2. September 2024
Die Einordnung von Gesellschafterdarlehen, die mit einem qualifizierten Rangrücktritt versehen sind (sog. Nachrangdarlehen), als Eigen- oder Fremdkapital, kann für die Einstufung des Darlehensnehmers als Unternehmen in Schwierigkeiten („UiS“) im Sinne des EU-Beihilferechts (Art. 2 Nr. 18 lit. a) und b) AGVO) relevant sein. Das EU-Beihilferecht knüpft für die Wertung, ob ein UiS vorliegt, u.a. an das vorhandene Eigenkapital des betreffenden Unternehmens an.
Unternehmen mit unzureichender Eigenkapitalausstattung können ggf. UiS sein. UiS können nur in sehr beschränktem Umfang Fördermittel erhalten. Für Förderungen wie Corona-Hilfen hat die Einordnung eines Unternehmens als UiS erhebliche Relevanz.
Grundsatz: Nachrangdarlehen als Fremdkapital
Die EU-Kommission geht grundsätzlich davon aus, dass Nachrangdarlehen Fremdkapital im Sinne der AGVO sind. Dabei stellt die EU-Kommission auf den internationalen Rechnungslegungsstandard IAS32 ab. Der IAS32 regelt die Klassifizierung von Finanzinstrumenten als finanzielle Vermögenswerte, Eigenkapital oder Verbindlichkeit und stellt zur Einordnung u.a. auf die Rückzahlbarkeit des Finanzinstruments ab. Nach Auffassung der EU-Kommission besteht auch beim Nachrangdarlehen grundsätzlich eine Rückzahlungsverpflichtung, was dazu führt, dass die EU-Kommission Nachrangdarlehen als Fremdkapital auffasst. Das führt z.T. dazu, dass Unternehmen, die aufgrund der Gewährung von Nachrangdarlehen liquide sind, gleichwohl als UiS im Sinne der AGVO gelten. Diese dem EU-Recht entstammende Wertung weicht von der Betrachtung nach deutschem Insolvenz- und Gesellschaftsrecht recht ab. Danach ist ein Gesellschafterdarlehen im Fall eines qualifizierten Rangrücktritts als Eigenkapital anzusetzen (vgl. § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO). Maßgeblich für die Antwort auf die Frage, ob ein UiS im Sinne der AGVO (Teil des EU-Rechts) vorliegt, ist jedoch das EU-Beihilferecht und dessen Auslegung durch die EU-Kommission sowie die Europäischen Gerichte.
Eine Abweichung vom zuvor dargestellten Grundsatz ist nach Auffassung der deutschen Behörden und der EU-Kommission unter Verweis auf die IAS32 in Ausnahmefällen möglich. Entsteht die Rückzahlungsverpflichtung des Darlehens nur im Fall der Liquidierung des Unternehmens, soll es sich auch nach Maßgabe des EU-Beihilferechts um Eigenkapital handeln. Dann würde das Darlehen entsprechend in der Eigenkapitalquote berücksichtigt, was wiederum positive Auswirkungen auf die Einstufung des Unternehmens als UiS haben kann. Eine Rückausnahme von der Einstufung als Eigenkapital soll indes für Wandeldarlehen gelten.
Ihr Taylor Wessing Team prüft auch in Ihrem Fall, ob ausnahmsweise eine Einstufung des Nachrangdarlehens als Eigenkapital möglich ist und berät Sie gerne bei der EU-beihilferechtskonformen Gestaltung von Darlehensverträgen.