19. Dezember 2023
Das Urteil des Oberverwaltungsgericht Münster vom 29. November 2022 (Az.: 9 A 2428/19) betrifft die Nachzulassung eines homöopathischen Arzneimittels, dessen Wirksamkeit aufgrund fehlenden Nachweises der Eignung der Hilfsstoffe nicht begründet werden konnte. Auch über das Anerkennungsverfahren konnte mangels Anwendbarkeit keine Verlängerung der Zulassung erzielt werden.
Die Parteien streiten über die Verlängerung einer fiktiven Zulassung (sog. Nachzulassung) für ein homöopathisches Arzneimittel. Die Klägerin begehrt die Verlängerung der Zulassung für ein Arzneimittel, das gegen fieberhafte und grippale Infekte sowie gegen Katarrhe und Entzündungen im Nasen- und Rachenraum wirken soll. Das Präparat beinhaltet neben homöopathischen Wirkstoffen auch Hilfsstoffe. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) versagte mit Bescheid vom 17. Juni 2016 die Nachzulassung, woraufhin die Klägerin beim Verwaltungsgericht Köln Klage erhob. Die Klägerin begründete die Nachzulassung nach § 105 Abs. 4c AMG mit einer bereits erfolgten Zulassung des homöopathischen Arzneimittels in Österreich und Tschechien. Zuvor war der Klägerin zweimal eine Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt sowie bereits im Jahr 2005 die Nachzulassung versagt worden. Argumentiert wurde seitens des BfArM, dass die Klägerin keinen Nachweis für die Eignung der nicht im Homöopathischen Arzneibuch (HAB) enthaltenen eingesetzten Hilfsstoffe nach dem Europäischen Arzneibuch (Ph.Eur.) erbracht habe. Dieses verlangt eine Bestätigung dahingehend, dass die homöopathischen Eigenschaften und die wirksamen Bestandteile durch die verwendeten Hilfsstoffe in keiner Weise beeinträchtigt oder verändert werden. Das Verwaltungsgericht Köln wies die Klage am 14. Mai 2019 mit der Begründung ab, einem Anspruch auf Nachzulassung nach § 105 Abs. 4f AMG stünden die Versagungsgründe des § 25 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 2, 3, 4 Alt. 2 und 5a AMG entgegen.
Gegen das Urteil legte die Klägerin Berufung ein. Das Oberverwaltungsgericht Münster wies am 29. November 2022 (Az.: 9 A 2428/19) die Berufung aber zurück und entschied, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Erteilung der Nachzulassung für das Arzneimittel habe. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Nachzulassung nach § 105 Abs. 4c AMG, da das Anerkennungsverfahren auf homöopathische Arzneimittel im Sinne des Art. 16 Abs. 2 RL 2001/83/EG keine Anwendung finde. Das Anerkennungsverfahren solle die Harmonisierung der nationalen Zulassungsentscheidungen in der Europäischen Union sicherstellen. Es solle jedoch nicht bei homöopathischen Arzneimitteln zum Tragen kommen. Der Wille des Gesetzgebers komme in § 25b Abs. 6 AMG zum Ausdruck. Grund dafür sei, dass die Mitgliedstaaten in ihren jeweiligen Hoheitsgebieten nach Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG entsprechend den dortigen Grundsätzen und besonderen Merkmalen der homöopathischen Medizin besondere Vorschriften einführen dürften. Es herrsche damit in jedem Mitgliedstaat ein eigenes Zulassungsregime, sodass die Gleichwertigkeit der Zulassungsentscheidungen nicht mehr sichergestellt sei. § 105 Abs. 4c AMG werde daher einschränkend dahingehend ausgelegt, dass die Vorschrift keine Anwendung auf homöopathische Arzneimittel im Sinne von Art. 16 Abs. 2 RL 2001/83/EG findet. Da nur das deutsche Zulassungsregime heranzuziehen sei, liege unter anderem der Versagungsgrund des § 25 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 Alt. 2 AMG vor, weil die Monographien der Kommission D zum Beleg der therapeutischen Wirksamkeit nicht herangezogen werden könnten. Das sei nur dann möglich, wenn eine Herstellung nach dem HAB erfolgte und der Nachweis der Eignung zugefügter Hilfsstoffe entsprechend den Vorgaben des Ph.Eur. nicht erbracht wurde. Somit lägen im Ergebnis auch die Versagungsgründe nach § 25 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und Nr. 3 Alt. 1 AMG vor.
Co-Autorin: My Anh Cao