18. September 2024
Ein Blick auf die Neuerungen im Aktien- und Kapitalmarktrecht durch das ZuFinG II.
Der Referentenentwurf des Zweiten Zukunftsfinanzierungsgesetzes (ZuFinG II) umfasst weitreichende Maßnahmen zur weiteren Vereinfachung des Kapitalmarktzugangs für Unternehmen, zur Förderung des Fondsmarktes sowie des Venture-Capital-Ökosystems und zur Reduzierung aufsichtsrechtlicher Vorgaben. Ziel des Gesetzentwurfes ist es, positive Impulse für die Mobilisierung privater Finanzmittel und das Wachstum der deutschen Wirtschaft zu setzen.
Dieser Artikel beleuchtet insbesondere die potenziellen Änderungen im Aktien- und Wertpapierprospektrecht.
Ein wesentlicher Bestandteil des ZuFinG II ist die Möglichkeit für Unternehmen, Aktien mit einem geringeren Nennwert als einem Euro auszugeben. Unternehmen sollten in ihrer Satzung festlegen können, dass Nennbetragsaktien einen Nennwert von mindestens einem Eurocent haben dürfen. Für Stückaktien kann die Satzung vorsehen, dass der auf jede Aktie entfallende anteilige Betrag des Grundkapitals einen Eurocent betragen darf.
Diese Ergänzung eröffnet Aktiengesellschaften, die einen niedrigeren Nennwert ihrer Aktien anstreben als gesetzlich vorgesehen, neue Möglichkeiten. Die Satzung muss ausdrücklich festlegen, dass die Gesellschaft Aktien zu einem Nennwert unter einem Euro ausgeben kann. Nicht für jedes Unternehmen bietet sich die Ausgabe entsprechender Kleinstaktien an. Soweit aber von den Kapitalmärkten tatsächlich ein Bedarf für eine Stückelung der Aktien von unter einem Euro gesehen wird, so können die Unternehmen dies nunmehr vorab in der Satzung festlegen. Bei börsennotierten Unternehmen spricht für eine Absenkung insbesondere eine bessere Handelbarkeit der Aktien, weil mehr Aktien im Umlauf wären. Auch für KMU und Wachstumsunternehmen mit geringem Grundkapital kann die Erleichterung äußerst relevant sein. Auch Kapitalerhöhungen können bei niedrigeren Nennwerten erleichtert werden. Wenn deutsche Aktien an ausländischen Börsen, an denen auch Aktien mit geringeren Nennwerten gehandelt werden, notiert werden, kann eine Absenkung des Mindestnennwerts ein „Level-Playing-Field“ besser gewährleisten.
Die Börsenzulassungs-Verordnung sieht derzeit vor, dass die zuzulassenden Aktien ausreichend gestreut sein müssen. Sie gelten bislang grundsätzlich als ausreichend gestreut, wenn mindestens 25% des Gesamtnennbetrages der zuzulassenden Aktien vom Publikum erworben worden sind oder wenn wegen der großen Zahl von Aktien derselben Gattung und ihrer breiten Streuung im Publikum ein ordnungsgemäßer Börsenhandel auch mit einem niedrigeren Prozentsatz gewährleistet ist. Mit dem Entwurf wird die Mindeststreuungsquote von 25% auf 10% erheblich gesenkt.
Die bisherige Schwelle in Höhe von 1 Million EUR in Bezug auf die Erstellung eines Wertpapier-Informationsblatts nach dem WpPG soll zukünftig entfallen. Hintergrund dieser Änderung ist die gestrichene Ausnahmeregelung gemäß Art. 1 Abs. 3 der EU-ProspektVO für öffentliche Angebote von Wertpapieren mit einem Gesamtwert unter 1 Million EUR, berechnet über einen Zeitraum von 12 Monaten.
Nunmehr fallen solche Angebote direkt in den Anwendungsbereich von § 3 WpPG (Ausnahmen von der Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Prospekts), wobei die Verpflichtung zur Erstellung eines Wertpapier-Informationsblatts gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 WpPG bestehen bleibt. Für öffentliche Angebote mit einem Gesamtgegenwert unter 100.000 EUR besteht weiterhin keine Pflicht zur Erstellung eines Wertpapier-Informationsblatts.
Ferner soll die Obergrenze bei der Ausnahme von der Prospektpflicht nach der EU-ProspektVO künftig von 8 Millionen EUR auf 12 Millionen EUR erhöht werden. Derzeit kann jeder EU-Mitgliedstatt beschließen, öffentliche Angebote von Wertpapieren von der Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospekts sofern der Gesamtgegenwert eines solchen Angebots in der Union über einen Zeitraum von 12 Monaten 8.000.000 EUR nicht überschreitet.
Schließlich soll die Verpflichtung zur Erstellung einer deutschen Zusammenfassung bei englischsprachigen Prospekten aufgehoben werden, da das künftige WpPG die englische Sprache offiziell anerkennen soll. Dies soll den Emissionsprozess für Wertpapiere in Deutschland erleichtern, insbesondere bei Angeboten in mehreren EU-Mitgliedstaaten.
Das ZuFinG II stellt einen weiteren bedeutenden Schritt zur Modernisierung und Vereinfachung des Kapitalmarktrechts dar. Die vorgestellten Änderungen, insbesondere die Möglichkeit zur Ausgabe von Aktien mit einem geringeren Nennwert und die Senkung der Mindeststreuungsquote, bieten Unternehmen, insbesondere Wachstumsunternehmen und KMU, verbesserte Chancen auf Zugang zu Kapital und Börsennotierungen.
Auch die Anpassungen im Wertpapierprospektgesetz, wie die Aufhebung der Pflicht zur Erstellung einer deutschen Zusammenfassung bei englischsprachigen Prospekten und die Erhöhung der Ausnahmeschwelle für öffentliche Angebote, tragen zur Erleichterung von Wertpapieremissionen bei.
Insgesamt sind die zahlreichen Vereinfachungen, die mit dem ersten und dem zweiten ZuFinG einhergehen, aus unternehmerischer Sicht zu begrüßen, da diese Gesetze vereinfachte Möglichkeiten schaffen, weitere Finanzierungsquellen zu erschließen, die über traditionelle (Bank- oder Gesellschafter-)Kredite hinausgehen.
„Zukunftsfinanzierungsgesetz“ und „EU Listing Act“