Der Bundesgerichtshof kam zum Ergebnis, dass Einrede der Schiedsvereinbarung unbegründet sei, weil die Parteien keine wirksame Schiedsvereinbarung getroffen hatten. Ausgangspunkt der Prüfung ist das
Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (New Yorker Abkommen). Dieses Abkommen regelt die Voraussetzungen, unter denen die Mitgliedsstaaten wechselseitig Schiedssprüche anerkennen und für vollstreckbar erklären; zu diesen Voraussetzungen zählt auch eine (form)wirksam getroffene Schiedsvereinbarung. Zur Anwendbarkeit des New Yorker Abkommens führt der Bundesgerichtshof aus:
Erhebt in einem Verfahren vor einem staatlichen Gericht eines Vertragsstaats eine der Parteien die Schiedseinrede, so hat das angerufene Gericht Art. II UNÜ zu beachten, wenn die Schiedsvereinbarung der Parteien aus seiner Sicht zu einem ausländischen Schiedsspruch im Sinne von Art. I UNÜ führen könnte (..). Steht der Schiedsort noch nicht fest, reicht allein die Möglichkeit eines ausländischen Schiedsspruchs aus (…). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die streitige Schiedsklausel in Art.16 der NVS-Bedingungen kann zu einem niederländischen Schiedsspruch führen.
Im ersten Schritt prüft der Bundesgerichtshof, ob das Schriftformerfordernis des Art. II Abs. 2 UNÜ erfüllt ist, das eine „schriftliche Vereinbarung“ verlangt, die das UNÜ wie folgt definiert:
Unter einer „schriftlichen Vereinbarung“ ist eine Schiedsklausel in einem Vertrag oder eine Schiedsabrede zu verstehen, sofern der Vertrag oder die Schiedsabrede von den Parteien unterzeichnet oder in Briefen oder TeIegrammen enthalten ist, die sie gewechselt haben.
Eine von beiden Parteien unterzeichnete Schiedsvereinbarung liege ebenso wenig vor wie ein Schriftwechsel. Da die Auftragsbestätigung der Beklagten erstmals den Verweis auf die NVS-Bedingungen und die darin enthaltene Schiedsklausel enthalten habe, wäre eine schriftliche Reaktion der Käuferin erforderlich gewesen, daran fehle es jedoch.
Im nächsten Schritt prüft der Senat sodann, ob die Schiedsvereinbarung ungeachtet der Nichteinhaltung der Form des Art. II UNÜ über den Meistbegünstigungsgrundsatz des Art. VII Abs. 1 UNÜ formwirksam ist. Danach nehmen die Bestimmungen den UNÜ „keiner beteiligten Partei das Recht, sich auf einen Schiedsspruch nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts oder der Verträge des Landes, in dem er geltend gemacht wird, zu berufen.“ Der Bundesgerichtshof führt dazu aus:
Das UNÜ lässt damit die Anwendung nationalen Rechts zu, soweit es für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche günstiger ist (…). Der Meistbegünstigungsgrundsatz des Art. VII Abs. 1 UNÜ lässt die Anwendung anerkennungsfreundlicherer nationaler Regelungen für inländische Schiedssprüche auch auf ausländische Schiedssprüche zu (…). Das gilt sowohl für das Exequatur- und Vollstreckbarerklärungsverfahren, auf das sich Art. VII Abs. 1 UNÜ nach seinem Wortlaut bezieht („Schiedsspruch“), als auch für das hier in Rede stehende Einredeverfahren im Sinne von Art. II Abs. 3 UNÜ (…). Dem Meistbegünstigungsgrundsatz des Art. VII Abs. 1 UNÜ ist auch in der Einredeperspektive zu entnehmen, dass eine Schiedsvereinbarung wirksam ist, wenn sie entweder dem Einheitsrecht (Art. II Abs. 2 UNÜ), dem nationalen Sachrecht (§ 1031 ZPO) oder dem durch das nationale Kollisionsrecht berufenen Sachrecht entspricht (…).
Entsprechend prüft der Bundesgerichtshof sodann
§ 1031 ZPO, und kommt auch hier zu dem Ergebnis, dass es an einer wirksamen Schiedsvereinbarung fehlt. Insbesondere seien auch die Voraussetzungen von
§ 1031 Abs. 2 und 3 ZPO nicht erfüllt. Zwar stelle die Bestätigung der Beklagten ein die Voraussetzungen des
§ 1031 Abs. 2 ZPO erfüllendes kaufmännisches Bestätigungsschreiben dar, das im Sinne von
§ 1031 Abs. 3 ZPO auf ein Dokument – hier die NVS-Bedingungen – Bezug nimmt, das eine Schiedsklausel enthält. Die Bezugnahme habe aber nach
§ 1031 Abs. 3 ZPO nicht zur Folge, dass diese Klausel zum Vertragsbestandteil geworden sei:
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Frage der wirksamen Einbeziehung der Schiedsklausel durch eine Bezugnahme im Sinne von § 1031 Abs. 3 ZPO nicht nach dieser Vorschrift, sondern nach dem materiellen Recht bestimmt. Ist die Schiedsklausel – wie hier – in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten, auf die Bezug genommen wird, müssen die allgemein für die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nötigen Voraussetzungen gegeben sein (…). Danach ist maßgeblich, ob die NVS-Bedingungen mit der Schiedsvereinbarung nach deutschem Recht einschließlich des CISG wirksam in den Vertrag zwischen den Parteien einbezogen worden ist. Das ist nicht der Fall.
Die Schiedsvereinbarung ist – unterstellt, sie ist wirksam in den Vertrag einbezogen worden – Teil eines Kaufvertrags über Waren zwischen Parteien, die ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben, wobei beide Staaten – Deutschland und die Niederlande – Vertragsstaaten des CISG sind. Damit ist das CISG (…) grundsätzlich anwendbar. Auf die Frage, ob der in den NVS-Bedingungen enthaltene Ausschluss des CISG wirksam ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Diese Rechtswahl der Parteien kann zwar das Schiedsvereinbarungsstatut beeinflussen (…), bleibt aber bei der Prüfung des nationalen Sachrechts im Rahmen des Meistbegünstigungsgrundsatzes unberücksichtigt.
Die Entscheidung referiert sodann den Streitstand zur in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 11.Mai 2017 –
I ZB 75/16,
NJW 2017, 3723 Rn. 20) offen gebliebenen Frage, ob und inwieweit das CISG auf Schiedsvereinbarungen Anwendung findet. Mit der herrschenden Ansicht spricht sich der Bundesgerichtshof nunmehr „jedenfalls für Fälle, in denen – wie hier – mangels Einhaltung der Form des Art. II Abs. 2 UNÜ nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz (Art. VII Abs. 1 UNÜ) auf das nationale Sachrecht oder Kollisionsrecht abzustellen ist“ für die Anwendbarkeit des CISG aus:
Ein (teilweiser) Rückgriff auf die Regelung des Art. II Abs. 2 UNÜ für die Frage der wirksamen Einbeziehung der Schiedsklausel ist in einem solchen Fall nicht möglich, weil damit eine Vermengung verschiedener Regelungssysteme einherginge (…).
Während sich die Formgültigkeit einer Schiedsvereinbarung auch in einem dem CISG unterliegenden Vertrag nach den einschlägigen Spezialvorschriften wie dem UNÜ oder § 1031 ZPO richtet und deshalb auch im Rahmen des Meistbegünstigungsgrundsatzes eine Anwendung der Formfreiheit des Art. 11 Satz 1 CISG nicht in Betracht kommt (…), können auf die Frage der materiellen Einigung der Parteien die Regelungen des CISG Anwendung finden. Dafür sprechen zum einen Art. 19 Abs. 3 und Art. 81 Abs. 1 Satz 2 CISG (…). Zum anderen betrifft die Frage der Willensübereinstimmung gerade auch die vertrags- rechtliche Dimension im Sinne von Art. 14 bis 24 CISG einschließlich der Auslegungsregelung in Art. 8 CISG (…).
Dem steht die Eigenständigkeit der Schiedsvereinbarung nicht entgegen. Die Vorschrift des Art. 81 Abs. 1 Satz 2 CISG verdeutlicht, dass auch das CISG das Prinzip der Autonomie der Schiedsvereinbarung grundsätzlich anerkennt. Überdies bedeutet die Eigenständigkeit von Streitbeilegungsklauseln nicht, dass die Streitbeilegungsklausel notwendigerweise einem anderen Recht unterliegt als der Hauptvertrag (…).
Entscheidend für die Frage der materiellen Einigung zwischen den Parteien ist daher, ob die NVS-Bedingungen mit der Schiedsvereinbarung gemessen am Maßstab des Art. 8 CISG wirksam einbezogen wurden. Nach Art. 8 Abs. 3 CISG kann sich die wirksame Einbeziehung aufgrund der Verhandlungen zwischen den Parteien, der zwischen ihnen bestehenden Gepflogenheiten oder der internationalen Gebräuche ergeben (Art. 8 Abs. 3 CISG). Im Übrigen ist darauf abzustellen, wie eine „vernünftige Person der gleichen Art wie die andere Partei“ das Angebot aufgefasst hätte (Art. 8 Abs. 2 CISG). Auch hiernach gelangt der Bundesgerichtshof nicht zu einer wirksamen Einbeziehung der NVS-Bedingungen:
Es ist deshalb durch Auslegung nach Maßgabe von Art. 8 CISG zu ermitteln, ob die NVS-Bedingungen mit der Schiedsvereinbarung wirksam einbezogen worden sind. (…) Für eine Einbeziehung der NVS-Bedingungen aufgrund der Verhandlungen zwischen den Parteien oder der zwischen ihnen bestehenden Gepflogenheiten gibt es keine Anhaltspunkte. Soweit die Beklagte sich darauf beruft, im internationalen Gewürzhandel sei die Verwendung von Schiedsklauseln in Branchenbedingungen üblich, steht dem entgegen, dass sie selbst in den Bestätigungsschreiben neben den NVS-Bedingungen auf ihre allgemeinen Verkaufs- und Lieferungsbedingungen verwiesen hat, die gerade keine Schiedsklausel, sondern eine Gerichtsstandsvereinbarung enthalten.