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7. April 2021

Newsletter Marke – Design – Wettbewerb April 2021 – 3 von 4 Insights

§ 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG n.F. – Was bleibt denn nun vom „fliegenden Gerichtsstand“?

  • Briefing

Am 2.Dezember 2020 trat das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs in Kraft. Das Landgericht und das Oberlandesgericht in Düsseldorf haben nun bereits erste Entscheidungen zur Auslegung des neuen § 14 Abs. 2 UWG und damit zur Frage erlassen, für welche Streitigkeiten weiterhin der sogenannte „fliegende Gerichtsstand“ gilt.

Fall:

Zwei Wettbewerber aus dem Telekommunikationsbereich stritten in einem einstweiligen Verfügungsverfahren über die Rechtmäßigkeit von vermeintlich irreführenden Werbeaussagen. Die Werbeaussagen waren über verschiedene Kanäle (TV-Werbespot, Webseite, YouTube-Spot und Printanzeige) verbreitet worden. Das angerufene Landgericht Düsseldorf (8. Kammer für Handelssachen) hatte seine Zuständigkeit für alle Kanäle einschließlich der Telemedien bejaht, obwohl die Antragsgegnerin ihren Sitz nicht im Gerichtsbezirk Düsseldorf hat (Beschluss vom 15.01.2021, Az. 38 O 3/21)

Dem ist das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem ausführlichen Obiter Dictum entschieden entgegengetreten (Beschluss v. 16.02.2021, Az. 20 W 11/21).

Der sogenannte fliegende Gerichtsstand ermöglicht es Antragstellern (bzw. Klägern), sich unter allen Tatortgerichten ein ihnen liebsames Gericht auszusuchen. Erklärtes Ziel des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs vom 26. November 2020 war die effektive Verhinderung von Abmahnmissbräuchen. Als ein Ansatzpunkt zur Erreichung dieses Ziels war dabei der fliegende Gerichtsstand ausgemacht worden. Angedacht war zunächst eine vollständige Abschaffung (zugunsten des allgemeinen Gerichtsstandes) gewesen, letztlich ist es bei einer Einschränkung geblieben. Der Gerichtsstand des Begehungsortes findet gemäß § 14 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 UWG n.F. für Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien keine Anwendung mehr (es sei denn, der Beklagte hat im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand). Die Reichweite dieser Einschränkung ist heftig umstritten und wird die Gerichte noch einige Zeit beschäftigen.

Das Landgericht hatte die Vorschrift einschränkend ausgelegt und darauf abgestellt, dass von der neuen Einschränkung nicht „jegliches unlautere Handeln im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien“ erfasst sein solle, sondern nur „solche Zuwiderhandlungen, bei denen der geltend gemachte Rechtsverstoß tatbestandlich an ein Handeln im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien anknüpft.“ Dem Sinn und Zweck der Vorschrift nach solle der fliegende Gerichtsstand nur für die im Zusammenhang mit missbräuchlichen Abmahnungen als besonders anfällig angesehenen Verstöße eingeschränkt werden. Das seien aus Sicht des Gesetzgebers nur Verstöße gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten. Eine Ausweitung auf alle Verstöße im elektronischen Geschäftsverkehr und in Telemedien führe zu unzweckmäßigen Ergebnissen.

Das Oberlandesgericht stellt hingegen klar, dass weder der Wortlaut noch die Systematik der neuen Regelung die vom Landgericht vorgenommene Einschränkung der Vorschrift hergäben. Der Gesetzgeber habe in Kenntnis der Diskussionen um die Begrenzung des „fliegenden Gerichtsstandes“ (und daher „bewusst“) keine Einschränkung bei der Formulierung von § 14 Abs. 2 UWG n.F. vorgenommen.

Die 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf hat ihre Auffassung mittlerweile in einem weiteren Fall bestätigt (Beschluss vom 26.02.2021, Az. 38 O 19/21).

Praxishinweis:

Die (einschränkende) Sichtweise des Landgerichts hatte in der Praxis Zustimmung erfahren. Das Oberlandesgericht teilt diese Auffassung nicht. Will man sich bei der Verfolgung „digitaler“ UWG-Verstöße nicht an das Gericht wenden, an dem der Antragsgegner/Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, und ruft ein Tatortgericht an, begibt man sich derzeit ins Ungewisse. Für Beklagte ist zu beachten, dass die fehlende Zuständigkeit des Tatortgerichts in jedem Fall ausdrücklich gerügt werden muss, da das angerufene Gericht ansonsten wegen rügeloser Verhandlung zu Sache zuständig wird.
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