22. Juli 2025
ESG-Kriterien sind im Jahr 2025 ein zentrales Steuerungsinstrument für die Fonds- und Immobilienwirtschaft geworden. Neben regulatorischen Anforderungen rücken steuerliche Implikationen zunehmend in den Fokus von Eigentümern, Investoren und Unternehmen. Die Bundesregierung hat im Zuge der ESG-Transformation zahlreiche steuerliche Maßnahmen ergriffen, um nachhaltige Investitionen zu fördern – aber auch, um klimapolitische Ziele durch fiskalische Lenkung zu erreichen. Unmittelbar gilt dies etwa im Hinblick auf eine nachhaltige Steuerpolitik, die Steuerbelastung und die öffentliche Berichterstattung über die steuerliche Strategie, ebenso für Ziele, Kennzahlen und Compliance.
Trotz alledem fristet das Thema Steuern weiterhin ein Schattendasein, da es auf den ersten Blick nicht zu den Kernbereichen der Nachhaltigkeit gehört. Allerdings ist die Vermeidung von Nachhaltigkeitsrisiken insbesondere bei der Ankaufsprüfung für regulierte Fonds (sowohl Infrastruktur- als auch Immobilienfonds) ein wesentlicher Teil der steuerlichen Beratung geworden. Ein Nachhaltigkeitsrisiko ist ein Ereignis oder eine Bedingung in den Bereichen Umwelt, Soziales oder Unternehmensführung, dessen beziehungsweise deren Eintreten tatsächlich oder potenziell wesentliche negative Auswirkungen auf den Wert der Investition haben könnten (vgl. Art. 2 Nr. 22 Verordnung (EU) 2019/2088 vom 27. November 2019 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor („Offenlegungs-Verordnung“) Link). Die Identifikation von steuerlichen Risiken ist daher insbesondere unter den Aspekten der guten Unternehmensführung und der nachhaltigen Steuerpolitik relevant.
Hierzu stellen wir nachfolgend zwei Beispiele vor, bei denen steuerliche Nachhaltigkeitsaspekte eine wesentliche Rolle für die Entscheidung für ein Investment darstellen:
In der Praxis ist insbesondere der Erwerb von erneuerbare Energien-Projekten ein spannungsgeladenes Feld. Für die klassischen Immobilieninvestoren ist der hoch regulierte Bereich der erneuerbaren Energien (insbesondere, Photovoltaikanlagen, Windkraftanlagen und Batteriespeicher) noch immer ungewohntes Terrain, das mit verschiedenen Fallstricken im Vergleich zur „klassischen“ Investition in ein Logistikzentrum aufwartet.
Auch aus steuerlicher Sicht halten erneuerbare Energien-Projekte für Immobilieninvestoren einige Besonderheiten bereit.
Zunächst müssen die internen Steuerprozesse angepasst werden, um den Anforderungen an eine gute Unternehmensführung und eine nachhaltige Steuerpolitik zu entsprechen. Schließlich handelt es sich bei der Erzeugung von Energie in Deutschland regelmäßig um eine originär gewerbliche Tätigkeit, die es bislang eigentlich streng zu vermeiden galt.
Aber auch der Ankauf von Projekten, häufig durch Erwerb der Anteile an einer Projektgesellschaft, ist mit steuerlichen Herausforderungen verbunden. Das Projekt steht regelmäßig noch am Anfang: Die Erteilung von öffentlich-rechtlichen Genehmigungen und die Regelung des Netzanschlusses möchten noch abgewartet werden. Neben strukturellen Fragen, wie etwa das Verhältnis von Projekt- und Projektentwicklungsgesellschaft oder auch der Generalunternehmervertrag zwischen der Projektgesellschaft und dem Verkäufer aussehen können, wollen auch die besonderen steuerrechtlichen Anforderungen der Landeigentümer (häufig Landwirte oder Gemeinden) Berücksichtigung finden.
Diese Aspekte werfen insbesondere für regulierte Investmentfonds die Frage auf, ob ein Erwerb des Projekts bereits zu diesem Zeitpunkt realisiert werden kann, wenn sowohl regulatorische als auch steuerliche Anforderungen zu erfüllen sind. Auch insoweit wirken sich die Anforderungen an die Unternehmensführung und Steuerpolitik auf den jeweiligen Manager des Fonds aus.
Der Erwerb einer Bestandsimmobilie ist unter steuerlichen Nachhaltigkeitsaspekten eine Besonderheit. Dabei sind rund 83,5% der deutschen Immobilien älter als 25 Jahre (vgl. Zensus 2022). Etwa 36,2% des deutschen Immobilienbestands wurden zwischen 1960 und 1989 errichtet und benötigen teilweise erhebliche Investitionen, um den aktuellen – insbesondere energetischen – Anforderungen entsprechen zu können. Neben dem Vorteil der nachhaltigen Weiterverwendung bereits zur Errichtung des Bestands genutzter Ressourcen kann eine (umfassende) Revitalisierung auch wirtschaftlich häufig interessanter als ein Abriss und Neubau der Liegenschaft sein.
In diesen Fällen ist es im Hinblick auf die eigene Nachhaltigkeitsstrategie und -bedürfnisse von Immobilieninvestoren relevant, wie die steuerliche Optimierung die wirtschaftliche Optimierung des nachhaltigen Bestands fördern kann. Diese Anforderungen und Erwartungen der Investoren sind aber auch gerade für Immobilienfonds gleichermaßen Herausforderung wie Chance bei der Identifikation von geeigneten Bestandsobjekten.
Steuerliche Chancen werden Bestandsobjekte jedenfalls in absehbarer Zeit zur Genüge bieten. Denn das Bundesministerium der Finanzen beabsichtigt wieder, sich dem Thema der steuerlichen Behandlung von Immobiliensanierungen (d.h. konkret: zur Abgrenzung von sofort abziehbaren Erhaltungsaufwendungen, Anschaffungskosten zur Herstellung der Betriebsbereitschaft, Herstellungskosten und anschaffungsnahen Herstellungskosten im Sinne von § 6 Absatz 1 Nummer 1a EStG bei der Instandsetzung und Modernisierung eines Gebäudes.) zu widmen. Das BMF hat den Entwurf eines Schreibens zur steuerlichen Abgrenzung von sofort abziehbaren Maßnahmen und Herstellungskosten bei der Sanierung von Immobilien zirkuliert und verschiedene Verbände zur Stellungnahme aufgefordert.
Trotz neuer Klarheit an verschiedenen Stellen, verbleiben für die in der Praxis sehr relevanten energetischen Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen erhebliche Lücken im Entwurf, die hoffentlich durch Berücksichtigung der Stellungnahmen der Verbände geschlossen werden können. Es ist zu hoffen, dass der Gesetzgeber den Anregungen der Verbände folgen und hier Ausnahmen für die energetischen Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Rahmen der anschaffungsnahen Herstellungskosten, z.B. durch Einführung einer Sonder-AfA, schaffen wird.
Auch die Frage, in welcher Form eine Energieverbrauchssenkung steuerlich einer sogenannten Standardhebung gleichzusetzen ist, bleibt unklar. Auch insoweit wäre es aus Gründen der Nachhaltigkeit wünschenswert, die energetischen Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen zu privilegieren.
von mehreren Autoren