Autoren

Dr. Daniel Graske

Salary Partner

Read More

Dieter Lang, LL.M.Eur.

Partner

Read More

Niels Heim

Senior Associate

Read More
Autoren

Dr. Daniel Graske

Salary Partner

Read More

Dieter Lang, LL.M.Eur.

Partner

Read More

Niels Heim

Senior Associate

Read More

25. Mai 2023

Veränderte Bedingungen für Projektentwicklungen in Hamburg: Grundstücke für Wohnungsbau nur noch im Erbbaurecht?

  • Briefing
Was ist neu?

Mit Beschluss vom 20. April 2023 hat die Hamburgische Bürgerschaft die Landesverfassung (Art. 72 Abs. 6) geändert und beschlossen, dass zur Gewährleistung der Wohnraumversorgung Eigentum an Grundstücken der Freien und Hansestadt Hamburg, die für den Wohnungsbau bestimmt sind, grundsätzlich nicht an andere übertragen werden soll. Die Übertragung des Grundeigentums der Freien und Hansestadt Hamburg ist nunmehr nur zulässig, wenn sie durch Gesetz oder auf Beschluss der Bürgerschaft zugelassen ist. Die Regelung soll solche Grundstücke umfassen, für die eine Wohnnutzung festgesetzt (z.B. in einem Allgemeinen Wohngebiet) oder anderweitig zulässig (z.B. im unbeplanten Innenbereich) ist. Die Regelung betrifft daher eine Vielzahl von Grundstücken, auf denen auch andere Nutzungen zulässig sind.

Zwar unterlag die Veräußerung von Grundstücken der Freien und Hansestadt Hamburg auch bisher schon verschiedenen Vorgaben, insbesondere beim Verkauf von Grundstücken für geförderten Wohnungsbau (beispielsweise der sog. „Drittelmix“). Mit Änderung der Verfassung wurden die bereits in der Vergangenheit mehrfach geäußerten politischen Absichten, für städtisches Grundeigentum in Zukunft nur noch Erbbaurechte zu vergeben, an höchster Stelle rechtlich verbindlich verankert. Ein Erbbaurecht gibt dem Erbbaurechtsnehmer das veräußerliche und vererbliche Recht, auf dem belasteten Grundstück ein Bauwerk zu errichten und (in der Regel für eine bestimmte Zeit) zu haben. Eigentum hat er damit jedoch nicht erworben. Um den Erwerb von Erbbaurechten attraktiver zu machen, hat der Finanzsenator Dr. Andreas Dressel angekündigt, dass der Erbbauzins nach Plänen des Hamburger Senats ferner für den Wohnungsbau auf 1,3 % sowie für den Gewerbebau auf 1,6 % des Bodenwertes (p.a.) sinken soll. Zum Vergleich: In Frankfurt a.M. beträgt der Erbbauzins für (Geschoss-)Wohnungsbau 2,5 %, in Berlin 1,8 % und in München 4,5 %.

Der neue Artikel 72 Abs. 6 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg schließt die Übertragung von Grundeigentum der Stadt jedoch nicht gänzlich aus. Die neue Vorschrift enthält eine Öffnungsklausel, wonach die nähere Ausgestaltung durch ein Gesetz erfolgt. Dieses Gesetz kann im öffentlichen Interesse liegende Übertragungen des Eigentums zulassen. Die Gesetzesbegründung verweist bereits darauf, dass insbesondere für Stadtentwicklungsgesellschaften Ausnahmen gelten sollen. Schließlich gehöre es zu deren von der Bürgerschaft legitimiertem Geschäftszweck, Grundstücke zu veräußern, um damit Quartiere zu entwickeln und die Erschließung zu sichern. Insofern wird abzuwarten sein, wie sich die Änderung auf die großen Entwicklungsgebiete, beispielsweise den Grasbrook und den Billebogen, auswirkt.

Auch wenn die Freie und Hansestadt Hamburg bereits in den letzten Jahren politisch der Übertragung von Erbbaurechten Vorrang vor der Veräußerung von städtischem Grund und gegeben hat, hat die Verfassungsänderung die Hürde deutlich erhöht, indem sie im Bereich der Wohnraumversorgung die Übertragung von Grundeigentum zwingend von einem Gesetzesbeschluss bzw. einem Beschluss der Bürgerschaft abhängig macht; einfache Entscheidungen der Verwaltung bzw. Gremien sind nicht mehr ausreichend.

Was haben Entwickler bei der Prüfung ihrer Projekte zu beachten?

Projektentwicklungen in Ausübung eines Erbbaurechts weisen einige Besonderheiten im Vergleich zu Projektentwicklungen auf eigenem Grundbesitz auf. Diese zeigen sich in der Planungsphase, bei der Finanzierung und vor allem bei der vertraglichen Gestaltung im Ankauf und dem Exit. Insbesondere ist der Aufwand bei der Erstellung und Verhandlung des Erbbaurechtsvertrags sowie den Finanzierungsgesprächen nicht zu unterschätzen. Hier gilt es, die für das Erbbaurecht besonderen Themen, die im Rahmen des üblichen Grundstückskaufs keine Rolle spielen, zu verhandeln und dabei die Interessen der Fremdkapitalgeber und Endinvestoren frühzeitig zu berücksichtigen. Zu diesen Themen gehören insbesondere die Laufzeit des Erbbaurechts, der Erbbauzins und dessen Wertsicherung sowie Vorkaufsrechte. Ebenfalls relevant ist die Ausgestaltung des Heimfalls, d.h. der Verpflichtung des Erbbaurechtsnehmers, das Erbbaurecht dem Grundstückseigentümer bei Vorliegen bestimmter Bedingungen zurück zu übertragen. Häufig fehlt es dabei den Parteien an einschlägigen Erfahrungen, sodass die Verhandlungen und Ausgestaltung der Verträge mehr Zeit in Anspruch nehmen. Ferner ist für den Exit zu bedenken, dass das Erbbaurecht noch nicht bei allen institutionellen Investoren als Anlageform auf der Liste steht oder gar in Frage kommt. Mit entsprechender Vorbereitung und Beratung lässt sich die auf den ersten Blick kompliziertere rechtliche Konstruktion jedoch einfangen.

Sind Projekte mit Erbbaurechten denn finanzierbar?

Die kurze Antwort ist: Ja, die Finanzierung von Projekten ist auch beim Rechtsinstitut des Erbbaurechts grundsätzlich möglich. Ein nicht seltenes Problem ist allerdings, dass auch bei den beteiligten Personen auf Seiten der Darlehensgeber die Erfahrungen mit dem Erbbaurecht begrenzt sind. Einige der üblichen rechtlichen Bedenken der Darlehensgeber, beispielsweise hinsichtlich der ungehinderten Zwangsvollstreckung im Falle des Zahlungsausfalls, lassen sich bereits über vertragliche Regelungen im Erbbaurechtsvertrag auflösen.

Die größte Schwierigkeit bei der Finanzierung bildet die Bewertung des Erbbaurechts. Hierbei ist die Anwendung des „Münchner Verfahrens“ gängig, bei welchem zunächst der Beleihungswert des Gebäudes und des Grundstücks im Volleigentum ermittelt wird und sodann verschiedene Abschläge vorgenommen werden. Auch für die Bewertung lassen sich im Erbbaurechtsvertrag Vorteile durch gezielte Gestaltung erreichen.

Was bedeutet das Erbbaurecht für den Exit?

Für den Exit gilt ebenfalls zu bedenken, dass regelmäßig weder Verbraucher noch professionelle Bestandshalter bereits Erfahrungen mit dem Erwerb von (Wohnungs-)Erbbaurechten hat. Insoweit kann es wiederum zu Mehraufwand bei der Erstellung und Verhandlung des Erbbaurechtskaufvertrags und/oder einer längeren Vertriebsphase kommen. Dabei gilt es für die Fremdfinanzierung der Endinvestoren, die vorgenannten Punkte bereits bei der Verhandlung des Erbbaurechtsvertrags zu berücksichtigen, um den Exit zu erleichtern.

Perspektive

Die verfassungsrechtliche Festschreibung des Vorrangs von Erbbaurechten gegenüber der Veräußerung städtischen Grund- und Bodens bei der Mobilisierung von Wohnbauland ist der rechtlich bisher weitgehendste Schritt in der Beschränkung des Zugriffs privater Investoren auf städtische Flächen. Der Erwerb städtischen Grundeigentums wird zwar nicht ausgeschlossen, jedoch von erheblichen Hürden abhängig gemacht. Dies ist eine Entwicklung, die nicht nur in Hamburg zu beobachten ist, sondern in allen deutschen Metropolen. Flankiert wird die Entwicklung durch eine Verstärkung der gesetzlichen Vorkaufsrechte. Die private Projektentwicklung und ihre Finanzierung werden sich zunehmend mit Erbbaurechten „begnügen“ müssen. Erbbaurechte werden in der Zukunft verstärkt als „neues Normal“ neben das Grundeigentum treten. Projektentwickler und Investoren sollten sich daher gleichermaßen frühzeitig mit dem Thema auseinandersetzen.

Call To Action Arrow Image

Newsletter-Anmeldung

Wählen Sie aus unserem Angebot Ihre Interessen aus!

Jetzt abonnieren
Jetzt abonnieren