Autor

Dr. Nicolai Wiegand, LL.M. (NYU)

Partner

Read More
Autor

Dr. Nicolai Wiegand, LL.M. (NYU)

Partner

Read More

11. März 2024

Was lange auf sich warten lässt, … . Die Novellierung der Pkw-EnVKV 2024

  • In-depth analysis

Wie das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) am 23. Februar 2024 mitgeteilt hat, ist die neue Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung („Pkw-EnVKV“) am 22. Februar 2024 verkündet und bereits einen Tag später am 23. Februar in Kraft getreten. Die abrupte Einführung der neuen Pkw-EnVKV kam – vor allem vor dem Hintergrund, dass an der Novellierung seit 2018 „gebastelt“ wird – dann doch überraschend.

Kritisch sind aber vor allem die sehr kurzen Übergangsfristen für die Weiterverwendung von Werbematerial und die sofortige Anwendbarkeit auf neue Werbung:

  • Danach darf Werbung im Internet noch bis zum 1. Mai 2024 nach den bisherigen Anforderungen der Pkw-EnVKV weiter verwendet werden.
  • Für klassische Printwerbung beträgt der Zeitraum der Weiterverwendung bis zum 1. August 2024.
  • Die Hinweise und Aushänge in den Verkaufsräumen der Händler müssen ebenfalls zeitnah bis zum 1. Mai 2024 an die neuen Vorgaben angepasst werden.

Umstritten ist, ob neue Werbung, d.h. Werbung, die erstmals nach dem 22. Februar 2024 verwendet wird, bereits den Anforderungen der neuen Pkw-EnVKV entsprechen muss oder ob hier auch die obigen Umsetzungsfristen Anwendung finden. Das Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz hat sich in einer Handreichung hierzu geäußert: danach sollen die Übergangsfristen nur für bereits „laufende“ Werbung gelten. Neue Werbung muss bereits die Anforderungen der Pkw-EnVKV in der Fassung vom 22. Februar 2024 beachten. Für neue Fahrzeuge gibt es also keine Übergangsfristen. Der bisherige Hinweis und der Aushang können hingegen bis zum 1. Mai weiter verwendet werden.

Inhaltlich hat der Gesetzgeber die lang fällige Novellierung der Pkw-EnVKV dazu genutzt, die Pflichtkennzeichnung umfassend zu überarbeiten, so dass in der Regel sämtliche Hinweise, Aushänge und Werbungen überarbeitet werden müssen.

Zunächst gehören die NEFZ-Werte nun endgültig der Vergangenheit an. Hersteller und Händler dürfen bzw. müssen zukünftig in ihren Verkaufsräumen und in der Werbung ausschließlich die WLTP-Werte verwenden. Inhaltlich wurden die Pflichtangaben erweitert. Hersteller oder ein Händler, die einen neuen Personenkraftwagen ausstellen, ihn zum Kauf, zur Langzeitmiete oder zum Leasing anbieten oder für ihn werben, müssen die nachfolgenden Angaben machen: 

  1. Kraftstoffverbrauch, 
  2. CO2-Emissionen, 
  3. Energiekosten bei 15 000 Kilometer Jahresfahrleistung, 
  4. Höhe der Kraftfahrzeugsteuer, 
  5. mögliche CO2-Kosten über die nächsten zehn Jahre bei 15 000 Kilometer Jahresfahrleistung sowie 
  6. CO2-Klasse.

Für rein elektrisch betriebene Fahrzeuge und für extern aufladbare Hybridelektrofahrzeuge müssen zudem der Stromverbrauch und die elektrische Reichweite des neuen Personenkraftwagens angegeben werden.

Was ist im Einzelfall zu beachten:

Hinweispflichten für Print- und Online-Werbung

Die PkwEnVKV stellt zunächst verschiedene Punkte klar, die in der Vergangenheit Gegenstand von Rechtstreitigkeiten gewesen sind:

Zunächst werden „neue Personenkraftwagen“, definiert werden. Danach ist ein Personenkraftwagen „neu“, der (1) typgenehmigt ist und (2) in dem Zeitpunkt, in dem er vom Hersteller oder Händler angeboten, ausgestellt oder beworben wird, (a) entweder noch nicht länger als acht Monate zur Nutzung im öffentlichen Straßenverkehr zugelassen ist oder (b) einen Kilometerstand von weniger als 1.000 Kilometer aufweist. Achtung: die Rechtsprechung nahm zehn Monate an. Dieser Zeitraum ist nun auf acht Monate verkürzt worden.

Liegen für einen neuen Personenkraftwagen noch keine verbindlichen WLTP-Werte vor, stellt sich in der Vergangenheit die Frage, ob bzw. wie dieses Fahrzeug bereits beworben werden kann. Zukünftig müsse in einer solchen Situation keine Angaben gemacht werden. Hersteller und Händler haben allerdings die Möglichkeit, eine freiwillige Kennzeichnung mit vorläufigen WLTP-Werten vorzunehmen. In diesem Fall muss jedoch klargestellt werden, dass es sich um vorläufige Werte handelt.

Gebrauchte Fahrzeuge sind weiterhin von den Pflichtangaben befreit. Aber auch hier können freiwillige Angaben gemacht werden. Sofern das Pkw Label verwendet wird, muss zusätzlich eine deutliche Markierung mit dem Wort „Gebrauchtwagen“ in der Überschrift eingefügt werden.

Für Werbung ändern sich die Pflichtangaben. Statt dem Kraftstoffverbrauch und den CO2-Emissionen sind zukünftig

  • Der kombinierte Wert für den Energieverbrauch oder bei extern aufladbaren Hybridelektrofahrzeugen der gewichtet kombinierte Wert für den Energieverbrauch
  • der kombinierte Wert für die CO2-Emissionen, oder bei extern aufladbaren Hybridelektrofahrzeugen der gewichtet kombinierte Wert für die CO2-Emissionen, und
  • CO2-Klassen (neu)

anzugeben.

Für extern aufladbarer Hybridelektrofahrzeuge muss zusätzlich der kombinierte Wert für den „Kraftstoffverbrauch bei entladener Batterie“ angegeben werden.

Maßgeblich für die Zuweisung zu einer CO2-Klasse ist der Wert der CO2-Emissionen, der sich aus der Übereinstimmungsbescheinigung dieses Personenkraftwagens ergibt. Das Gewicht darf nicht mehr berücksichtigt werden.

Die Differenzierung nach Verbrauch innerorts und außerorts sowie kombiniert wurde aufgehoben. Im Vergleich zum Referentenentwurf muss die elektrische Reichweite für Elektrofahrzeuge nach § 5 Pkw-EnVKV in der Werbung nicht angegeben.

Unklar ist, ob die Pflichtangaben für Werbung in § 5 Pkw-EnVKV und Anlage 4 abschließend geregelt sind, oder ob die Angaben nach § 1 Abs. 1 PkwEnVKV zusätzlich gemacht werden müssen, nachdem dort ebenfalls von werben gesprochen wird. Hiergegen spricht die Systematik des Gesetzes, wonach die spezifischen Regelungen zur Werbung – wie auch in der Vergangenheit – in § 5 Pkw-EnVKV geregelt sein sollen. Auch aus den Gesetzesmaterialien ist nicht erkennbar, dass der Gesetzesgeber von dieser Regelungssystematik abweichen wollte, insbesondere die Pflichtangaben für Werbung außerhalb von § 5 Pkw-ENVKV regeln wollte.

Die Angaben müssen weiterhin gut lesbar und nicht weniger hervorgehoben als der Hauptteil der Werbebotschaft sein. Die Angaben müssen bereits bei flüchtigem Lesen leicht verständlich sein. Hier hat sich also nichts geändert.

Die Definition von Online-Werbung wird ausdrücklich auf Werbung in sozialen Medien und Online-Videoportalen erweitert, wobei die Verordnung damit nur die aktuelle Rechtsprechung wieder spiegelt.

Erleichtert wird die Online-Werbung insoweit, als der (lange) Hinweis auf den DAT-Leitfaden ersatzlos entfallen ist.

Der Hinweis auf die Verbrauchswerte, Emissionen und CO2-Klassen ist weiterhin in dem Augenblick zu machen, in dem erstmalig Angaben zur Motorisierung gemacht werden.

Besonderheiten bei Online-Verkaufsplattformen

Für Online-Verkaufsplattformen gelten weiterhin zusätzliche Pflichtangaben. Der Hersteller und die Händler müssen die detaillierten Pflichtinformationen des Hinweises, der in einem Showroom am oder zumindest in unmittelbarer Nähe zum ausgestellten Fahrzeug anbracht werden muss, auch im Rahmen einer Online-Verkaufsplattform machen. Das ist stimmig, da der Vertriebskanal keinen Unterschied für den Umfang der Informationspflichten machen kann. Hierfür kann er das Pkw-Label verwendet werden, das der Gesetzgeber in Anlage 1 zur Pkw-EnVKV bereitstellt. Alternativ können die Informationen des Labels auch so in die Verkaufsplattform integriert werden. Lediglich die Fahrzeug-Identifizierungsnummer entfällt, da diese noch nicht bekannt ist. Die Angaben müssen gut lesbar sein. Es ist sicherzustellen, dass die Angaben dem Kunden spätestens in dem Augenblick zur Kenntnis gelangen, in dem er eine Konfiguration eines konkreten Kraftfahrzeugs abgeschlossen hat.

Unklar ist derzeit, ob Car Configuratoren noch unter die Regelung fallen. Der Wortlaut des Gesetzes spricht von „Hersteller oder Händler, [der] zum Zweck des Fernabsatzes Modelle neuer Personenkraftwagen im Internet zum Kauf, zur Langzeitmiete oder zum Leasing anbietet“. Ein bloßer Car Configurator ist noch kein E-Commerce-Geschäft und diesem auch nicht zwingend vorgelagert. Oftmals kann der Kunde sich das Fahrzeug konfigurieren und muss mit der Konfiguration erst noch zum Händler vor Ort geht. Dann liegt aber kein Fernabsatz vor. Bis die Frage geklärt ist, könnte aus Vorsichtsgründen aber das Label oder zumindest die Informationen des Labels angeben werden.

Neu ist geregelt, dass es keinen Verstoß mehr darstellt, wenn die Sichtbarkeit der Pflichtangaben ausschließlich aufgrund der technischen Darstellung der jeweiligen Plattform, auf der geworben wird, und ohne weiteres Zutun des Herstellers oder des Händlers nicht oder nur teilweise gegeben ist. Die Regelung ist dabei als Ausnahmetatbestand eng auszulegen. Entscheidend ist, dass die fehlende oder eingeschränkte Sichtbarkeit der Pflichtangaben ausschließlich auf einer technischen Darstellung beruht, auf die der Hersteller oder die Händler keinerlei Einfluss nehmen können, etwa weil vom Social Media Anbieter in der Mobil-Version ein Teil des Textes abgeschnitten wird und erst nach dem Button „Mehr anzeigen“ erscheint. Für das Eingreifen dieser Ausnahme genügt es aber nicht, dass eine Plattform kein Textfeld für die Pflichtangaben bereitstellt oder eine Zeichenbeschränkung besteht und deswegen erst gar keine Pflichtangaben seitens des Herstellers oder Händlers gemacht werden.

Mehr Transparenz auch bei ausgestellten Fahrzeugen erforderlich

Wer neue Personenkraftwagen ausstellt (z.B. Messe) oder zum Kauf oder Leasing anbietet (Showroom), treffen – wie schon bisher – Hinweispflichten am Verkaufsort. Zunächst muss ein Hinweis in Gestalt eines vom Gesetzgeber konkret vorgegebenen Label am oder zumindest in unmittelbarer Nähe zum ausgestellten Fahrzeug angebracht werden. Der Inhalt des Labels hat sich geändert. Neben den neuen Energieträgern, den Energiekosten und der Reichweite bei Elektrofahrzeugen hat sich auch die Aufteilung von innerorts und außerorts in innerstädtisch, Stadtrand, Landstraße und Autobahn geändert, was der WLTP-Prüfphasen „Niedrig/Mittel/Hoch/Höchstwert“ entspricht.

Für jede Antriebsart gibt es ein extra Label.

Zusätzlich zu dem Hinweis muss am Verkaufsort ein Aushang deutlich sichtbar angebracht werden, der die Werte – soweit jeweils einschlägig – des Energieverbrauchs, der CO2-Emissionen, der elektrischen Reichweite, der CO2-Klassen aller Modelle neuer Personenkraftwagen enthält, die am Verkaufsort ausgestellt oder am Verkaufsort oder über diesen Verkaufsort zum Kauf, Langzeitmiete oder Leasing angeboten werden.

Grundsätzlich besteht für den Händler die Pflicht, auch neu angelieferte Personenkraftwagen unverzüglich zu kennzeichnen. Es gibt eine Ausnahme für solche neuen Personenkraftwagen, die erst vor kurzer Zeit am Verkaufsort angeliefert wurden. Es muss aber für einen Dritten unmissverständlich klar sein, dass der Personenkraftwagen gerade erst neu angeliefert wurde, z.B. weil er noch mit Schutzfolie beklebt ist.

Von der Kennzeichnungspflicht sind auch solche neuen Personenkraftwagen befreit, die erkennbar nur vorübergehend am Verkaufsort zur Auslieferung an den Käufer, den Mieter oder den Leasingnehmer bereitstehen. Für die Erkennbarkeit kommt es beispielsweise darauf an, dass das Fahrzeug bereits auf den Käufer oder Leasingnehmer zugelassen und daher mit einem Nummernschild versehen ist, es auf einem Platz steht, der für zur Abholung stehenden Fahrzeugen vorbehalten ist oder dass das Fahrzeug verhüllt ist. Es genügt aber auch ein (wahrheitsgemäßes) Schild, dass das Fahrzeug zur Abholung bereitsteht. Die Ausnahme gilt nur für einen vorübergehenden Zeitraum, der einen Werktag nicht überschreiten sollte.

Aufgrund der kurzen bis gar nicht vorhandenen Übergangsfristen ist eine zeitnahe Auseinandersetzung mit den geänderten Vorschriften für die betroffenen Kreisen unabdingbar.

Zum Download (pdf)

Call To Action Arrow Image

Newsletter-Anmeldung

Wählen Sie aus unserem Angebot Ihre Interessen aus!

Jetzt abonnieren
Jetzt abonnieren