Co-Autor: Christian Zander
Einleitung
Künstliche Intelligenz (KI) hat sich von einem Zukunftsthema zu einer zentralen Komponente bei der Transformation verschiedener Branchen entwickelt. Auch im Maklervertrieb eröffnet die fortschreitende Digitalisierung durch den Einsatz von KI neue Chancen: Sie ermöglicht Effizienzsteigerungen, eine personalisierte Kundenansprache und innovative Geschäftsmodelle. Gleichzeitig bringt sie aber auch rechtliche Herausforderungen mit sich. Dieser Beitrag fasst die aktuellen Entwicklungen und rechtlichen Risiken von KI im Maklervertrieb zusammen.
Anwendungsmöglichkeiten von KI im Maklervertrieb
Die fortschreitende Digitalisierung in der Versicherungsbranche bietet zahlreiche Möglichkeiten, KI zur Effizienzsteigerung im Arbeitsalltag von Versicherungsmaklern einzusetzen. Bereits heute sind verschiedene KI-Systeme im Einsatz:
- Chatbots und virtuelle Assistenten dienen als erste Anlaufstelle für Kunden. Sie bearbeiten Anfragen automatisiert, beantworten gängige Fragen und können sogar einfache Versicherungsanträge bearbeiten, was zur Entlastung der Mitarbeiter beiträgt.
- Durch den Einsatz von KI-gestützter Vertriebsanalyse können große Mengen an Kundendaten ausgewertet werden, um Muster zu erkennen und Vertriebschancen zu identifizieren. Dadurch werden personalisierte Angebote möglich. Durch Predictive Analytics kann zukünftiges Kundenverhalten abgeleitet und darauf aufbauend gezielte Marketingstrategien entwickelt werden. Zudem ermöglicht der Einsatz automatisierter Underwriting-Systeme eine schnellere Entscheidungsfindung durch die Analyse des Risikos potenzieller Versicherungsnehmer.
- Darüber hinaus erleichtert KI die Verwaltung von Verträgen und Dokumenten, indem sie deren Organisation übernimmt und gesetzliche Anforderungen überwacht. Weitere Anwendungen wie Kundensegmentierung oder Betrugsprävention erweitern das vielseitige Spektrum von KI in der Versicherungswirtschaft".
Rechtliche Herausforderungen
Gleichwohl diese neuen Technologien vielfältige Möglichkeiten bieten, sind sie auch mit einigen rechtlichen Herausforderungen verbunden:
- KI-Verordnung: Am 1. August 2024 trat die Verordnung zur Festlegung harmonisierter Vorschriften für künstliche Intelligenz (KI-Verordnung) als erstes umfassendes Regelwerk für die Regulierung von KI in Kraft. Diese Verordnung legt die Rahmenbedingungen für die Entwicklung, das Inverkehrbringen und die Nutzung von KI-Systemen fest. Ziel ist es, das Vertrauen der Gesellschaft in KI-Systeme zu stärken und ethische Grundprinzipien im Recht zu verankern, ohne den technischen Fortschritt zu behindern.
Dazu werden KI-Systeme nach einem risikobasierten Ansatz in vier Kategorien eingeteilt: unannehmbares, hohes, bestimmtes und minimales Risiko. Systeme mit unannehmbarem Risiko, wie solche zur Manipulation menschlichen Verhaltens oder Social Scoring, sind verboten. Hochrisiko-Systeme, etwa solche, die in sensiblen Bereichen Entscheidungen über Menschen treffen, unterliegen strengen Auflagen. Systeme mit bestimmten Risiken müssen transparent gestaltet sein, damit erkennbar ist, dass sie von einer KI stammen.
Auch für die Versicherungsbranche hat die Verordnung Auswirkungen.
Verbotene Systeme dürften zwar kaum zum Einsatz kommen, einige Systeme könnten aber als Hochrisikosysteme eingestuft werden und müssten dann strenge Anforderungen - etwa an das Risikomanagement und die Datensicherheit - erfüllen.
Der häufigste Fall dürfte jedoch sein, dass KI-Systeme, die im Maklervertrieb eingesetzt werden, als KI-Systeme mit bestimmten Risiken eingestuft werden und Transparenzanforderungen erfüllen müssen. Dazu zählen beispielsweise Chatbots und virtuelle Assistenten, die für die Interaktion mit Menschen entwickelt wurden. Diese KI-Systeme müssen so gestaltet sein, dass die betroffenen Personen darüber informiert werden, dass sie mit einem KI-System interagieren. Wenn das KI-System Texte erzeugt oder manipuliert, muss der Anbieter sicherstellen, dass dies in maschinenlesbarer Form kenntlich gemacht wird. Betreiber solcher KI-Systeme, die Texte erzeugen oder verändern und diese veröffentlichen, um die Öffentlichkeit über wichtige Angelegenheiten zu informieren (z.B. Journalisten, Content Creators oder wissenschaftliche Autoren), sind verpflichtet, darauf hinzuweisen, dass der Text künstlich erzeugt oder manipuliert wurde.
Doch nicht nur die KI-Verordnung, sondern auch andere Regularien müssen beim KI-Einsatz eingehalten werden:
- Datenschutzrecht: KI-Systeme müssen im Einklang mit dem Datenschutz konzipiert werden. Das bedeutet, dass datenschutzrechtliche Grundsätze wie Rechtmäßigkeit, Datensparsamkeit und Zweckbindung auch für KI-Systeme gelten. Insbesondere die Transparenz - konkret die Bereitstellung von Datenschutzhinweisen für die Betroffenen - stellt eine große Herausforderung dar. Dies liegt unter anderem daran, dass bei automatisierten Entscheidungen auch über die involvierte Logik informiert werden muss, was aufgrund der komplexen Funktionsweise und Entscheidungsfindung von KI-Systemen oft schwierig ist. Auch die Wahrung anderer Betroffenenrechte wie Auskunfts- oder Löschungsansprüche kann Betreiber von KI-Systemen vor Probleme stellen. Unternehmen sollten daher sicherstellen, dass ihre KI-Systeme personenbezogene Daten möglichst nur dann verarbeiten, wenn dies unerlässlich ist und zuvor rechtlich geprüft wurde.
- Urheberrecht: Im Zusammenhang mit KI stellen sich auch spezifische urheberrechtliche Fragen. Die rechtliche Einordnung des Schutzes von Input und Output von KI ist komplex. Es ist davon auszugehen, dass KI-generierte Ausgaben keine Urheberrechtsverletzung darstellen, sofern sie einen ausreichenden Abstand zu einem geschützten Werk aufweisen. Eine solche Verletzung könnte jedoch durch die Reproduktion eines urheberrechtlich geschützten Werkes bei der Eingabe entstehen. Fest steht: Urheber kann nur eine natürliche Person sein, nicht die KI selbst.
- Geschäftsgeheimnisschutz: Besondere Vorsicht ist im Umgang mit Geschäftsgeheimnissen geboten. Dazu gehören beispielsweise Kundenlisten, interne Kostenstrukturen oder spezifisches Know-how. Diese Informationen sollten im Idealfall vertraulich behandelt werden und nicht in ein KI-System einfließen - weder als Trainings- noch als Eingabedaten.
Ausblick
Angesichts der rapiden Fortschritte von KI steht die Maklerbranche am Beginn einer neuen Ära. Die Integration von KI-Systemen hat das Potenzial, den Vertrieb grundlegend zu revolutionieren, indem sie mehr Effizienz, personalisierte Dienstleistungen und eine datengestützte Entscheidungsfindung ermöglicht. Dieser Technologiewandel bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich: Die Einhaltung regulatorischer Vorgaben und der Schutz sensibler Daten sind entscheidend für eine nachhaltige Integration von KI in den maklergestützten Vertrieb.