1. Die Klimaschutznovelle 2024
Die Erhaltung des Baumbestandes ist essenziell für den Schutz des Klimas. Aus diesem Grund hat das Land Wien bereits im Jahr 1974 ein Bauschutzgesetz erlassen. Im restlichen Österreich gibt es für die Städte Graz und Salzburg entsprechende Vorschriften. Anlässlich des diesjährigen 50. Jubiläums des Wiener Bauschutzgesetzes sollte dieses mit einer sogenannten Klimaschutznovelle (LGBl 19/2024) an die Herausforderungen des Klimawandels angepasst werden.
Hier die wesentlichen Neuerungen:
2. Anwendungsbereich
Dem Wiener Baumschutzgesetz unterliegen alle Bäume mit einem Stammumfang von mindestens 40 cm (gemessen in 1 m Höhe vom Beginn der Wurzelverzweigung) sowohl auf öffentlichem als auch privatem Grund. Hiervon gibt es jedoch Ausnahmen: Die wichtigsten sind Bäume in Wäldern, Baumschulen und Kleingärten sowie Obstbäume. Um Unklarheiten zu vermeiden, enthält die Novelle nun eine abschließende Aufzählung von Obstbäumen.
3. Erweiterung der bewilligungsfreien Entfernung eines Baumes
Das Entfernen von Bäumen bedarf der behördlichen Bewilligung. Diese darf nur
- bei Erreichen der physiologischen Altersgrenze der Bäume,
- im Interesse der Erhaltung des übrigen wesentlich wertvolleren Bestandes,
- bei Gefährdung von baulichen Anlagen, fremdem Eigentum oder der körperlichen Sicherheit von Personen,
- bei sonstiger Unmöglichkeit der Bebauung eines Bauplatzes nach der im Bebauungsplan ausgewiesenen oder festgesetzten Bauweise,
- bei sonstigen Bauvorhaben, Straßen-, Verkehrs- oder sonstigen Projekten im öffentlichen Interesse, oder
- bei sonstiger Unmöglichkeit des Nachkommens zwingender gesetzlicher Verpflichtungen oder behördlicher Anordnungen
erteilt werden.
Durch die Novelle wurde die Bewilligungsfreiheit ausgedehnt. Sie gilt nun auch auf Bäume invasiver Arten, die auf Grund von Maßnahmen nach dem Wiener Pflanzenschutzgesetz und der Europäischen Verordnung über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten in Verbindung mit dem Wiener Invasive Arten Gesetz (IAG) entfernt werden. Die Entfernung muss dem Magistrat mindestens zwei Wochen vor ihrer Durchführung angezeigt werden. Ob ein Baum entfernt werden muss, ergibt sich beispielsweise aus Managementplänen, die auf Grund der genannten Rechtsvorschriften erstellt werden. In Wien ist dies derzeit nur für den Götterbaum in bestimmten Bereichen der Stadt der Fall.
4. Befristung der Bewilligung der Baumentfernung
Neu ist die Befristung der Bewilligung: Wird die bewilligte Bauentfernung nicht innerhalb von zwei Jahren nach Rechtskraft des Bewilligungsbescheides durchgeführt, erlischt die erteilte Bewilligung. Mit der Novelle soll die gängige Praxis beendet werden, Baumfällungsbewilligungen sozusagen „auf Vorrat zu erlangen“, diese jedoch jahrelang nicht umzusetzen, um sich dadurch Vorteile zu verschaffen: Ist nämlich der zu fällende Baum im Laufe der Zeit gewachsen, wäre bei späterer Antragstellung unmittelbar vor der Fällung möglicherweise eine höhere Zahl von Ersatzbäumen zu pflanzen oder eine höhere Ausgleichsabgabe zu zahlen (siehe unten).
In begründeten Fällen kann der Magistrat im Bewilligungsbescheid auch davon abweichende Fristen festsetzen. Dies soll bei sehr großen, mehrjährigen Projekten der Fall sein, wenn es dem Projektwerber auf Grund der Dimension des Vorhabens nicht möglich ist, alle bewilligten Fällungen innerhalb von zwei Jahren vorzunehmen.
5. Ersatzpflanzungen
Wenn die Entfernung eines Baumes vom Magistrat bewilligt wurde, ist eine Ersatzpflanzung durchzuführen. Durch die Novelle sind von der Behörde als Ersatzpflanzungen nunmehr größere Bäume vorzuschreiben: Pro angefangenen 15 cm Stammumfang des zu entfernenden Baumes ist ein mittel- bis großkroniger Ersatzbaum mit 16 bis 18 cm Stammumfang zu pflanzen. Je nach örtlicher Möglichkeit kann anstelle von jeweils zwei vorzuschreibenden Ersatzbäumen auch die Pflanzung eines mittel- bis großkronigen Ersatzbaumes mit einem Stammumfang von 25 bis 30 cm vorgeschrieben werden.
Ersatzpflanzungen, die nicht auf derselben Grundfläche möglich sind, können nun nicht mehr nur in einem Umkreis von 300 m des zu entfernenden Baumes vorgenommen werden, sondern auch im selben Gemeindebezirk auf eigenem oder fremdem Grund. Bei einer Ersatzpflanzung bis zu 300 m kann dies auch in einem angrenzenden Gemeindebezirk erfolgen.
Erfolgt die Ersatzpflanzung auf fremdem Grund, ist dem Magistrat eine Zustimmungserklärung des Grundeigentümers vorzulegen. In diesem Fall obliegt die Durchführung der Ersatzpflanzung sowie die Erhaltung und Pflege dem zustimmenden Grundeigentümer, der dies auch gegenüber dem Magistrat nachzuweisen hat. Die Verpflichtung wirkt auch für die Rechtsnachfolger des zustimmenden Grundeigentümers.
Die Pflicht zur Ersatzpflanzung gilt erst dann als erfüllt, wenn diese im Zeitraum von zehn Jahren anstatt bisher fünf Jahren hindurch keine Anzeichen von Schädigungen aufweist. Ansonsten ist eine nochmalige Ersatzpflanzung vorzuschreiben.
6. Ausgleichsabgabe und Strafbestimmungen
Wird eine Bewilligung zur Entfernung erteilt, ohne dass die Verpflichtung zur Ersatzpflanzung erfüllt werden kann, so hat die Person, der die Bewilligung erteilt wurde, eine Ausgleichsabgabe zu entrichten. Die Ausgleichsabgabe wurde durch die Novelle deutlich angehoben und wird nun entsprechend dem Verbraucherpreisindex 2020 valorisiert.
Durch die Novelle wurden auch die Geldstrafen empfindlich erhöht. Wer etwa die Erhaltungspflicht verletzt, verbotene Eingriffe setzt, einen Baum bewilligungslos entfernt bzw. entfernen lässt oder eine vorgeschriebene Ersatz- oder Umpflanzung nicht vornimmt oder unmöglich macht, ist mit einer Geldstrafe von EUR 1.000 bis 70.000 zu bestrafen. Bei Uneinbringlichkeit droht eine Ersatzfreiheitsstrafe von bis zu sechs Wochen. Im Falle der Entfernung eines Baumes ohne die erforderliche Bewilligung beginnt die Verjährung nach der Novelle erst mit der Durchführung der erforderlichen Ersatzpflanzung zu laufen.