Das Tierarzneimittelgesetz TAMG ist seit 28. Januar 2022 in Kraft
Update vom 08.09.2022
Seit dem 28. Januar 2022 gilt in der Europäischen Union für Tierarzneimittel die Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über das Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG. Auf nationaler Ebene veranlasste dies den deutschen Gesetzgeber, ein Tierarzneimittelgesetz, TAMG, als eigenständiges Stammgesetz zu verabschieden. Bezweckt wird entsprechend der Gesetzesbegründung des Bundestags (Drucksachen 19/28658) die Sicherstellung eines hohen Schutzniveaus bei der Anwendung von Tier- und Humanarzneimitteln bei Tieren, weil diese Auswirkungen auf die Lebensmittelkette, die Beschaffenheit von Lebensmitteln tierischen Ursprungs, die Umwelt, die Tiergesundheit und über die Entstehung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen auch auf die öffentliche Gesundheit haben könne. Die ebenfalls anzuwendende Verordnung (EU) 2019/6 schränkt unter anderem den Einsatz von Antibiotika bei Tieren weiter ein, um die Entstehung und Verbreitung von Antibiotikaresistenzen zu begrenzen.
Änderungen zur bisherigen Rechtslage
Änderungen im Vergleich zum AMG
Vor der Einführung des TAMG war das Tierarzneimittelrecht auf nationaler Ebene im Arzneimittelgesetz (AMG) kodifiziert. Das neue Gesetzeswerk trennt nunmehr die Regelungen für Human- und Tierarzneimitteln in zwei eigenständige Fachgesetze und schafft eine erhebliche Entlastung für Tierärztinnen und Tierärzte sowie Tierhalterinnen und Tierhalter bei der Anwendung. Eine Änderung mit viel Kritik ergab sich indes aufgrund des neuen § 50 Abs. 2 TAMG:
„Tierhalterinnen und Tierhalter sowie andere Personen, die nicht Tierärztinnen oder Tierärzte sind, dürfen verschreibungspflichtige Tierarzneimittel und veterinärmedizintechnische Produkte sowie Arzneimittel nach § 2 Absatz 1, 2 und 3a des Arzneimittelgesetzes bei Tieren nur anwenden, soweit
- diese von einer Tierärztin oder einem Tierarzt verschrieben oder abgegeben worden sind, bei der oder dem sich die Tiere in Behandlung befinden, und
- die Anwendung gemäß einer tierärztlichen Behandlungsanweisung, die die Tierärztin oder der Tierarzt für den betreffenden Fall ausgehändigt hat, erfolgt.“
Nach dem Wortlaut der Norm sind von dem Tierarztvorbehalt alle Humanarzneimittel nach § 2 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3a AMG erfasst. Es ist damit Tierheilpraktikerinnen und Tierheilpraktikern sowie Tierhalterinnen und Tierhaltern eine Anwendung von nicht- verschreibungspflichtigen sowie zugleich registrierten Humanhomöopathika untersagt und wird als eine Ordnungswidrigkeit nach § 89 Abs.2 Nr. 5, Abs. 6 TAMG geahndet. Dem dagegen eingelegten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 32 Abs. 1 BVerfGG hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 24. Januar 2022 (Az. 1 BvR 2380/21) eine Absage erteilt. Zur Begründung ist ausgeführt, dass keine für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe von ganz besonderem Gewicht substantiiert dargelegt wurden. Die besonders hohen Hürden des vorläufigen Rechtsschutzes im Bereich der Verfassungsbeschwerde sind nicht erreicht. Eine einstweilige Anordnung stellt einen erheblichen Eingriff in die originäre Zuständigkeit des Gesetzgebers dar und ist daher sehr restriktiv anzuwenden. Es bleibt abzuwarten, ob die Norm in der Hauptsacheentscheidung des Bundesverfassungsgerichts bestehen bleiben wird.
Heilmittelwerberechtliche Änderungen
Bisher galt für Tierarzneimittel ebenso wie für Arzneimittel das Heilmittelwerbegesetz (HWG), in welchem die Anforderungen für eine zulässige Werbung für (Tier-) Arzneimittel statuiert wurden. Mit der Einführung des TAMG wurde das HWG geändert und die Tierarzneimittel aus dessen Anwendungsbereich (§ 1 Absatz 1 HWG) herausgenommen. Es gelten seit dem 28. Januar 2022 die Vorschriften der Art. 119-121 Tierarzneimittelverordnung (VO (EU) 2019/6) für die Werbung hinsichtlich Tierarzneimittel. Diese sind (bislang) abschließend. Im TAMG wurden keine weiteren Regelungen hinsichtlich der Werbung für Tierarzneimittel getroffen. Es fällt auf, dass die Regelungen der Tierarzneimittelverordnung keine Pflichtangaben wie § 4 HWG fordern und insgesamt eher allgemeiner gefasst sind. Im Vordergrund steht hierbei, dass bei der Werbung keine Irreführung vorliegen darf. Wie das Unternehmen dies in seiner Werbung umsetzt, bleibt diesem überlassen. Eine Besonderheit gilt für verschreibungspflichtige Tierarzneimittel nach Art. 120 Tierarzneimittelverordnung, da hierbei nur eine Werbung gegenüber Tierärzten und Personen, die gemäß nationalem Recht Tierarzneimittel abgeben dürfen, erfolgen darf.
Aussicht
Das TAMG führt das nationale Antibiotikaminimierungskonzept der 16. Novelle des Arzneimittelgesetzes unverändert fort, um den Einsatz in der Nutztierhaltung deutlich zu reduzieren. Jedenfalls nach Ansicht des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) besteht allerdings weiterhin Nachbesserungsbedarf. Zur weiteren Antibiotikaminimierung könnte es mithin noch Gesetzesanpassungen geben. Ob auch noch eine detaillierte Regelung der werberechtlichen Anforderungen im TAMG erfolgt, bleibt abzuwarten, da unter anderem Ziel des TAMG war, die Vermarktung von Tierarzneimitteln effizienter zu machen.
Autoren: Katharina Hölle, Dr. Daniel Tietjen