26. Mai 2020
Im Zusammenhang mit der Anti-Geldwäsche-Initiative der Europäischen Union haben wir Sie im Frühjahr 2018 über die von der Tschechischen Republik erlassenen Massnahmen informiert, insbesondere über die Eintragungspflicht der wirtschaftlichen Eigentümer in die Evidenz der wirtschaftlichen Eigentümer nach der sog. IV. AML-Richtlinie (EU) 2015/849 (IV. AML-RL).
In der Zwischenzeit wurde die V. AML-Richtlinie (EU) 2018/843 (Richtlinie) erlassen, wobei die Mitgliedstaaten verpflichtet waren, diese bis 10. Jänner 2020 in innerstaatliches Recht umzusetzen. Die Tschechische Republik beabsichtigt die Umsetzung in einem eigenständigen Gesetz über die Evidenz wirtschaftlicher Eigentümer (Gesetz bzw. vorläufig Gesetzesentwurf), das Anfang 2021 in Kraft treten soll. Da der Gesetzgebungsprozess in Tschechien noch läuft, ist noch mit einer Reihe von sachlichen Änderungen im Gesetzesentwurf zu rechnen, die jedoch den Vorgaben der Richtlinie entsprechen müssen.
Im Folgenden fassen wir die wesentlichen Änderungen, die sich aus der Richtlinie und dem Gesetzesentwurf ergeben, überblicksmässig zusammen.
Grundlegend ist Art. 30 der Richtlinie, der Gesellschaften und andere juristische Personen verpflichtet, „angemessene, präzise und aktuelle Informationen über ihren wirtschaftlichen Eigentümer einzuholen und aufzubewahren“, wobei sicherzustellen ist, dass bei einer Pflichtverletzung „wirksame, verhältnismässige und abschreckenden Massnahmen oder Sanktionen verhängt werden. (…) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Informationen in jedem Mitgliedstaat in einem zentralen Register, z.B. in einem (…) Handelsregister oder in einem öffentlichen Register aufbewahrt werden.“ Daraus ergeben sich für die Umsetzung der Richtlinie eine Reihe von Anforderungen.
Die wesentlichen Änderungen, die die Richtlinie und darauf aufbauend der Gesetzesentwurf vorsehen sind:
Wirtschaftlicher Eigentümer nach dem Gesetzesentwurf ist jeweils eine natürliche Person, die aus dem Gesamtnutzen, der bei der Tätigkeit oder Liquidation einer juristischen Person entsteht, einen wesentlichen Nutzen/Vorteil hat und diesen Nutzen/Vorteil nicht weiterreicht (finaler Begünstigter bzw. finaler Nutzen; wörtlich Endempfänger; auf Tschechisch: koncový příjemce) oder die ohne Anweisungen eines anderen aufgrund ihres eigenen inneren Entschlusses direkt oder indirekt entscheidenden Einfluss auf eine juristische Person ausübt (finaler Einflussnehmer bzw. finaler Einfluss; wörtlich Endeinfluss; auf Tschechisch: koncový vliv).
Die Richtlinie definiert den Begriff des wirtschaftlichen Eigentümers dagegen als natürliche Person, die im Endeffekt eine juristische Person im Eigentum hat und kontrolliert, d.h. als den, der einen entsprechenden Anteil am Stammkapital oder an den Stimmrechten hat oder die Kontrolle über die Geschäftsführung der Gesellschaft mit anderen Mitteln ausübt.
Der Gesetzesentwurf behandelt die Begriffe „finaler Einfluss“ und „finaler Begünstigter“ als zwei eigenständige Tatbestände, während die Richtlinie Eigentum und Kontrolle frei austauschbar verwendet und beide Aspekte lediglich als Begriffsmerkmale des wirtschaftlichen Eigentums versteht. Wenn es somit nach dem tschechischen Konzept (und sofern dieses nicht noch geändert wird) zu einer Aufspaltung des wirtschaftlichen Eigentümers in einen kontrollierenden und einen profitierenden Eigentümer kommt, wären nach dem Justizministerium beide Personen als wirtschaftliche Eigentümer in die Evidenz einzutragen.
Der Gesetzesentwurf arbeitet weiter – wie auch schon bisher – mit Vermutungen und Indizien:
Während also bei einem Anteil von mehr als 40% wirtschaftliches Eigentum (bis zum Beweis des Gegenteils) vermutet wird, sind bei einem Anteil von unter 40% noch weitere Umstände/Indizien zu berücksichtigen, wie etwa die Anteile der übrigen Gesellschafter (z.B. begründet ein Anteil von 28% kein wirtschaftliches Eigentum, wenn ein anderer Gesellschafter über mehr als 50% verfügt). Hier gehen wir davon aus, dass der Gesetzgeber noch für eine Klarstellung sorgt.
Der Gesetzesentwurf führt weiter Regeln zur Feststellung des wirtschaftlichen Eigentümers bei komplexen Eigentumsstrukturen mittels neuer Begriffe wie dem der Verkettung und dem der Verzweigung ein: Eine Verkettung ist die Erlangung des finalen Nutzens bzw. die Ausübung des finalen Einflusses über eine Reihe nacheinander geschalteter Gesellschaften oder Beziehungen (der wirtschaftliche Eigentümer W beherrscht die Gesellschaft A, A beherrscht die Gesellschaft B und B beherrscht die Gesellschaft C). Eine Verzweigung ist dagegen die Erlangung des finalen Nutzens bzw. die Ausübung des finalen Einflusses mittels mehrerer nebeneinander bestehender Verkettungen (W beherrscht die Gesellschaft A und B. A beherrscht C und B beherrscht D. C und D beherrschen wiederum gemeinsam E). Für die mitunter komplizierte Berechnung der massgeblichen Anteile gibt der Gesetzesentwurf die Parameter vor.
Wie auch bislang gilt weiterhin, dass dann, wenn der wirtschaftliche Eigentümer trotz jeden erdenklichen Bemühens nicht festgestellt werden kann bzw. eine juristische Person finaler Begünstigter oder Einflussnehmer ist, die keinen wirtschaftlichen Eigentümer hat (der Staat, eine durch Gesetz errichtete juristische Person, wie etwa eine Kammer, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, etc), als wirtschaftlicher Eigentümer die Personen des obersten Managements (in der Regel Vorstand oder Geschäftsführer) einzutragen sind. Auch in diesem Fall muss aber die Gesellschaft die Schritte belegen und begründen, die zur Feststellung des wirtschaftlichen Eigentümers geführt haben.
Der Gesetzesentwurf führt in den festgelegten Fällen auch die automatische Übertragung des wirtschaftlichen Eigentümers aus dem Handelsregister (§ 38) ein. Wenn daher eine natürliche Person Gesellschafter einer GmbH mit einem Anteil von mehr als 25% oder wirtschaftlicher Eigentümer einer Gesellschaft ist, die wiederum Gesellschafter der GmbH mit einem Anteil von mehr als 25% ist, aber auch wenn eine natürliche Person Alleinaktionär einer Aktiengesellschaft oder wirtschaftlicher Eigentümer des Alleinaktionärs einer Aktiengesellschaft ist, muss die Eintragung in die Evidenz wirtschaftlicher Eigentümer nicht durchgeführt werden, da dieser automatisch übertragen wird. Auch wenn es im Handelsregister zu einer Änderung kommt, die Einfluss auf die Position des wirtschaftlichen Eigentümers hat, ist diese Änderung auch in der Evidenz wirtschaftlicher Eigentümer ersichtlich. Wenn allerdings die übertragenen Angaben nicht der Realität über den wirtschaftlichen Eigentümer entsprechen (wenn es sich z.B. um einen wirtschaftlichen Eigentümer handelt, dessen Stellung nicht im Handelsregister erfasst ist), muss die Gesellschaft als verpflichtete Person die Eintragung des wirtschaftlichen Eigentümers in die Evidenz verpflichtend sicherstellen.
Eine wesentliche Änderung besteht in der Einführung des öffentlichen Zugangs zu Informationen über den wirtschaftlichen Eigentümer von Gesellschaften. Richtlinie und Gesetzesentwurf rechnen mit der Zugänglichmachung von Informationen über den wirtschaftlichen Eigentümer, ggf. mit einer Bestätigung darüber, dass eine Gesellschaft keinen wirtschaftlichen Eigentümer hat oder den wirtschaftlichen Eigentümer noch nicht in die Evidenz eingetragen hat, wie auch der Veröffentlichung von Charakter und Umfang der Beteiligung des wirtschaftlichen Eigentümers.
Nach dem Gesetzesentwurf kann „jedermann“ einen Teilauszug der Angaben über den wirtschaftlichen Eigentümer einer juristischen Person und über die seine Stellung begründenden Tatsachen, einschliesslich einer Beschreibung der Struktur der Beziehungen erhalten.
Neu ist verpflichtend auch die Struktur der Beziehungen einzutragen, über die finaler Einfluss ausgeübt oder jemandem finaler Nutzen zufliesst. Im Unterscheid zur bisherigen Praxis, wonach es in der Regel zur erfolgreichen Eintragung des wirtschaftlichen Eigentümers genügt hatte, die die Stellung des wirtschaftlichen Eigentümers begründenden Tatsachen zu behaupten, wird es mit Wirksamkeit des Gesetzes erforderlich, die das wirtschaftliche Eigentum begründenden Tatsachen zu belegen, einschliesslich einer Beschreibung der Struktur der Beziehungen, etwa durch Vorlage von Vereinbarungen über die Ausübung der Stimmrechte, der Aktionärsverzeichnisse, etc.
Da nach der Richtlinie und dem Gesetzesentwurf finaler Einfluss auch mit anderen Mitteln ausgeübt werden kann, und zwar mit jedweden rechtlichen und auch faktischen Handlungen und Geschäften, ist auch eine Einflussnahme aufgrund persönlicher Beziehungen, z.B. über ein Schuldverhältnis denkbar.
Ein solches Diskrepanzverfahren kann auf Anregung eines Organs der öffentlichen Gewalt, von nach dem AML-Gesetz verpflichteten Person (z.B. Banken, Finanzinstitution, Auditoren, Steuerberatern, Notaren, Anwälten) oder auch amtswegig eingeleitet werden, wenn vom Gericht eine Diskrepanz zwischen Eintragungsstand und Wirklichkeit festgestellt wird. Das Gericht erlässt in diesem Fall eine Aufforderung zur Behebung der Diskrepanz oder leitet nach vergeblichem Verstreichen der Frist zur Behebung der Diskrepanz das Verfahren ein. Eine Berichtung der Diskrepanz durch Eintragung des tatsächlichen wirtschaftlichen Eigentümers kann jederzeit auch während eines laufenden Verfahrens erfolgen. Wenn keine Berichtigung erfolgt, beschliesst das Gericht über die Diskrepanz. Eine Verwaltungsstrafe kann nach rechtskräftigem Abschluss des Diskrepanzverfahrens, aber auch schon nach vergeblichem Verstreichen der Frist zur Behebung der Diskrepanz, wenn überhaupt kein Eintrag in der Evidenz erfolgt ist, verhängt werden.
Auch nach der gegenwärtigen Rechtslage sieht das tschechische Recht (theoretisch) Sanktionsmöglichkeiten gegen die unterbliebene oder unrichtige Eintragung des wirtschaftlichen Eigentümers vor.
Wenngleich es sich auch vorerst nur um einen Gesetzesentwurf handelt, ist zu erwarten, dass die unterlassene oder unrichtige Eintragung des wirtschaftlichen Eigentümers im Einklang mit der Richtlinie Sanktionen unterworfen wird. Der Gesetzesentwurf sieht folgende Sanktionen vor:
Auch hier rechnen wir noch mit einer Klarstellung des Gesetzgebers, da es die bisherigen Sanktionsmechanismen des Gesetzesentwurfes nicht verhindern können, den Gewinn an einen Gesellschafter auszuzahlen, der lediglich als Mittelsmann des wirtschaftlichen Eigentümers fungiert und den Gewinn an diesen weiterreicht.
Die schon nunmehr bestehende Pflicht zur Eintragung des wirtschaftlichen Eigentümers wird mit Inkrafttreten des Gesetzes umso dringlicher, als dieses empfindliche Strafen bei Nichteinhaltung vorsieht.
Gesellschaften, die ihrer Pflicht bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes nachgekommen sein werden, müssen ihre Angaben (einschliesslich der vorgeschriebenen Unterlagen) binnen 6 Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes an die neue Rechtslage anpassen.
Für Gesellschaften, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes noch keine Eintragung des wirtschaftlichen Eigentümers durchgeführt haben werden, gilt das Gesetz ohne Übergangszeitraum unmittelbar mit Inkrafttreten.
Alle übrigen juristischen Personen müssen die Eintragung binnen 6 bis 12 Monaten durchführen.
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