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Dr. Kilian Friemel

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31. März 2021

Welche Vorbeschäftigung ist für eine Befristung schädlich?

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Früher war das einfach: Bei jeglicher Vorbeschäftigung war eine Befristung ohne Sachgrund ausgeschlossen. Selbst wenn man vor 30 Jahren einmal als Schüler die Regale im Supermarkt aufgefüllt hatte, konnte man mit diesem Unternehmen ohne sachlichen Grund keinen wirksam befristeten Vertrag mehr für eine Position im Management eingehen. Inzwischen wird § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG verfassungskonform ausgelegt. Danach ist die Vorschrift nicht anzuwenden auf Fälle, in denen das Verbot für die Parteien unzumutbar wäre. Die Unzumutbarkeit kann dann gegeben sein, wenn die Vorbeschäftigung ganz anders geartet war.

Das BAG hatte jetzt über einen Fall zu entscheiden (Az. 7 AZR 552/19) bei dem der Kläger vom 14.04.2008 bis zum 13.04.2010 im Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement als Sachbearbeiter tätig war. Nach einer Unterbrechung von gut fünf Jahren wurde der Kläger aufgrund eines Arbeitsvertrags vom 22.05.2015 befristet für die Zeit vom 01.06.2015 bis zum 31.05.2017 als Referent eingestellt. Nach der für die Stelle erstellten Tätigkeitsbeschreibung war der Kläger als Stelleninhaber verantwortlich für die Aufsicht über Einrichtungen, Betrieb und fristgemäße Überprüfung überwachungsbedürftiger Anlagen zum Lagern und Abfüllen von entzündlichen sowie leicht- und hochentzündlichen Flüssigkeiten. Weiter war der Kläger als Stelleninhaber zuständig für den Vollzug der Arbeitsschutzgesetzgebung in den Unternehmen ausgewählter Wirtschaftsbranchen. Der Kläger meinte, die Befristung sei wegen seiner Vorbeschäftigung in den Jahren 2008 bis 2010 nicht nach § 14 Abs. 2 TzBfG zulässig. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht hatten der Entfristungsklage des Klägers bereits stattgegeben. Auch die Revision des Beklagten zum BAG hatte keinen Erfolg.

Das BAG hat entschieden, dass die Befristung des Arbeitsvertrages unwirksam war. Die Vorbeschäftigung des Klägers als Sachbearbeiter beim Sächsischen Immobilien- und Baumanagement vom 14.04.2008 bis zum 13.04.2010 war nicht ganz anders geartet als die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Referent bei der Landesdirektion. Für die Annahme einer "ganz anders gearteten Tätigkeit" im vorliegenden Zusammenhang sei regelmäßig erforderlich, dass die in dem neuen Arbeitsverhältnis geschuldete Tätigkeit Kenntnisse oder Fähigkeiten erfordert, die sich wesentlich von denjenigen unterscheiden, die für die Vorbeschäftigung erforderlich waren. Entscheidend war, dass der Kläger bereits im Jahr 1988 sein Ingenieursstudium abgeschlossen hatte und die erneute Einstellung im Jahr 2015 auch im Rahmen der von seinem Ingenieursstudium geprägten Erwerbsbiographie erfolgte.

Im Ergebnis bleibt es bei dem Grundsatz, dass eine sachgrundlose Befristung nur zulässig ist, wenn der Mitarbeiter noch nie zuvor in irgendeiner Form für den Arbeitgeber gearbeitet hat. Nur ausnahmsweise, wenn die frühere Tätigkeit „sehr lang“ zurückliegend, „ganz anders“ geartet und/oder „von sehr kurzer“ Dauer ist, kann die erneute Einstellung auch ohne Sachgrund befristet erfolgen. Als Beispiel gilt gerne die junge Krankenschwester, die nach vielen Jahren und nach einer langen Qualifikation als Ärztin bei demselben Arbeitgeber angestellt wird. Nur in solch einem Fall soll erneut eine sachgrundlose Befristung zulässig sein.


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