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17. April 2020

Betriebschließungsversicherung: Rettung oder Risiko?

Wie COVID-19 Versicherte und Versicherungen vor neue Herausforderungen stellt

COVID-19 geht für viele Unternehmen mit gravierenden Einbußen einher. Da liegt es nahe, abgeschlossene Versicherungen zu überprüfen und gegebenenfalls in Anspruch zu nehmen. Im Rahmen von Betriebschließungspolicen ist die Frage der Deckung besonders brisant. Für Versicherte wie Versicherungen gleichermaßen. Es ist zu erwarten ist, dass die Thematik demnächst auch die Gerichte beschäftigen wird. 

Die Weltgesundheitsorganisation hat am 11. März 2020 wegen der Ausbreitung von COVID-19 eine Pandemie ausgerufen. Bei Pandemien handelt es sich nach Einschätzung vieler Versicherer um sogenannte „Kumulrisiken“. Das sind Risiken, bei deren Realisierung massenhaft Schadensereignisse auftreten, die das Geschäftsmodell der Risikostreuung gefährden. Anders als viele Naturkatastrophen sind Pandemien gerade dadurch gekennzeichnet, dass sie potenziell regional unbegrenzt stattfinden können. Zudem ergeben sich bei schwerwiegenden Krankheitsverläufen Risikodoppelungen z.B. bei Lebensversicherungen. Beides führt dazu, dass viele Versicherungsunternehmen im Hinblick auf die Deckung von Pandemierisiken äußerst zurückhaltend agieren (müssen). Sofern gedeckt, drohen Versicherern theoretisch massive Zahlungsverpflichtungen.

Betriebsschließungsversicherungen mit und ohne Öffnungsklauseln

Im Hinblick auf Gewerbekunden ist dabei insbesondere das Modell der „Betriebsschließungsversicherung“ spannend. Greift diese in Zeiten von COVID-19? Grundsätzlich sollen Betriebsschließungsversicherungen Versicherungsschutz für die finanziellen Folgen in Form des Ertragsausfalls und der Lohnkosten der Angestellten – eines aufgrund behördlicher Anordnung – stillgelegten oder gestörten Betriebes bieten. Die Leistungen sind dabei in der Regel auf einen 30-tägigen Ausfall begrenzt. So weit, so gut.

Die Crux mit der Police

Einige Versicherungsbedingungen verweisen auf das Infektionsschutzgesetz (InfSG) und knüpfen den Versicherungsschutz an das Vorliegen einer meldepflichtigen Krankheit nach § 6 InfSG an. Diese Policen beinhalten häufig auch einen exemplarischen Katalog von Krankheiten („Öffnungsklausel“), die den Versicherungsfall auslösen sollen. Daneben existieren aber auch Versicherungsbedingungen, die auf eine – zumindest dem Wortlaut nach – abschließende Liste bestimmter Krankheiten Bezug nehmen, bei deren Vorliegen die Versicherung eingreifen soll. Covid-19 ist – aufgrund der Neuartigkeit des Virus – in den Bedingungen nicht enthalten.

Versicherungsfall oder nicht

In beiden Fällen stellt sich die Frage, ob ein neuartiges Virus, das bei Abschluss des Vertrages weder dem Versicherungsnehmer noch dem Versicherer oder sogar spezialisierten Virologen bekannt war, den Versicherungsfall auslöst. Sicherlich ist diese Frage nicht pauschal für alle Policen zu beantworten. Auch stehen sich die diesbezüglich bereits geäußerten Ansichten diametral entgegen. Tendenziell könnte jedenfalls eine Öffnungsklausel in den Bedingungen für die Einbeziehung neuartiger Krankheiten und damit COVID-19 sprechen. Unabhängig hiervon, macht der Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) auch darauf aufmerksam, dass Voraussetzung des Versicherungsschutzes üblicherweise eine behördlichen Einzelverfügung ggü. einem konkreten, von einer Krankheit betroffenen, Betrieb ist. Ob die Schließung von Betrieben, die gerade nicht selbst betroffen sind, hierunter fallen, wird daher vom GDV bezweifelt.

Entgegenkommen einzelner Versicherer

Trotz der unklaren rechtlichen Lage, haben sich einige Versicherer Anfang April gemeinsam mit dem Bayerischen Wirtschaftsministerium, der DEHOGA Bayern und der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. auf eine gemeinsame Empfehlung für die (bayerische) Hotel- und Gaststättenbranche geeinigt, wonach zumindest ein Teil des Schadens der betroffenen Unternehmen von den Versicherern übernommen wird. Ob es derartige Lösungen auch für andere Branchen und bundesweit geben wird, ist zweifelhaft.

Neues Ungemach

Im Zusammenhang mit der Betriebsschließungsversicherung könnten Versicherte zudem vor einem weiteren Dilemma stehen: Die Bundesagentur für Arbeit – so wird berichtet – scheint die Auffassung zu vertreten, dass der Versicherungsschutz über eine Betriebsschließungsversicherung der Gewährung von Kurzarbeitergeld (vgl. auch Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld) entgegenstehen kann.  

Voreiliges Handeln unbedingt vermeiden

Für Unternehmen empfiehlt sich gerade aktuell eine rechtliche Überprüfung der entsprechenden Versicherungsverträge. Versicherer sind gehalten, die weiteren Entwicklungen in Rechtsprechung und Gesetzgebung fortlaufend genau zu beobachten. Letztlich wird sich eine rechtsichere Klärung, der in der gegenwärtigen Situation zumindest auch eine Signalwirkung zukommen würde, im Konfliktfall nur auf dem Prozessweg herbeiführen lassen.

 

Wir haben für Sie umfassende Informationen und Handlungsempfehlungen zu zahlreichen rechtlichen Implikationen im Kontext der Coronavirus-Pandemie zusammengestellt: Coronavirus - Antworten zu rechtlichen Implikationen

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