11. Dezember 2025
Co-Autor: Tim-Jonas Löbeth
Die Versorgungssicherheit bei wichtigen Arzneimitteln steht infolge häufiger Lieferengpässe in Europa mehr denn je im Fokus. Mit dem Vorschlag für einen europäischen „Critical Medicines Act“ (CMA) reagiert die Europäische Union auf die jüngsten Krisen in der Arzneimittelversorgung und setzt auf neue regulatorische Instrumente, um Patienten auch in außergewöhnlichen Situationen zuverlässig versorgen zu können. Was sich mit dem neuen Rechtsrahmen konkret ändern soll und welche Auswirkungen dies auf Unternehmen und Akteure im Gesundheitssystem hat, fassen wir im Folgenden zusammen.
Der CMA ist ein zentraler Regelungsvorschlag der Europäischen Kommission, der auf eine stabile und verlässliche Versorgung mit als „kritisch“ eingestuften Arzneimitteln abzielt. Zu den wichtigsten Instrumenten gehören:
Die Neuregelung sieht für pharmazeutische Unternehmen, Zulassungsinhaber und Großhändler weitreichende Verpflichtungen vor:
Auf nationaler Ebene wird die Nutzung von EU-Solidaritätsmechanismen und die Digitalisierung der Bestandsführung in den Mittelpunkt rücken. Künftig könnten EU-weit digitale Systeme für Bestandsmeldungen und Bedarfsplanung zur Pflicht werden, was sowohl Investitionen als auch neue Prozesse im Unternehmen nach sich zieht.
Zu den größten Herausforderungen zählen die Komplexität und Vielfalt der Ursachen für Lieferengpässe – vom Produktionsausfall über Transportprobleme bis zur kurzfristigen Nachfragesteigerung. Der CMA setzt daher statt auf reine Preisregulierung vor allem auf Transparenz, evidenzbasierte Steuerung und Diversifizierung in Produktion und Vertrieb. Branchenakteure begrüßen dies grundsätzlich, kritisieren aber auch möglichen Bürokratieaufwand und betonen die Notwendigkeit, die neuen Verpflichtungen auf tatsächlich kritische Arzneimittel zu fokussieren, um Fehlallokationen und Kostenexplosionen zu vermeiden.
Der Rat der Europäischen Union hat am 2. Dezember 2025 seine Position zu dem CMA festgelegt und den CMA darin begrüßt. Im nächsten Schritt wird nun das Europäische Parlament seine Position festzulegen haben; anschließend wird im Rahmen des Trilogs zwischen Rat, Parlament und Kommission der Wortlaut des Rechtsakts genau festgelegt.
Hersteller, Zulassungsinhaber, Großhändler und Krankenkassen müssen sich rasch auf umfangreiche neue Meldepflichten, eine engere Überwachung der Lieferketten und den Aufbau digitaler Dokumentations- und Frühwarnsysteme einstellen. Kurzfristig steigen die Anforderungen an Transparenz und proaktive Risikovorsorge, mittel- bis langfristig sollen Produktion und Versorgung innerhalb Europas robuster, geopolitisch unabhängiger und planbarer werden. Unternehmen, die an der Versorgung kritischer Arzneimittel beteiligt sind, sollten ihre Prozesse, Verträge und IT-Systeme frühzeitig auf die neuen EU-Anforderungen überprüfen und nötige Anpassungen vorbereiten, um Sanktionen und rechtliche Risiken zu vermeiden.