20. Januar 2022
Digitale Plattformarbeit ist längst nicht mehr wegzudenken aus unserem Alltag. Sei es die Lieferung von Essen oder Lebensmitteln, die Buchung von Urlaubsunterkünften oder auch Handwerksleistungen – so gut wie jeder dürfte schon einmal Dienstleistungen via digitaler Plattform in Anspruch genommen haben. Dass es sich um einen wachsenden Markt handelt, bestätigen auch die Zahlen. Gegenwärtig gibt es laut Schätzungen ca. 28 Millionen Menschen die über digitale Arbeitsplattformen tätig sind. Im Jahr 2025 wird bereits mit 43 Millionen Beschäftigten gerechnet. Ein nicht unerheblicher Teil wird dabei fälschlicherweise als selbstständig beschäftigt eingestuft. Um diese wachsende Berufsgruppe besser zu schützen, hat die Europäische Kommission im Dezember 2021 daher einen entsprechenden Richtlinienvorschlag veröffentlicht.
Die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Richtlinie soll künftig sicherstellen, dass diejenigen, die über digitale Arbeitsplattformen arbeiten, den Beschäftigtenstatus erhalten, der ihrer tatsächlichen Arbeitsleistung entspricht. Werden sie als Arbeitnehmer eingestuft, können sie die ihnen zustehenden Arbeitnehmerrechte sowie Sozialleistungen in Anspruch nehmen und haben ein Recht auf bezahlten Urlaub, geregelte Arbeitszeiten oder auch Mindestlohn.
Gemäß der Definition des Artikel 2 Abs. 1 liegt digitale Plattformarbeit vor, wenn (i) eine natürliche oder juristische Person kommerzielle Dienstleistungen anbietet und (ii) die folgenden Anforderungen erfüllt:
Durch diese bewusst sehr offen gewählte Formulierung sollen künftig eine Vielzahl von Plattformunternehmen in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen.
Die erforderlichen Feststellungen zu einem möglichen Arbeitgeberstatus der Plattform sollen gemäß dem Entwurf der Kommission mittels des folgenden Kriterienkatalogs getroffen werden (Artikel 4 Abs. 2):
Werden zwei der fünf Kriterien erfüllt, wird rechtswirksam vermutet, dass ein Arbeitsverhältnis vorliegt. Der Plattform steht sodann aber noch die Möglichkeit offen, die Einstufung als Arbeitgeber zu widerlegen, wobei nachgewiesen werden muss, dass kein Arbeitsverhältnis vorliegt.
Schenkt man den Ausführungen der Kommission Glauben, sollen die vorgeschlagenen Kriterien den Plattformen künftig größere Rechtssicherheit, geringere Prozesskosten sowie eine erleichterte Geschäftsplanung bringen. Bisher macht es jedoch vielmehr den Eindruck, dass man den betroffenen Plattformen künftig eine hohe Beweislast auferlegt, um einen möglichen Arbeitgeberstatus wieder widerlegen zu können. Zudem dürfte interessant werden, inwiefern der Richtlinienvorschlag Auswirkungen auf die bisherigen Abgrenzungskriterien von abhängiger und selbstständiger Beschäftigung hat.
Auch wenn die Veröffentlichung der Richtlinie bisher „nur“ einen Vorschlag darstellt und Europäisches Parlament und Rat diesen zunächst noch beraten und annehmen müssen bevor eine Umsetzung in das nationale Recht zu erfolgen hätte, sollten Unternehmen, die unter den Begriff der digitalen Plattformarbeit fallen, bereits jetzt die Entwicklungen auf europäischer Ebene im Blick behalten.