets Act. Im Kern steht der Vorwurf, Meta missachte Art. 5 Abs. 2 Satz 2 lit. b DMA. Diese Vorschrift adressiert die Praxis der Datenkombination durch Gatekeeper und verlangt, dass Endnutzern eine effektive Wahlmöglichkeit geboten wird. Konkret müssen Gatekeeper sicherstellen, dass Nutzer frei darüber entscheiden können, ob ihre personenbezogenen Daten aus verschiedenen zentralen Plattformdiensten des Gatekeepers (hier z.B. Facebook, Instagram, WhatsApp) oder mit Daten aus Diensten Dritter zusammengeführt werden.
Die Kommission bemängelt, dass Meta dieser Verpflichtung nicht nachkommt. Es fehle an einer hinreichenden Option für Nutzer, die eine Zusammenführung ihrer Daten ablehnen möchten. Der DMA fordert hierfür eine weniger personalisierte, aber als gleichwertig anzusehende Alternative, deren Nutzung nicht von der Zustimmung zur Datenkombination abhängig gemacht werden darf. Die von Meta zwischen Mai und November 2024 implementierten Mechanismen erfüllen aus Sicht der Kommission diese Anforderungen an die Wahlfreiheit nicht.
Diese Auseinandersetzung findet vor dem Hintergrund einer breiteren datenschutzrechtlichen Debatte statt, die durch die Stellungnahme 08/2024 des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA) zu sogenannten „Consent or Pay“-Modellen neue Impulse erhalten hat. Obwohl sich die Stellungnahme nicht spezifisch auf diesen DMA-Fall bezieht, betont sie fundamentale Prinzipien der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Zentral ist die Anforderung, dass eine Einwilligung gemäß Art. 4 Nr. 11 DSGVO „freiwillig“ erfolgen muss. Der EDSA äußert Bedenken, dass die Freiwilligkeit gefährdet sein kann, wenn Nutzern als einzige Alternative zur Zustimmung zur Datenverarbeitung (insbesondere für Zwecke verhaltensbezogener Werbung) nur die Zahlung eines Entgelts angeboten wird, ohne dass eine äquivalente kostenfreie Alternative ohne diese Art der Datenverarbeitung zur Verfügung steht. Die in der Stellungnahme diskutierten Grundsätze zur Wahlfreiheit und Fairness sind auch für die Bewertung von Metas Praktiken unter dem DMA relevant. Der EDSA hebt in diesem Kontext auch die Bedeutung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache C-252/21 (Bundeskartellamt/Meta Platforms u.a.) hervor.
Es ist anzunehmen, dass Meta gegen die Entscheidung vorgehen wird: Meta argumentiert, dass schon sein Modell vor November 2024 „Abonnement für werbefreie Nutzung“ eine rechtlich zulässige Einwilligungsoption nach EU-Recht darstellt und die Anforderungen von Artikel 5 Absatz 2 des DMA erfüllt. Die Wahl zwischen einem kostenpflichtigen Abonnement und kostenfreiem Zugang mit personalisierter Werbung sei ein gängiges Geschäftsmodell. Die nach November 2024 eingeführte Lösung – die von der Kommission weiter untersucht wird – biete die Option weniger personalisierter Werbung Nutzern noch mehr Auswahlmöglichkeiten. Meta ist überzeugt, dass seine Lösungen den EU-Regularien entsprechen, da personalisierte Werbung die Grundlage für ein freies und inklusives Internet sei. Die Gestaltung der Auswahlbildschirme erfolgte in Zusammenarbeit mit europäischen Datenschutzbehörden, wobei Vorgaben wie DSGVO und ePrivacy-Richtlinie berücksichtigt wurden.
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