1. März 2022
Leasingnehmern steht kein Anspruch auf Erstattung der geleisteten Leasingraten zu, wenn sie ihr vom Abgasskandal betroffenes Fahrzeug zurückgeben. Das hat der BGH mit Urteil vom 16. September 2021 (Az. VII ZR 192/20) entschieden.
Der Kläger leaste von der Volkswagen Leasing GmbH ab dem Jahr 2009 für 4 Jahre einen Neuwagen der Marke Audi, der später vom Abgasskandal betroffen war. Neben einer Leasingsonderzahlung leistete der Kläger die vereinbarten monatlichen Leasingraten. Zum Ende des Leasings erwarb der Kläger das Fahrzeug von dritter Seite.
Nachdem ein Software-Update aufgespielt wurde, erlitt das Fahrzeug einen Motorschaden und wurde vom Kläger nicht mehr bewegt. Der Kläger verlangte von der beklagten Audi AG gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs die Erstattung der Leasingsonderzahlung, der Leasingraten und des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung.
Der BGH hat der Revision der in den Vorinstanzen jeweils teilweise unterlegenen Beklagten stattgegeben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. So sei bereits zweifelhaft, ob die Beklagte als Konzerntochter überhaupt dem Grunde nach deliktisch hafte, da der Kläger deren Kenntnis von der unzulässigen Abschalteinrichtung bislang nicht nachgewiesen habe. Auf diesen Aspekt soll vorliegend jedoch nicht näher eingegangen werden.
Denn selbst wenn man grundsätzlich von einer Haftung der Beklagten ausginge, verneint der BGH einen Schadensersatzanspruch. Der Kläger müsse sich für die Zeit, in der er das Fahrzeug genutzt habe, einen Nutzungsvorteil anrechnen lassen und dieser Nutzungsvorteil entspreche der Höhe nach den geleisteten Leasingraten. Der BGH bemisst den Nutzungsvorteil anhand des marktüblichen Preises und zieht hierfür die vereinbarten Leasingraten heran. Von den Leasingraten sei trotz der Verwicklung des Fahrzeugs in den Abgasskandal kein Abschlag zu machen, denn der Kläger habe das Fahrzeug während des Leasings ohne wesentliche Einschränkung nutzen können. Somit war insbesondere der in den Leasingraten enthaltene Gewinnanteil der zum Konzernverbund der Beklagten gehörenden Leasinggeberin nicht in Abzug zu bringen.
Zu diesem Ergebnis kommt der BGH aufgrund dessen, dass bei Abschluss des Leasingvertrages noch kein späterer Erwerb des Fahrzeugs durch den Kläger vereinbart worden war. Aufgrund des Leasings liege eine vom Kauf grundverschiedene Investitionsentscheidung vor. Dies rechtfertige es, den Nutzungsvorteil anders als beim Kauf zu bestimmen.
Beim Kauf wird der Nutzungsvorteil nach höchstrichterlicher Rechtsprechung dagegen auf die Weise berechnet, dass die bisherige Laufleistung zur geschätzten Gesamtlaufleistung ins Verhältnis gesetzt wird (Fahrzeugpreis mal Fahrstrecke geteilt durch Laufleistungserwartung).
Beim Leasing dagegen entspreche der objektive Leasingwert nach dem BGH genau den vereinbarten Leasingraten, sodass dies der Situation eines Käufers entspreche, der die Laufleistungserwartung seines Fahrzeugs voll ausgeschöpft habe. In beiden Fällen besteht nach dem BGH kein Anspruch auf Schadensersatz.
Der BGH hat in seiner Entscheidung schließlich ausdrücklich offengelassen, ob der anzurechnende Nutzungsvorteil geringer ausgefallen wäre, wenn der Leasingvertrag von Anfang an eine Übernahme des Fahrzeugs durch den Leasingnehmer vorgesehen hätte und damit die Anwendung der kaufrechtlichen Grundsätze zur Berechnung des Nutzungsvorteils gerechtfertigt wäre.
Um einem ansonsten drohenden Schadensersatz zu entgehen, sollten Leasinggeber daher ein besonderes Augenmerk auf die Vertragsgestaltung legen und Gestaltungsoptionen mit den jeweiligen Rechtsfolgen sorgfältig abwägen.
von Dr. Peter Hofbauer und Gerald Baumgartner