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23. April 2020

Was Hersteller bei der Aufnahme des Online-Direktvertriebs beachten müssen

Die Beschränkungen des stationären Handels aufgrund der Corona-Pandemie erweisen sich als Motor für digitale Vertriebslösungen. Auf Einzelhandelsebene haben vor allem die behördlichen Schließungen von Geschäftsräumen selbst solche Händler, die bisher lediglich auf stationären Vertrieb gesetzt hatten, nahezu über Nacht zur Umstellung auf Online-Vertrieb veranlasst.

Auch auf Herstellerebene treiben die flächendeckenden Einschränkungen des stationären Einzelhandels den digitalen Vertrieb voran. Sie sind für viele Hersteller Anlass, teilweise schon länger gehegte Pläne in Richtung eines parallelen, d.h. neben den Vertrieb über die Einzelhändler tretenden Online-Direktvertriebs vorzuziehen, um stärkeren Einfluss auf den Vertrieb an Endkunden zu nehmen und die negativen Auswirkungen des Corona-Virus abzufedern.

Dass es bei der Aufnahme des Online-Direktvertriebs von Seiten der Hersteller aufgrund der ohnehin angespannten Lage der Händler viel unternehmerischen Fingerspitzengefühls bedarf, ist offensichtlich. Zugleich müssen die Hersteller zusätzlich zu den alle Betreiber von Online-Shops treffenden Pflichten im eCommerce (z.B. in Bezug auf AGB, Verbraucherinformation, Datenschutz und Geoblocking) besondere vertriebs- und kartellrechtliche Vorgaben beachten. Dabei sind insbesondere folgende Fragen relevant:

Erlauben die Verträge mit den Händlern den parallelen Direktvertrieb?

Wer seine Produkte über selbstständige Händler vertreibt, muss prüfen, ob die Verträge mit den Händlern den parallelen Direktvertrieb durch den Hersteller im gewünschten Umfang überhaupt erlauben. Vor allem ältere Verträge beschränken das Direktvertriebsrecht des Herstellers häufig auf konkrete Gruppen von Endkunden (z. B. Großkunden, Behörden, Journalisten, Mitarbeiter). Um die Produkte an beliebige Endkunden direkt verkaufen zu können, muss der Hersteller in diesem Fall Zusatzvereinbarungen mit den Händlern schließen oder die Verträge mit den Händlern z. B. im Wege der Änderungskündigung anpassen. Bei parallelem Direktvertrieb ohne entsprechende Vertragsanpassung können dem Hersteller Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche der Händler sowie fristlose Kündigungen mit ausgleichsrechtlichen Konsequenzen drohen.

Wenn eine vertragliche Einigung über den Direktvertrieb mit den Händlern nicht erreicht werden kann, kommen als Alternative beispielsweise Plattformlösungen in Betracht: Hier stellt der Hersteller lediglich eine Online-Plattform für den Verkauf durch die Händler zur Verfügung, über welche die Kunden das Produkt auswählen und je nach Komplexität konfigurieren können. Da den Händlern ihre Marge erhalten bleibt und sie direkten Kontakt zu den Endkunden erhalten, lassen sich solche Lösungen häufig leichter durchsetzen.

Welche Vorgaben sind bei der konkreten Ausgestaltung des Online-Direktvertriebs zu beachten?

Je stärker der Hersteller seine Händler in die eigene Vertriebsorganisation einbindet und ihre unternehmerische Entscheidungsfreiheit zulässig beschränkt (z. B. durch Wettbewerbsverbote sowie Pflichten in Bezug auf das Berichtswesen, Schulungen, Werbung, Mindestabnahme, Kundendienst und Lagerhaltung), umso mehr Rücksicht muss er auf die legitimen Marktinteressen der Händler nehmen.

  • Das kann im Einzelfall bedeuten, dass der Hersteller den Händlern für die Beeinträchtigung ihrer Absatzmöglichkeiten einen finanziellen Ausgleich zu gewähren hat und dass die Pflicht zur Zahlung eines solchen Ausgleichs in diesem Fall auch ausdrücklich in den Verträgen mit den Händlern verankert werden muss.
  • Exklusive Gebiets- oder Kundenzuweisungen in Vertriebsverträgen zugunsten eines Händlers sind zu beachten. Der Hersteller darf nicht aktiv in diese Exklusivgebiete oder an diese exklusiv zugewiesenen Kunden liefern. Wenn der passive Verkauf nicht ebenfalls ausdrücklich untersagt ist, kann der Hersteller aber Anfragen aus diesen Gebieten oder von diesen Kunden bedienen, und zwar grundsätzlich auch im Rahmen eines Online-Vertriebs, da es sich hierbei in aller Regel um passiven Verkauf handelt.
  • Ferner muss sich der Hersteller insbesondere in selektiven Vertriebssystemen selbst an die den Händlern vorgegebenen qualitativen Standards halten. Wenn den Händlern beispielsweise Standards für ihren eigenen Online-Vertrieb vorgegeben sind (etwa hinsichtlich der Präsentation der Produkte im Online-Shop, der Nutzung von Verkaufsplattformen Dritter oder der Vorgaben an den Kundendienst), hat der Hersteller diese auch beim Eigenvertrieb zu beachten.

Wie können die Händler in den Online-Direktvertrieb eingebunden werden?

Die Einbindung des Handels ist ein wichtiges Instrument, um die Händler an den Vorteilen des Direktvertriebs teilhaben zu lassen und dessen Akzeptanz zu erhöhen. Zugleich wird hierdurch das Angebot für die Endkunden optimiert. In Betracht kommen beispielsweise „Click & Collect“-Käufe mit der Möglichkeit, die im Online-Shop des Herstellers bestellten Produkte alternativ zum Versand beim lokalen Händler abzuholen. Bei Produkten, die eine persönliche Einweisung erfordern und die sich nicht für den direkten Versand an den Endkunden eignen, kann die Abholung beim Händler sogar zwingend sein. Ebenso zentral ist beispielsweise ein Service vor Ort, der es den Kunden ermöglicht, sich bei Fragen und Mängeln unmittelbar an den lokalen Händler zu wenden.

In aller Regel wird eine solche Einbindung des Handels wiederum eine entsprechende vertragliche Vereinbarung mit den Händlern und eine angemessene Aufwandsentschädigung für die Leistungen der Händler im Rahmen des Direktvertriebs durch den Hersteller erfordern. Ferner kann der Hersteller verpflichtet sein, die Händler bei der Einbindung in den Direktvertrieb nicht willkürlich ungleich zu behandeln.

Was ist ansonsten zu beachten?

Durch den Direktvertrieb wird der Hersteller (aktueller) Wettbewerber seiner Händler auf dem Einzelhandelsmarkt. Spätestens mit Aufnahme seiner Direktvertriebstätigkeit muss er daher aufpassen, wenn er beispielsweise aufgrund von Berichtspflichten der Händler marktsensible Informationen wie Preise, Absatzmengen, Kundennamen, etc. erhält. Dies gilt auch dann, wenn eine solche Informationsübermittlung vorher zulässig gewesen sein kann, beispielsweise aus Gründen der Produktions- und Vertriebsplanung. Einem kartellrechtlich unzulässigen Informationsaustausch könnte dabei z. B. mit „Chinese Walls“ in der Herstellerorganisation begegnet werden.

Wir haben für Sie umfassende Informationen und Handlungsempfehlungen zu zahlreichen rechtlichen Implikationen im Kontext der Coronavirus-Pandemie zusammengestellt: Coronavirus - Antworten zu rechtlichen Implikationen

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