Ob ein Produkt als Kosmetikum oder zulassungspflichtiges Arzneimittel eingestuft wird, ist für den Hersteller von großer Bedeutung. Erst kürzlich befasste sich das Verwaltungsgericht Köln mit der Frage, ob eine Creme zur Pflege bei trockener Haut und Neurodermitis als Kosmetikum oder Arzneimittel einzuordnen ist (Urteil vom 13.08.2024 – Az. 7 K 2494/22). Der Fall veranschaulicht, welche Aspekte Hersteller bei der Vermarktung und Gestaltung ihrer Produkte berücksichtigen müssen, um, sollte dies für das konkrete Produkt gewünscht sein, eine Einstufung als Arzneimittel zu vermeiden.
Die Aufmachung des Produkts
In der Sache ging es um eine Hautcreme, auf deren Verpackung unter anderem folgende Angaben gemacht wurden:
- „zur Intensivpflege bei sehr trockener, gereizter Haut sowie Neurodermitis“
- „sofortigen Linderung des Juckreizes/beugt Entzündungen vor“,
- klinisch dermatologisch getestete Intensivpflege mit Microsilber, Panthenol und hautpflegenden Lipiden bei sehr trockener, gereizter Haut und zur Pflege bei Neurodermitis“
- „medizinische Pflege“
Der Hersteller der Creme hatte außerdem auf der Produktwebseite informative Artikel verlinkt, in denen die heilende und lindernde Wirkung von Mikrosilber bei Neurodermitis stark in den Vordergrund gerückt wurde.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ordnete das Produkt aufgrund seines starken Bezugs zu dem Krankheitsbild Neurodermitis und der angegebenen Inhaltsstoffe Mikrosilber und Panthenol als zulassungspflichtiges Arzneimittel ein. Gegen diese Einstufung ging die Herstellerin beim Verwaltungsgericht vor, mit dem Einwand, es handele sich bei der Creme um ein pflegendes Kosmetikum.
Die Abgrenzung von Präsentationsarzneimitteln und kosmetischen Mitteln
Die Einordnung als Arzneimittel oder Kosmetikprodukt ist äußerst relevant, da für kosmetische Mittel kein aufwendiges Zulassungsverfahren durchgeführt werden muss. Die Begriffe schließen einander aus: Ein Produkt muss entweder als Arzneimittel oder als Kosmetikprodukt eingeordnet werden. Das Verwaltungsgericht Köln musste daher überprüfen, ob es sich bei der streitgegenständlichen Creme um ein zulassungspflichtiges sog. Präsentationsarzneimittel i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG oder um ein kosmetisches Mittel i.S.d. § 2 Abs. 3 Nr. 3 AMG handelt.
Präsentationsarzneimittel sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG Stoffe, die „zur Anwendung im oder am menschlichen Körper“ und „als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden“ bestimmt sind. Werden Produkte ausdrücklich als Mittel mit derartigen Eigenschaften bezeichnet, ist die Einordnung als Präsentationsarzneimittel eindeutig. Aber auch – und dies zeigt der vorliegende Fall sehr deutlich -, wenn bei einem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher lediglich der Eindruck entsteht, dass ein Produkt nach seiner Aufmachung eine solche Eigenschaft hat, ist es als Präsentationsarzneimittel einzuordnen. Um kosmetische Mittel, die gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 3 AMG vom Arzneimittelbegriff ausgenommen und daher nicht nach AMG zulassungspflichtig sind, handelt es sich dagegen bei Stoffen oder Gemischen, die dazu bestimmt sind, äußerlich mit der Haut in Berührung zu kommen, und zwar zu dem ausschließlichen oder überwiegenden Zweck, diese zu schützen oder sie in gutem Zustand zu halten.
Für die Abgrenzung ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich, bei der sämtliche Umstände über die Präsentation des Erzeugnisses in den Blick genommen werden müssen.
Gesamtschau durch das Verwaltungsgericht
Nach dieser Gesamtbetrachtung kam das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass die streitgegenständliche Creme kein Arzneimittel i.S.d. Arzneimittelgesetzes ist und machte dies vor allem an der Aufmachung des Produktes und den Informationsangaben auf der Verpackung fest. Zwar erzeugten die ausdrückliche Angabe der Krankheit „Neurodermitis“ sowie die Verlinkung der Informationsartikel einen konkreten Bezug zu dem Krankheitsbild. Dies allein genüge jedoch nicht für die Einstufung als Arzneimittel.
Denn nach Auffassung des Gerichts sei an Neurodermitis erkrankten Menschen durchaus bewusst, dass es nicht nur arzneiliche Mittel zur Linderung ihrer Beschwerden gebe, sondern auch Pflegeprodukte existierten, die ihre Erkrankung erträglicher machen. Sowohl auf der Verpackung als auch im beiliegenden Informationstext sei die pflegende Funktion der Creme hervorgehoben. Außerdem verspreche das Produkt lediglich eine Intensivpflege bei Neurodermitis, nicht hingegen die Wirksamkeit gegen Neurodermitis.
Auch die bildliche Darstellung auf der Packung sei „eher arzneimitteluntypisch“. Ebenso fänden die Inhaltsstoffe Panthenol und Mikrosilber vielfach in Kosmetika Verwendung, sodass diesen Bestandteilen keine ausschließliche arzneiliche Verwendung zugesprochen werden könne.
Das ist wichtig I To do
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist v.a. aufgrund der Gesamtbetrachtung der Kammer instruktiv: Obwohl sie viele Anhaltspunkte für die Einstufung des Produkts als Arzneimittel sah, legte sie im Ergebnis besonderen Wert auf die bildliche Aufmachung der Verpackung und die Wortwahl bei der Produktbeschreibung - mit dem Ergebnis, dass die Creme als (nicht zulassungspflichtiges) Kosmetikum und nicht als Arzneimittel eingeordnet wurde. Sollte dies im Einzelfall relevant werden, sollte der Fokus bei der Produktgestaltung auf die pflegenden Eigenschaften des Produktes gelegt werden. Zudem belegt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts einmal mehr, dass auf Produktverpackungen generell ein besonderes Augenmerk gerichtet werden sollte, um nicht Gefahr zu laufen, beim Verbraucher eine andere Erwartung zu wecken, die ggf. zu Genehmigungs- oder Zulassungspflichten führt.