Ein Mitarbeiter meldet sich unmittelbar nach der (Eigen-)Kündigung krank und das vielleicht auch noch genau bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis enden wird? Der Arbeitnehmer, der abgemahnt wurde, zeigt nur wenige Tage später an arbeitsunfähig zu sein und legt eine rückdatierte Bescheinigung vor? Bei solchen Fällen, die sicherlich schon jeder HR Manager auf dem Tisch hatte, liegt die Vermutung nahe, dass es sich um ein sog. „Gefälligkeitsattest“ des Arztes handelt. Arbeitgeber sollten dies nicht anstandslos hinnehmen und bei Zweifeln hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeit – insbesondere auch mit Blick auf den Arzt – aktiv werden, um diesem „Trend“ entgegenzuwirken.
Ohne Arbeitnehmer unter einen Generalverdacht stellen zu wollen, mutet es doch sehr zufällig an, wenn der Mitarbeiter sich z. B. unmittelbar nach einer Eigenkündigung krankmeldet und „bestenfalls“ gleich ein Attest für einen längeren Zeitraum (bis zum Beendigungsdatum) vorlegt. Eine Arbeitsunfähigkeit soll grundsätzlich nur für zwei Wochen bescheinigt werden und auch eine Rückdatierung ist nur ausnahmsweise zulässig (§ 5 Abs. 4 bzw. 3 der
Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie). Nach der zeitlichen Abfolge der Geschehnisse drängt sich dann der Verdacht auf, dass der kerngesunde Mitarbeiter nur deswegen krankgeschrieben wurde, um die Zeit zwischen Kündigung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu „überbrücken“ und nicht mehr in den Betrieb zurückkehren zu müssen.
Reaktionsmöglichkeiten gegenüber dem Arbeitnehmer
Bei Anhaltspunkten, die an einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit zweifeln lassen, sollten Arbeitgeber reagieren und den Medizinischen Dienst der Krankenkasse einschalten. Besteht ein begründeter Verdacht für eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit kann auch in Betracht gezogen werden, die Entgeltfortzahlung einzustellen. Zu weiteren möglichen Schritten im Verhältnis zum Arbeitnehmer haben wir bereits in einem
früheren Newsletter berichtet.
Reaktionsmöglichkeiten gegenüber dem Arzt
Abgesehen von Maßnahmen, die eher die Sphäre zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber betreffen, kann aber auch der die Arbeitsunfähigkeit bescheinigende Arzt zur Verantwortung gezogen werden. Zunächst kann der Arbeitgeber
Beschwerde bei der zuständigen
Landesärztekammer wegen Verstoßes gegen die Berufspflichten, u. a. in Form der Missachtung der Vorgaben der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie, einlegen. Dies ist in der Regel unkompliziert möglich, die Ärztekammern stellen online auch Formulare für die Beschwerde zur Verfügung.
Wer noch einen Schritt weitergehen möchte, kann auch
Strafanzeige gegen den Arzt erstatten. Stellt ein Arzt wider besseren Wissens ein Attest über einen kerngesunden Patienten aus und reicht der Mitarbeiter dieses ein, um sich eine Entgeltfortzahlung zu erschleichen, kommt eine Strafbarkeit wegen
Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse (
§ 268 StGB) und
Beihilfe zum (versuchten) Betrug (§§
263,
27 StGB) in Betracht. Im Übrigen macht sich der Arzt gegenüber dem Arbeitgeber potenziell auch schadensersatzpflichtig (
§ 823 BGB).
Fazit
Arbeitgeber sollten nicht davor zurückschrecken bei Anhaltspunkten für ein Gefälligkeitsattest und eine nur vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit Beschwerde bei der Ärztekammer einzulegen. Auch eine Strafanzeige gegen den Arzt ist möglich. Der Aufwand auf Seiten des Arbeitgebers dürfte gering sein; beim Aufsetzen eines entsprechenden Musterschreibens für Beschwerde und Anzeige kann dies im Einzelfall innerhalb kürzester Zeit erledigt werden. Idealerweise spricht es sich bei den Ärzten dann langsam herum, dass man mit einem Gefälligkeitsattest nicht ungeschoren davonkommt.