Autor

Dr. Julia Freifrau von Imhoff

Senior Associate

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17. Februar 2021

Technology Newsletter Februar 2021 – 3 von 3 Insights

Verbindliche Frauenquote in Vorständen – Women in Tech?

  • Briefing

Was ändert sich für Unternehmen?

Hintergrund

Der Frauenanteil in der Geschäftsführung deutscher Unternehmen ist nach wie vor relativ gering. Der Ansatz „Zielgröße Null“ ist bei großen Unternehmen branchenübergreifend immer noch (gewollt oder ungewollt) Realität – auch die „moderne“ Tech-Branche bildet hiervon keine Ausnahme – im Gegenteil.

Laut einer Studie der von Frauen in Führungspositionen ins Leben gerufenen Initiative „Frauen in die Aufsichtsräte“ vom April 2020 waren bei 115 von insgesamt 188 untersuchten Unternehmen (160 im DAX, MDAX und SDAX und 28 weiteren paritätisch mitbestimmten, im regulierten Markt notierten Unternehmen) keine Frauen in den Vorständen vertreten. Der Frauenanteil in den Vorständen dieser 188 Unternehmen liegt (im Zeitpunkt der Studie) bei 10,7 %. Damit hat sich der Anteil der Frauen – im Zweifel nicht zuletzt aufgrund des Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (Erstes Führungspositionen-Gesetz – FüPoG I) in den letzten fünf Jahren verdoppelt. Trotzdem sieht der Gesetzgeber weiteren Handlungsbedarf.

Im Januar 2021 hat das Bundeskabinett einen Gesetzesentwurf für mehr Frauen in Führungspositionen beschlossen. Der Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (Zweites Führungspositionen-Gesetz; FüPoG II) soll das im Jahr 2015 in Kraft getretene FüPoG I weiterentwickeln und verbessern und im Ergebnis mehr Führungspositionen mit Frauen zu besetzen.

 

Was ist neu?

Der Gesetzentwurf zum FüPoG II sieht als zentrale Neuerung einen Mindestanteil von Frauen in Vorständen mit mehr als drei Mitgliedern in deutschen börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen vor; der Vorstand soll künftig in diesem Fall mit mindestens einer Frau und einem Mann besetzt werden. Hierfür soll in § 76 AktG ein neuer Absatz 3a eingefügt werden (vgl. Artikel 7, Änderung des Aktiengesetzes, S. 28 des Gesetzesentwurfes). Im Aufsichtsrat gilt für diese Unternehmen auch heute schon eine Mindestquote von jeweils 30 % von Frauen und Männern, § 96 Abs. 2 AktG.

Der Aufsichtsrat von börsennotierten oder der Mitbestimmung unterliegenden Unternehmen muss auch nach dem FüPoG II wie bisher Zielgrößen für den zu erreichenden Frauenanteil in Vorstand und Aufsichtsrat festlegen, wobei hier nach wie vor auch die „Zielgröße Null“ angegeben werden darf. Liegt der Frauenanteil bei Festlegung der Zielgröße unter 30 %, dürfen die Zielgrößen den jeweils erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten. Auch der Vorstand dieser Gesellschaften ist schon heute verpflichtet, Zielgrößen für den Frauenanteil in den beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands festzulegen. Neu ist nach dem FüPoG II, dass Vorstand und Aufsichtsrat von börsennotierten oder der Mitbestimmung unterliegenden Unternehmen die Festlegung der „Zielgröße Null“ künftig ausführlich begründen müssen. Für die neu hinzutretende Begründungspflicht der Festlegung auf die „Zielgröße Null“ bei Vorstand und Aufsichtsrat soll § 111 Abs. 5 AktG neu gefasst werden (vgl. Artikel 7, Änderung des Aktiengesetzes, S. 29 des Gesetzesentwurfes). Dies soll sicherstellen, dass die Gremien jeweils gewissenhaft prüfen, ob perspektivisch eine Frau in das Gremium berufen werden kann.
Derzeit ist es nach dem FüPoG I diesen Unternehmen noch freigestellt, als Ziel für den Anteil an Frauen in Führungspositionen auch eine „Zielgröße Null“ anzugeben, also keine Selbstverpflichtung auf eine festgelegte Zielgröße einzugehen und bei der Besetzung von Vorstands- und Aufsichtsratspositionen ihre Flexibilität zu erhalten. Sofern das Unternehmen eine einmal festgelegte Zielgröße nicht erreicht, ist dies zum derzeitigen Zeitpunkt nur in der Erklärung zur Unternehmensführung zu begründen.

Die Festlegung auf die „Zielgröße Null“ im Vorstand soll nun jedoch durch die eingangs erwähnte fixe Geschlechterquote – mindestens eine Frau und ein Mann bei einem vierköpfigen Vorstand – bei börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen nicht mehr möglich sein. Dadurch wird erstmals eine ausdrückliche Regelung für Vorstände solcher Unternehmen getroffen. Wird ein Vorstandsmitglied unter Verstoß gegen diese Vorschrift bestellt, so soll die Bestellung dieses Mitglieds künftig nichtig sein; der entsprechende Vorstandsposten würde damit als unbesetzt gelten.
Um das langfristige Ziel des Bundes, bis 2025 die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Führungspositionen im Geltungsbereich des Bundesgleichstellungsgesetzes zu erreichen, werden zudem durch das FüPoG II Verstöße mit Bußgeldern geahndet. Während das FüPoG I noch keine Konsequenzen bei Nichteinhalten der Zielvorgaben vorsah, muss ein Unternehmen in diesem Fall nun mit einem empfindlichen Bußgeld rechnen. Gleiches soll gelten, wenn es die „Zielgröße Null“ ohne entsprechende Begründung angibt, so die Entwurfsbegründung.

 

Für welche Unternehmen gilt die Neuregelung?

Die Regelungen nach dem FüPoG II hinsichtlich der fixen Geschlechterquote (mindestens ein Vorstandsmitglied, 30 % der Mitglieder des Aufsichtsrats) gelten bei einer AG oder SE, die börsennotiert und zugleich paritätisch mitbestimmt ist. Das sind Unternehmen mit in der Regel mehr als 2.000 Beschäftigten. 

Davon sind in Deutschland nach Angaben des Bundesjustizministeriums und des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aktuell über 70 Unternehmen betroffen, von welchen 31 aktuell keine Frau im Vorstand haben.

Die Regelungen im Hinblick auf die Festlegung von Zielgrößen für den Aufsichtsrat, den Vorstand und die beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands gelten (wie heute schon) bei einer AG, SE oder GmbH, die börsennotiert oder mitbestimmt ist. 

Für die Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes wurde eine weibliche Aufsichtsratsquote von mindestens 30 % und eine Mindestbeteiligung in Vorständen vereinbart. Bei den Körperschaften des öffentlichen Rechts, wie den Krankenkassen und bei den Renten- und Unfallversicherungsträgern sowie bei der Bundesagentur für Arbeit, soll ebenfalls eine Mindestbeteiligung eingeführt werden. Zudem soll bei sonstigen Führungspositionen bei Unternehmen, an denen der Bund mehrheitlich beteiligt ist, eine flexible Quote mit Zielgrößen durch die Unternehmen festgelegt werden, wobei auch hier eine Zielgröße Null gesondert zu begründen sein soll. Eine solche Begründung ist nach den bisherigen Regelungen nicht erforderlich. Unternehmen steht es bislang frei, die Zielgröße Null anzugeben. Entsprechend gibt es auch bei Nichteinhaltung der gesetzten Zielgröße keine Sanktionen (aber ggf. eine Begründungspflicht) – dies soll sich mit der neuen Regelung nun ändern.

Ab wann gelten die neuen Regelungen?

Das Bundeskabinett hat den Regierungsentwurf zum FüPoG II am 6. Januar 2021 beschlossen. Am 25. Februar 2021 hat der Bundestag in 1. Lesung über das FüPoG II beraten; das FüPoG II muss somit noch durch den Bundesrat und in 2./3. Lesung durch den Bundestag, bevor es zu einer offiziellen Verkündung kommen kann (Stand 26. Februar 2021). Gemäß Art. 27 des Gesetzesentwurfs tritt das Gesetz am Tag nach der Verkündung in Kraft. Es dürfte wohl zu erwarten sein, dass noch dieses Jahr (im Zweifel in dieser Legislaturperiode) ein entsprechendes Gesetz verabschiedet wird. 

Was bedeuten die Regelungen für Unternehmen?

Grundsätzlich

Die betroffenen 70 Unternehmen, von denen aktuell (Stand 6. Januar 2021) 31 einen rein männlichen Vorstand haben (vgl. die Mitteilung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend), müssen nach Inkrafttreten des FüPoG II eine Zielvorgabe für die Vorstandsbesetzung samt Frist angeben, veröffentlichen und in dem Zeitraum entsprechend umsetzen.

Damit soll langfristig der Frauenanteil bei Führungspositionen steigen, der im Jahr 2019 bei Vorständen im DAX 30 bei 14,7 %, beim MDAX bei 9,1 % und beim SDAX bei 5,4 % lag.

Allgemein ist bei der bisherigen Frauenquote zu beobachten, dass, trotz des Aufwärtstrends, eine gesetzliche Quote bislang überwiegend nicht zu einem eklatanten Umdenken geführt hat. Ob sich das nun mit der festen Quote ändert, bleibt abzuwarten. 

Die jährliche Studie der Kommunikationsagentur Edelman aus den Jahren 2019 sowie 2020 (Edelman Trust Barometer) belegt, dass institutionelle Anleger die Berücksichtigung von sogenannten ESG-Faktoren (E – Environment/Umwelt; S – soziale Fragen, und G – Governance/Unternehmensführung) bei unternehmerischem Handeln heute ausdrücklich fordern, weil Unternehmen mit einer positiven ESG-Performance eine Prämie bei der Bewertung verdienten. Die Erhebung zeigt zudem einen direkten Zusammenhang zwischen der Einhaltung der ESG-Kriterien für ökologische und soziale Aspekte sowie einer guten Unternehmensführung und der Widerstandsfähigkeit gegen Krisen. Die Beachtung von ESG-Faktoren hat daher aus Sicht institutioneller Anleger wertschaffenden Charakter, von dem sowohl institutionelle Anleger als auch die Unternehmen selbst und sämtliche Stakeholder profitieren. Die Forderung nach der Ausrichtung unternehmerischen Handelns an ESG-Faktoren deckt sich insoweit mit dem allgemeinen Trend zu nachhaltigem Handeln durch Unternehmen, was sich auch wieder in der Edelman Studie aus dem Jahr 2020 zeigt. Diese belegt, dass die Erwartungen der institutionellen Anleger an Unternehmen, ESG-Faktoren in ihrer Unternehmenskultur zu leben, immer weiter steigen. Das „S“ (Soziale Fragen) stellt insbesondere hinsichtlich der Diversität in den Führungspositionen von Unternehmen einen wertschaffenden Faktor dar; laut den Edelman-Studien 2019 und 2020 ist gerade die Förderung von Frauen in den Führungsstrukturen von Unternehmen von wesentlicher Bedeutung.

Dies legt nahe, dass gerade börsennotierte Unternehmen auch vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung von ESG-Faktoren für institutionelle Investoren und deren Investitionsentscheidungen in Bezug auf Frauen in Führungspositionen zukünftig dauerhaft werden umdenken müssen.

Women in Tech?

In der IT-Branche beträgt der Frauenanteil laut einer Studie aus dem März 2020 vom Verband der Internetwirtschaft e.V. insgesamt nur 16 % – Frauen sind also in der Unterzahl. Bei Gründerteams sind Frauen mit 15,7 % beteiligt. 

Der Frauenanteil in der deutschen IT-Branche ist jedoch nicht nur absolut, sondern auch im internationalen Vergleich niedrig. Im Vergleich: im Silicon Valley beträgt die Frauenquote bei Start-Ups 37 %, was dort laut in einer Studie befragten Frauen noch als „zu gering“ eingestuft wird.

Diese Zahlen deuten darauf hin, dass die angestrebte Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen nach dem FüPoG II auch nicht an der modernen Tech-Branche vorbeigehen kann.

Aber nicht nur wegen der von der derzeitigen Bundesregierung angestrebten „gleichberechtigten Teilhabe“ von Frauen an Führungspositionen, sondern auch aus rein wirtschaftlichen Erwägungen heraus, wäre ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Männern und Frauen in Unternehmen empfehlenswert: So teilte etwa McKinsey schon 2018 in einem Diversity Report mit, dass Unternehmen in den Vereinigten Staaten und in Großbritannien mit mehr weiblichen Vorstandsmitgliedern höhere Umsätzen erzielen. Nicht zuletzt fördern laut McKinsey sowie dem Bundesministerium für Bildung und Forschung gemischte Teams nachweislich die Innovationskraft und führen zu qualitativ hochwertigen Leistungen. Dies bestätigen letztlich auch die oben zitierten Ergebnisse der Edelman-Studien.

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