Autor

Dr. Jonas Woitzyk, LL.M. (Auckland)

Salary Partner

Read More
Autor

Dr. Jonas Woitzyk, LL.M. (Auckland)

Salary Partner

Read More

13. September 2022

Einigung über CSRD: Neue Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit

  • Briefing

50.000 Unternehmen müssen künftig über ihre Nachhaltigkeitsbemühungen berichten. 

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in der Zeitschrift „Der Betrieb“, Heft 36/2022.

ESG (Environmental, Social & Governance) und Nachhaltigkeit sind im Jahr 2022 in aller Munde. Darauf bezogene Berichtspflichten treffen bisher jedoch erst wenige Unternehmen. Mit der neuen EU-RL hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) werden sie nun erheblich ausgeweitet.

Überblick

2014 trat die Non-Financial Reporting Directive (NFRD) in Kraft, auf deren Grundlage das deutsche CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) erstmalig bestimmte Unternehmen verpflichtete, über Nachhaltigkeitsaspekte öffentlich zu berichten. Diese Regeln werden nun grundlegend durch die neue Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) geändert. Auf die Inhalte dieser Richtlinie haben sich EU-Kommission, Parlament und Rat kürzlich im Trilog-Verfahren geeinigt. Entsprechend steht eine Anpassung des deutschen Rechts bevor. Bereits die Namensgebung der neuen Richtlinie deutet an, dass die Nachhaltigkeitsberichterstattung der Unternehmen zu einem Kernthema der Unternehmenskommunikation wird und zukünftig auf Augenhöhe mit der Finanzberichterstattung steht.

Anwendungsbereich

Der Anwendungsbereich der Berichtspflichten wird deutlich ausgeweitet. Während die bisherige NFRD europaweit ca. 11.000 Unternehmen und deutschlandweit nur ca. 550 betraf, werden die Regelungen der neuen CSRD ungefähr 50.000 Unternehmen in Europa erfassen, davon mehr als 15.000 in Deutschland. Die Einführung der CSRD erfolgt in vier Schritten, um den Unternehmen eine ausreichende Vorbereitungszeit einzuräumen:

  1. Unternehmen, die bereits im Sinne der bisherigen NFRD berichtspflichtig sind, müssen in ihren ab Januar 2025 veröffentlichten Lageberichten zum Geschäftsjahr 2024 die neuen Vorgaben der CSRD umsetzen. Dieses betrifft daher zunächst nur große Unternehmen von öffentlichem Interesse, also kapitalmarktorientierte Unternehmen, Finanzdienstleister und Versicherungen mit mehr als 500 Mitarbeitern und entweder einer Bilanzsumme von über 20 Mio. € oder einem Nettoumsatzerlös von über 40 Mio. €.
  2. Ab Januar 2026 müssen die veröffentlichten Lageberichte zum Geschäftsjahr 2025 von allen Unternehmen nach Maßgabe der CSRD verfasst werden, die in der Bilanzrichtlinie (2013/34/EU) als große Unternehmen qualifiziert werden. Große Unternehmen sind alle Kapitalgesellschaften, die mindestens zwei der folgenden drei Merkmale erfüllen: Bilanzsumme über 20 Mio. €, Nettoumsatzerlös über 40 Mio. € oder mehr als 250 Mitarbeiter.
  3. Der nächste Einführungsschritt der CSRD erfasst alle börsennotierten kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), sowie kleine und nicht-komplexe Kreditinstitute und firmeneigene Versicherungsunternehmen. Kleine Unternehmen im Sinne der Bilanzrichtlinie sind Unternehmen, die mindestens zwei der drei folgenden Größenmerkmale nicht überschreiten: Bilanzsumme 4 Mio. €, Nettoumsatzerlös 8 Mio. €, durchschnittliche Beschäftigtenzahl 50; mittlere Unternehmen sind solche, bei denen es sich weder um Kleinst- oder kleine Unternehmen noch um große handelt. Diese Unternehmen müssen ab Januar 2027 ihre Lageberichte zum Geschäftsjahr 2026 unter Beachtung der CSRD veröffentlichen. Für KMU ist dabei allerdings eine Opt-Out-Klausel vorgesehen, nach der sie bis 2028 von der Anwendung der Richtlinie ausgenommen sind, soweit sie in ihrem Lagebericht erklären, weshalb die erforderlichen Informationen noch nicht vorliegen.
  4. Ab Januar 2029 müssen dann auch Nicht-EU-Unternehmen ihre Lageberichte zum Geschäftsjahr 2028 im Einklang mit der CSRD veröffentlichen. Dieses gilt für alle nichteuropäischen Unternehmen, die in der EU einen Umsatz von mehr als 150 Mio. € erzielen und mindestens eine Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung in der EU haben.

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung wird zu einem Kernthema der Unternehmenskommunikation und steht auf Augenhöhe mit der Finanzberichterstattung.

Inhalt der Berichterstattung

Die betroffenen Unternehmen werden verpflichtet, aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu den Aspekten Umwelt, Soziales und Governance zu berichten. Die notwendigen Informationen beziehen sich z.B. auf Angaben:

  • wie das Unternehmen den nachhaltigkeitsrelevanten Auswirkungen seiner Tätigkeiten in seinem Geschäftsmodell und seiner Strategie Rechnung trägt,
  • welche Nachhaltigkeitsziele es sich setzt und welche Fortschritte es bei der Umsetzung erzielt hat,
  • Beschreibung der Rolle und Expertise der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten und ob diesbezüglich ein Anreizsystem vorhanden ist,
  • zu den wichtigsten tatsächlichen oder potenziellen negativen Auswirkungen, die mit der Geschäftstätigkeit und Wertschöpfungskette des Unternehmens einhergehen, inklusive seiner Produkte und Dienstleistungen, seiner Geschäftsbeziehungen und Lieferketten und
  • wie das Unternehmen beabsichtigt sicherzustellen, dass sein Geschäftsmodell und seine Strategie mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5°C im Einklang mit dem Übereinkommen von Paris und dem Ziel der Klimaneutralität bis
    2050 nach dem Europäischen Klimagesetz vereinbar sind.

Unternehmen haben dabei insbesondere das Prinzip der doppelten Wesentlichkeit zu beachten: Sie müssen zum einen die Auswirkungen ihrer eigenen ökonomischen Tätigkeit auf Umwelt und Menschen berücksichtigen, zum anderen aber auch die Auswirkungen von Umweltveränderungen auf ihr Unternehmen verdeutlichen.

Mit dem Ziel einer besseren Vergleichbarkeit dieser Informationen zwischen den Unternehmen müssen die Berichte zukünftig nach einheitlichen EU-Standards erstellt werden, die derzeit von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) erarbeitet werden.


Standort und Prüfung der Berichte

Die geforderten Angaben sollen in Zukunft stets in einem separaten Abschnitt des Lageberichts enthalten sein. Damit wird die Nachhaltigkeitsberichterstattung im Lagebericht dann auch prüfpflichtig. Die Prüfung, zunächst mit begrenzter Sicherheit (limited assurance), erfolgt durch den Abschlussprüfer, einen anderen Wirtschaftsprüfer oder einen unabhängigen Erbringer von Bestätigungsleistungen.


Ausblick

EU-Parlament und Rat müssen den Richtlinientext, auf den sie sich nun geeinigt haben, noch formal annehmen. Im Anschluss müssen die Mitgliedstaaten die Bestimmungen der Richtlinie in nationales Recht umsetzen.

Für die nächsten Berichtsjahre gilt zunächst weiterhin das CSR-RUG mit seinem begrenzten Anwendungsbereich. Ab Januar 2025 müssen die ersten Unternehmen dann nach Maßgabe der CSRD über das Berichtsjahr 2024 informieren und die Inhalte in ein gesondertes Kapitel des Lageberichts überführen.

Für nicht börsennotierte KMU ergeben sich vorläufig keine neuen Pflichten. Jedoch werden auch diese Unternehmen aufgrund ihrer Stellung als Geschäftspartner in der Finanz- und Dienstleistungskette von berichtspflichtigen Unternehmen zunehmend mit deren Nachhaltigkeitsanforderungen konfrontiert. Die Markterwartung wird zukünftig viele KMU veranlassen, Daten zu den CSRD-Vorgaben an ihre Geschäftspartner liefern zu können, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Call To Action Arrow Image

Newsletter-Anmeldung

Wählen Sie aus unserem Angebot Ihre Interessen aus!

Jetzt abonnieren
Jetzt abonnieren

Related Insights

Corporate Crime & Compliance

Inside ESG & Compliance – Deutschland ist Registerweltmeister

23. September 2021
Briefing

von mehreren Autoren

Klicken Sie hier für Details