Autor

Dr. Larissa Burger

Associate

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9. Juni 2022

Keine wirksame Befristung eines Arbeitsvertrags bei eingescannter oder elektronischer Unterschrift

  • Briefing

Die Befristung eines Arbeitsvertrags bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Eine elektronische oder eingescannte Unterschrift reicht hierfür nicht aus. Der Arbeitsvertrag gilt in diesen Fällen als auf unbestimmte Zeit geschlossen, wie das Arbeitsgericht Berlin (Urt. v. 28. September 2021 – 36 Ca 15296/20) und das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urt. v. 16. März 2022 – 23 Sa 1133/21) kürzlich bestätigt haben. Arbeitgebern zeigen die Entscheidungen erneut auf, von welcher Bedeutung das Verständnis der Formvorschriften beim Abschluss befristeter Arbeitsverträge ist.

Das Schriftformerfordernis beim Abschluss befristeter Arbeitsverträge

Die wirksame Befristung eines Arbeitsvertrags setzt voraus, dass die Befristungsabrede schriftlich geschlossen wird (§ 14 Abs. 4 TzBfG). Das Schriftformerfordernis erstreckt sich dabei sowohl auf den Abschluss sowie auch auf eine etwaige Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags. Die Schriftform ist in den allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs definiert und fordert, dass die Vertragsurkunde grundsätzlich von beiden Vertragsparteien eigenhändig durch Namensunterschrift unterschrieben wird (§ 126 BGB), noch bevor das Arbeitsverhältnis beginnt und die Tätigkeit aufgenommen wird. An die Stelle der Schriftform kann gemäß § 126a BGB grundsätzlich die elektronische Form mittels sog. qualifizierter elektronischer Signatur („QES“) treten. Ob auch die Befristung eines Arbeitsvertrags mittels QES erfolgen kann, ist umstritten und von der Rechtsprechung bislang nicht entschieden. Wird die erforderliche Schriftform nicht gewahrt, gilt der Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen (§ 16 TzBfG). Geht der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrags gerichtlich gegen die Befristung vor, kann das Arbeitsgericht feststellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht auf Grund der Befristung beendet ist.

Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin (28. September 2021)

In einer Entscheidung vom 28. September 2021 beschäftigte sich das Arbeitsgericht Berlin mit Fragen des Schriftformerfordernisses beim Abschluss befristeter Arbeitsverträge mit Blick auf ein Softwaretool zu Vertragsunterzeichnung. Im zugrundeliegenden Fall schloss der Kläger mit der Beklagten einen zeitlich befristeten Arbeitsvertrag. Dieser Vertrag wurde von den Parteien nicht durch eigenhändige Unterschrift, sondern durch elektronische Signatur unterzeichnet. Die Parteien verwendeten dabei das Softwaretool „e-Sign“.

Das Arbeitsgericht Berlin ließ in seiner Entscheidung ausdrücklich offen, ob eine Befristung wirksam mittels qualifizierter elektronischer Signatur erfolgen kann. Die von den Parteien verwendete elektronische Form erfüllte nach Ansicht des Gerichts jedenfalls nicht die Voraussetzungen einer solchen QES, womit die Frage durch das Arbeitsgericht nicht zu entscheiden war. Hinsichtlich des von der Beklagten genutzten Tools „e-Sign“ fehlte es an der für die Anerkennung einer QES erforderlichen Zertifizierung durch die Bundesnetzagentur, so das Arbeitsgericht. Entsprechend erachtete das Gericht die Befristung mangels Einhaltung der Schriftform für unwirksam, mit der Folge, dass ein auf unbestimmte Zeit geschlossener Arbeitsvertrag bestand.

Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg (16. März 2022)

In dem der Entscheidung des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zugrundeliegenden Fall war die Klägerin auf Grundlage von insgesamt 26 kurzzeitig befristeten Arbeitsverträgen bei der beklagten Arbeitgeberin als Verleiherin im Rahmen von Arbeitnehmerüberlassungsverträgen beschäftigt worden. Die Klägerin erhielt hierzu jeweils einen befristeten Arbeitsvertrag, der eine eingescannte Unterschrift des Geschäftsführers der Beklagten enthielt. Die Klägerin sandte den Vertrag nach eigener Unterzeichnung im Original per Post an die Beklagte zurück. Mit ihrer Klage machte die Klägerin die Unwirksamkeit der zuletzt vereinbarten Befristung mangels Wahrung der Schriftform geltend.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gab der Klage – wie in der Vorinstanz bereits das Arbeitsgericht – statt. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin sei mangels formwirksamer schriftlicher Befristung nicht mit Ablauf der vereinbarten Frist beendet worden. Eine eingescannte Unterschrift erfülle nicht die Anforderungen an eine wirksame Befristung, auch nicht, wenn der Arbeitsvertrag bloß für wenige Tage geschlossen wird. Eine eingescannte Unterschrift stelle keine eigenhändig unterzeichnete Signatur dar. Eine eigenhändige Unterschrift müsse vom Aussteller selbst geleistet sein, weshalb jede Form der mechanischen Vervielfältigung ausgeschlossen sei. Auch genüge eine eingescannte Unterschrift nicht den Anforderungen an eine QES. Schließlich habe sich die Klägerin mit ihrer Klage entgegen der Ansicht der Beklagten nicht deshalb rechtsmissbräuchlich verhalten, weil sie die Praxis der Beklagten in der Vergangenheit beanstandungslos hingenommen hatte. Ein etwaiges, dadurch entstandenes Vertrauen der Beklagten in eine nicht rechtskonforme Praxis sei rechtlich nicht schützenswert, stellte das Gericht klar.

Praxishinweis

Auch wenn die Entscheidungen zu keinen überraschenden Ergebnissen führten, verdeutlichen sie einmal mehr, von welcher Bedeutung das konkrete Verständnis des Schriftformerfodernisses beim Abschluss befristeter Arbeitsverträge ist. Zwar mag die eigenhändige Unterzeichnung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer, insbesondere für ausländische Unternehmen, zeit- und kostenaufwendig sein. Dennoch liegt nach dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung darin der einzig rechtssichere Weg, um formunwirksame Befristungen und damit unbeabsichtigt unbefristete Arbeitsverträge vorzubeugen. Die Nutzung eines zur Vertragsunterzeichnung am Markt angebotenen Softwaretools allein bietet Arbeitgebern dabei keine Sicherheit, wie die Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin verdeutlichte. Bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung ist gleichsam von einer Befristung mittels qualifizierter elektronischer Signatur abzuraten. Ferner ist darauf zu achten, dass die eigenhändige Unterzeichnung noch vor Vertragsbeginn und Aufnahme der Arbeitstätigkeit erfolgt. Eine etwaige spätere, eigenhändige Unterzeichnung kann der unwirksamen Befristung nicht mehr zur Wirksamkeit verhelfen.

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