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Dr. Ulrich Spiegel

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10. August 2022

Aktuelle Entwicklungen im Maschinenrecht – die Maschinenverordnung auf der Zielgeraden

  • Briefing

Die aktuellen Entwicklungen auf Europäischer Ebene legen nahe: Die neue Maschinenverordnung ist auf der Zielgeraden – am 13. Juli 2022 fand das „Presidency debriefing“ statt, bei dem EU-intern über die Ergebnisse der Trilogverhandlungen informiert wurde.

Grundlage der Trilogverhandlungen waren der Entwurf der Maschinenverordnung aus dem Jahr 2021 inklusive der den Ausschüssen des Europäischen Parlaments vorgeschlagene Anpassungen. Aus der Diskussion im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens haben sich einige neuralgische Punkte herauskristallisiert, die wir unten überblicksartig zusammenfassen. Es lohnt sich, die Grundlage der Trilogverhandlungen noch einmal in Erinnerung zu rufen, bevor hoffentlich bald die Ergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Über die folgenden Links haben Sie Zugang zu von uns erstellten Redlineversionen des Entwurfs der Maschinenverordnung und ihrer Anhänge, in welchen wir die von den Ausschüssen vorgeschlagenen Änderungen kenntlich gemacht haben.

  • „High Risk“ Machinery Products – Begrifflichkeit angepasst, abgestufte Risikoklassen?

    Die bisher im Entwurf als „Hochrisiko-Maschinen“ bezeichneten und in Annex I genannten Maschinen sollen unterteilt werden. Bekannt ist diese Maschinenkategorie bereits aus Anhang IV der EG-Maschinenrichtlinie. Etwas sperrig nunmehr „potentially high-risk machinery products“ genannt, werden Maschinen, die einem speziellen Konformitätsbewertungsverfahren unterliegen sollen, in zwei Klassen eingeteilt: Entweder fallen sie unter Annex I Abschnitt A oder Abschnitt B, vgl. Redlineversion zu den Anhängen. Nur noch für die unter Abschnitt A fallenden Maschinen ist im Rahmen der Konformitätsbewertung die Einschaltung eines „Dritten“ zwingend vorgesehen, vgl. angepassten Art. 21 Abs. 2 und Abs. 2a unserer Redlineversion.

    Bezüglich der Produkte in Abschnitt B ist als Konformitätsbewertungsverfahren auch die sog. „interne Fertigungskontrolle“ vorgesehen – ein Verfahren, das der Hersteller ohne Einschaltung eines „Dritten“ absolvieren kann. In Abschnitt B des Annex I sind viele der in Anhang IV der EG-Maschinenrichtlinie genannten Maschinen hinübergewandert.

    Gründe für die Unterteilung sind, dass es den Ausschuss in Abwägung von Gesundheitsschutz und Innovationsförderung nicht überzeugt hatte, die interne Fertigungskontrolle zu streichen. Auch müssten die Belange kleinerer und mittlerer Unternehmen besser berücksichtigt werden. Ob im Rahmen der Trilogverhandlungen diese wünschenswerte Unterkategorisierung aufrecht erhalten bleibt, wird sich zeigen.

    Unverändert bliebe nach Vorstellung der Ausschüsse, dass die Kommission Maschinen durch delegierte Rechtsakte in Annex I aufnehmen bzw. streichen könnte. Neu hinzukämen ein Anhörungsrecht der Stakeholder, bevor eine Maschine in Annex I aufgenommen wird, vgl. Erwägungsgrund 65 und Art. 5 Abs. 2 der Redlineversion.
  • „Artifical Intelligence“ – Verzahnung aufgehoben?

    Für wahrscheinlich – im Interesse des zügigerem Gesetzgebungsverfahrens auch als begrüßenswert, im Interesse abgestimmter, ineinandergreifender Regelungen jedoch als bedenklich – muss die vorgesehene Aufhebung der Verzahnung von der im Entwurf vorliegenden Verordnung zur künstlichen Intelligenz („KI-VO-E“) und der Maschinenverordnung angesehen werden, vgl. die vielen Streichungen in Erwägungsgründen 19, 29, Artikel 3 Abs. 1 Nr. 15, Art. 9 Redlineversion zur Verordnung, sowie Annex II Punkt 18, Annex III Punkt 1 Unterabsatz 1 lit. c), Teil 1 Punkt 1.3.7 Abs. 5 Redlineversion zu den Anhängen.

    Es gilt zu hoffen, dass der Gesetzgeber nun im Rahmen der weiteren Entwicklung der KI-VO-E die bis dahin finalisierte Maschinenverordnung berücksichtigt und klare Abgrenzungen zur Anwendbarkeit trifft, um möglichst konsistente, eindeutige Anforderungen an Maschinen mit Systemen künstlicher Intelligenz aufzustellen.
  • Mandat des Bevollmächtigten – keine Aufgaben im Rahmen der Konformitätsbewertung?

    Dem Grundgedanken des „New Legislative Framework“ entsprechend sind Anpassungen, die den Bevollmächtigten nicht mehr länger in eine herstellerähnliche Rolle bringen, etwa das Konformitätsbewertungsverfahren abzusichern. Durch die vorgeschlagenen Änderungen sollen Bevollmächtigte keine „interne Fertigungskontrolle“ mehr durchführen, vgl. die Streichung in Art. 21 Abs. 3 der Redlineversion zur Verordnung). Ebenfalls sollen Bevollmächtigte nicht mehr die Risikobewertung durchführen (lassen) oder die technische Dokumentation erstellen, vgl. die Streichungen in Erwägungsgrund 31 Redlineversion zur Verordnung, Annex III Punkt 1 Redlineversion zu den Anhängen.

    Den Bevollmächtigten deutlich in einer „administrativen“ Rolle zu sehen, entspricht auch dem allgemeinen Rollenverständnis, vgl. Abschnitt 3.2 des Blue Guides. Wünschenswert wäre in diesem Zusammenhang klarzustellen, wie weit ein Bevollmächtigten-Mandat gehen darf, etwa, ob die reine Übersetzung etwaiger (technischer) Unterlagen durch den Bevollmächtigten als administrative Tätigkeit angesehen wird.
  • Technische Normung durch EU-Kommission – lediglich Rückfallebene?

    Die im Entwurf der Maschinenverordnung vorgesehene technische Normung durch die EU-Kommission würde aufgrund der Anpassungsvorschläge massiv eingeschränkt – das ist begrüßenswert.

    Nach den Anpassungsvorschlägen soll die EU-Kommission nur noch unter strengen (kumulativ zu erfüllenden) Voraussetzungen selbst technische Normung durch Erlass technischer Spezifikationen betreiben dürfen: Es dürfen (i) keine harmonisierten Normen die betreffenden Anforderungen an die einschlägigen wesentlichen Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen abdecken, (ii) entsprechende technische Normen nicht in einer „angemessenen“ (reasonable) Frist durch Veröffentlichung im Amtsblatt erwartbar zu harmonisierten Normen erklärt werden (dieser Punkt ist erstmalig in der Redlineversion zur Verordnung aufgenommen, vgl Art. 17 Abs. 3 lit a)), weiterhin muss (iii) die EU Kommission eine oder mehrere europäische Normungsorganisationen aufgefordert haben, eine entsprechende harmonisierte Norm zu erarbeiten, die (iv) nicht innerhalb von drei Jahren nach Aufforderung entwickelt wurde (auch dieser Punkt ist erstmalig in der Redlineversion zur Verordnung aufgenommen, vgl Art. 17 Abs. 3 lit b)).

    Weiterhin sollen technische Spezifikationen der EU-Kommission hinter (später) als harmonisiert erklärte Normen zurücktreten, vgl. Art. 17 Abs. 4a Redlineversion zur Verordnung.
  • Digitalisierung der Unterlagen – die Gretchenfrage?

    In Faustscher Manier bleibt das echte „Digitalbekenntnis“ des Gesetzgebers bezüglich der Betriebsanleitung aus.

    Erfreulicherweise sieht die Überarbeitung zwar vor, dass Hersteller die technische Dokumentation und die EU Konformitätserklärung in Papierformat oder elektronischem Format bereithalten dürfen und Bevollmächtigte den Marktüberwachungsbehörden erforderliche Unterlagen analog oder digital zur Verfügung stellen dürfen, vgl. Art. 10 Abs. 3, Art. 11 Abs. 2 lit. b), Art. 18 Abs. 1 Redlineversion zur Verordnung. Die (digitale) Betriebsanleitung soll aber auf Anfrage des „Käufers“ bis zu „zwei Jahre“ nach Kauf ausgedruckt nachgeliefert werden müssen, vgl Annex III Part 1, Punkt 1.7.4 Unterabsatz 3 Redlineversion zu den Anhängen. Wir erwarten hier noch Bewegung im Gesetzeswortlaut: Klargestellt werden muss, um welchen „Käufer“ (Vertreiber? Endkunde?) es sich handeln soll. Eingeschränkt werden sollte auch die Frist von „zwei Jahren“.
  • Übergangsfristen – Wie viele Monate dürfen es sein?

    Ausweislich Art. 49, 52 Redlineversion zur Verordnung wird die neue Maschinenverordnung 4 Jahre nach ihrem Inkrafttreten verbindlich und die EG-Maschinenrichtlinie aufgehoben. Auch bei dieser Frist dürfte das letzte Wort noch nicht gesprochen sein, wir rechnen damit, dass in den Trilogverhandlungen ein Kompromiss zwischen der ursprünglich vorgeschlagenen Übergangfrist von 30 Monaten und den nun vorgeschlagenen 48 Monaten (4 Jahren) gefunden wurde.
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