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Dr. Oliver Bertram

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5. Juni 2019

Aktuelle Leiturteile des BSG vom 4. Juni: Honorarärzte im Krankenhaus regelmäßig sozialversicherungspflichtig

Rechtsprechung hat massive Einschränkung der Personalhoheit von Krankenhäusern zur Folge // Begründung der Beitragspflicht: Einbindung von Honorarärzten in die Arbeitsorganisation ist vergleichbar mit der von angestellten Ärzten // Beauftragungen von Honorarärzten müssen bis 2015 rückwirkend neu betrachtet und gegebenenfalls beendet werden.

Das Bundessozialgericht hatte bereits vor längerer Zeit erklärt, in diesem Jahr den sozial-versicherungsrechtlichen Status von selbstständigen Honorarkräften in der Kranken- und Altenpflege umfassend klären zu wollen. Hierzu hat das BSG am 4. Juni erste Leiturteile zur Sozialversicherungspflicht von Honorarärzten erlassen, die Krankenhäuser in ihrer Personalhoheit massiv einschränken werden.

Aus Sicht des BSG ist ein in einem Krankenhaus tätiger Arzt regelmäßig sozialversicherungspflichtig. Die Regelung in der Berufsordnung der Ärzte „Ärztinnen und Ärzte dürfen hinsichtlich ihrer ärztlichen Entscheidungen keine Weisungen von Nichtärzten entgegennehmen“ führt danach nicht per se dazu, dass Ärzte sozialversicherungsfrei sind. Ein in einem Krankenhaus tätiger Arzt sei vielmehr regelmäßig in die Arbeitsorganisation des jeweiligen Trägers eingebunden und daher abhängig beschäftigt. Festzumachen sei dies – so das BSG – an vier Kriterien:

  • Der Honorararzt sei in einer Organisation tätig, auf deren Ausgestaltung der Arzt keinen unternehmerischen Einfluss habe.
  • Er nutze die personellen und sachlichen Ressourcen des Krankenhauses und bringe insoweit keine eigenen Betriebsmittel ein.
  • In die Betriebsabläufe des Krankenhauses sei ein Honorararzt gleichermaßen wie ein bei dem Krankenhaus angestellter Arzt eingebunden.
  • Der Honorararzt verfüge nicht über unternehmerische Entscheidungsspielräume.

Demgegenüber sei das – gegenüber einem Angestellten oftmals deutlich höhere – Honorar nur ein nachrangiges Kriterium. Im Gegenteil: Die Beitragspflicht in der Sozialversicherung könne nicht außer Kraft gesetzt werden, um eine Steigerung der Attraktivität des Arztberufes durch eine höhere Entlohnung zu ermöglichen.

Die BSG-Rechtsprechung hat für die Krankenhausträger weitreichende Konsequenzen: Aktuell laufende Beauftragungen von Honorarärzten müssen an diesem Kriterienkatalog gemessen und ggf. optimiert oder beendet werden. Aber auch Beauftragungen der noch nicht verjährten Vergangenheit – 2015 bis heute – müssen neu betrachtet werden. Anderenfalls droht eine Strafbarkeit der Geschäftsführung, die Entziehung der Approbation für die ärztliche Leitung sowie eine empfindliche Erhöhung etwaiger Nachzahlungsbeträge im Wege von Säumniszuschlägen sowie durch Hochrechnung auf einen fiktiven Bruttolohn.

An diesen Grundsätzen werden sich nicht zuletzt auch die besonderen Formen eines selbstständigen Arztes messen lassen müssen, bspw. der Beleg- oder Konsiliararzt sowie bestimmte MVZ-Konstellationen. Das Bundessozialgericht hat insoweit deutlich gemacht, dass es einen „Artenschutz“ für Ärzte nicht anerkennen will. Aber es hat auch erkennen lassen, dass es Sozialversicherungsfreiheit dort zulassen will, wo diese Regelkriterien nicht erfüllt sind.

Den BSG-Urteilen zur Sozialversicherungspflicht von Honorarärzten werden am 7. Juni mehrere Leitentscheidungen zum Status von Pflegekräften und OP-Schwestern folgen. Die jüngsten Urteile verheißen für die Personalflexibilisierung im Krankenhaus allerdings nichts Gutes.

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